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Österreichische Historiker - Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Band 3
Seite - 89 -
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Seite - 89 - in Österreichische Historiker - Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Band 3

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Ludo Moritz Hartmann (1865–1924) 89 den Handelsminister und den Minister des Äußeren auf, um eine von 855 deutschen Hochschulprofessoren Österreichs unterzeichnete Erklärung zu überreichen : „Die Un- terzeichneten haben nach reiflicher Erwägung und eingehender Betrachtung der mit der Neuordnung nach dem Kriege zusammenhängenden Fragen die Überzeugung gewonnen, dass ein enger und dauernder wirtschaftlicher Zusammenschluss Österreich-Ungarns mit dem Deutschen Reiche durch eine möglichst weitgehende Annäherung und durch ge- meinschaftliches Auftreten nach außen geboten erscheint, und zwar derart, dass daraus eine dauernde Interessensgemeinschaft hervorgeht“111. Im Laufe des Jahres 1916 machten sich immer deutlichere Zeichen einer wachsenden Missstimmung in der städtischen Bevölkerung Österreichs bemerkbar. Die tiefe Unzu- friedenheit mit der Ernährungssituation und die allgemeine Kriegsmüdigkeit trugen dazu bei, dass sich diese Stimmungen nicht nur innerhalb der Sozialdemokratischen Partei, sondern auch in den bürgerlich-demokratischen Kreisen Wiens allmählich zur politischen Forderung nach einer Einberufung des Parlaments zu verdichten begann. Beseelt von dem Wunsch nach der Beseitigung des autoritären Regierungssystems beriefen die Wie- ner Universitätsprofessoren Edmund Bernatzik, Heinrich Lammasch, Emil von Schrutka und Hartmann für den 22. Oktober 1916 in den Großen Konzerthaussaal in Wien eine Versammlung ein, in welcher die Forderung nach Wiedereinberufung des österreichi- schen Reichsrates diskutiert und erhoben werden sollte. Obwohl die Veranstaltung von Hartmann im Namen der Einberufenden schriftlich angemeldet worden war, wurde die Versammlung am 19. Oktober von der Wiener Polizeibehörde verboten. Eine unmittel- bare Folge des Versammlungsverbots war schließlich das Attentat Friedrich Adlers auf den Ministerpräsidenten Graf Stürgkh am 21. Oktober 1916112. Hartmanns Einstellung zum Ersten Weltkrieg hob sich wesentlich von der seiner Kol- legen ab. Als engagiertem Sozialisten war für ihn der Krieg ein „Habsburgerkrieg“, für den im Wesentlichen die herrschenden Schichten in Österreich verantwortlich zu machen seien113. Hartmann war der einzige österreichische Universitätshistoriker, der die Donau- monarchie öffentlich kritisierte. Er sprach dem alten Staat jede Existenznotwendigkeit und jede Staatsidee ab ; für ihn war Österreich ein „aus kolonialer Wurzel entsprungenes, durch Raub und Heirat akkumuliertes sonderbares Konglomerat“114. Wichtigstes Ergeb- 111 Die Stellungnahme der Regierungen und wirtschaftlichen Körperschaften in Deutschland, Österreich und Ungarn zur Frage der Neuregelung der Handelsbeziehungen zwischen den verbündeten Monarchien, hg. v. Deutsch-Österreichisch-Ungarischen Wirtschaftsverband (Berlin 1916) 105 ; Ramhardter, Geschichtswis- senschaft (wie Anm. 2) 41 : Er gibt allerdings den 23. Dezember als Datum der Überreichung an. 112 Ebd. 65. 113 Vgl. Ludo Moritz Hartmann, Das Selbstbestimmungsrecht, in : Arbeiterzeitung, 20.10.1918 1–2. 114 Ludo Moritz Hartmann : Großdeutsch oder kleindeutsch ? Ein Appell von den schlecht unterrichteten Re- gierungen an die besser zu unterrichtenden Völker (Gotha 1921) 11–12.
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Österreichische Historiker Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Band 3
Titel
Österreichische Historiker
Untertitel
Lebensläufe und Karrieren 1900–1945
Band
3
Autor
Karel Hruza
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2019
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20801-3
Abmessungen
17.0 x 24.0 cm
Seiten
630
Schlagwörter
Lebensläufe, Werke und gesellschaftliches Wirken österreichischer Historikerinnen und Historiker, Geschichtsforschung
Kategorie
Biographien

Inhaltsverzeichnis

  1. Österreichische Historiker 1900–1945. Einleitung und Kommentar zum dritten Band 9
  2. Oswald Redlich (1858–1944). Historiker über oder zwischen den Parteien ? 29
  3. Ludo Moritz Hartmann (1865–1924). Geschichtsschreibung im Lichte der frühen Sozialdemokratie Österreichs 67
  4. Hermann Wopfner (1876–1963). Der „treueste Sohn Tirols“ 97
  5. Hugo Hassinger (1877–1952). Volkstumsforscher, Raumplaner, Kartograph und Historiker 123
  6. Hans Uebersberger (1877–1962). Eine Gratwanderung : (S)eine Karriere im Fokus privater und öffentlich-beruflicher Spannungen 157
  7. Adolf Helbok (1883–1968). „Ich war ein Stürmer und Dränger“ 185
  8. Camillo Praschniker (1884–1949). Wiedergewinnung aus der Zerstörung 313
  9. Balduin Saria (1893–1974). „Ein deutschsprachiger Sohn der Untersteiermark“ 379
  10. Erna Patzelt (1894–1987) und Lucie Varga (1904–1941). Leben zwischen Kontinuität und Diskontinuität 405
  11. Otto Brunner (1898–1982). „Nicht der Staat, nicht die Kultur sind uns heute Gegenstand der Geschichte sondern Volk und Reich.“ 439
  12. Richard Wolfram (1901–1995). „Wir haben einen Stern, dem wir gefolgt sind“ 479
  13. Taras (von) Borodajkewycz (1902–1984). Zwischen Katholizismus und Nationalsozialismus : Der Versuch, das Unvereinbare zu verbinden 527
  14. Abkürzungsverzeichnis 607
  15. Abbildungsnachweis 610
  16. Personenregister 611
  17. Autorinnen und Autoren 625
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