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96 Celine Wawruschka
ohne die negativen Strömungen erkannt zu haben, die diese Bewegung gegen Ende des
19. Jahrhunderts zu beherrschen begonnen hatten150.
Hartmanns politisches Engagement im Sinne dieses Deutschnationalismus, insbeson-
dere als Gesandter der Republik Deutsch-Österreich, erscheint aufgrund der geschicht-
lichen Ereignisse nach seinem Ableben aus heutiger Sicht geradezu absurd. Anlässlich
seines Rücktritts als Gesandter Deutsch-Österreichs in Berlin erschien am 23. November
1920 in der „Deutschen Allgemeinen Zeitung“ ein Portrait Hartmanns, in dem neben sei-
ner Rolle als Historiker, Volksbildner und Gesandter vor allem seine Rolle als Deutscher
gewürdigt wurde : So hätte Hartmann von seinem Vater „den Traum an die Einheit aller
deutschen Volksstämme geerbt, der seine ganze tiefe Seele erfüllt und den er mit allen
ihm zu Gebote stehendenden reichen Fähigkeiten und Kräften zu verwirklichen versucht.
Dass er nun noch vor der Erreichung seines schönen, großen Lebenszieles, das er in der
Verwirklichung des Anschlusses Deutschösterreichs an das Deutsche Reich erblickt, sei-
nen bisherigen Posten, auf dem er gerade im Interesse dieser Lebensaufgabe so überaus
viel hat schaffen können und tatsächlich auch so viel erreicht hat, verlassen muss, wird
ihm überaus schwerfallen“151. Es bleibt die Annahme, dass Hartmann der Anschluss an
Deutschland von 1938, hätte er ihn noch erlebt, weitaus schwerer gefallen wäre als jener
Abschied im Jahr 1920152.
150 RathkolB, Hartmann (wie Anm. 2) 52. Vgl. auch Fritz Fellner, Geschichtsschreibung und nationale
Identität. Probleme und Leistungen der österreichischen Geschichtswissenschaft (Wien/Köln/Weimar 2002)
196.
151 Deutsche Allgemeine Zeitung, 21.11.1920, 1f., online verfügbar unter : http://zefys.staatsbibliothek-berlin.
de/en/dfg-viewer/?set[image]=1&set[zoom]=min&set[debug]=0&set[double]=0&set[mets]=http%3A%2
F%2Fzefys.staatsbibliothek-berlin.de%2Fen%2Foai%2F%3Ftx_zefysoai_pi1%255Bidentifier%255D%3
D6d242601-b043-42cb-bf5e-65780c398b79 (letzter Zugriff am 27.02.2016).
152 So sahen sich beide Kinder Hartmanns, seine Tochter Else, verh. Paneth (1893–1978), eine der ersten Ärz-
tinnen Österreichs, und sein Sohn Heinz (1894–1970), Psychoanalytiker, gezwungen, nach der Machter-
greifung der Nationalsozialisten mit ihren Familien ins Exil zu gehen, vgl. Engelbert Broda, Friedrich Adolf
Paneth (1887–1958), in : NÖB 19 (Wien/München) 113–119, hier 115 ; Albert J. Solnit, Imagines in
psychiatry : Heinz Hartmann, 1894–1970, in : The American Journal of Psychiatry 152/9 (1995) 1358.
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Österreichische Historiker
Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Band 3
- Titel
- Österreichische Historiker
- Untertitel
- Lebensläufe und Karrieren 1900–1945
- Band
- 3
- Autor
- Karel Hruza
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20801-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 630
- Schlagwörter
- Lebensläufe, Werke und gesellschaftliches Wirken österreichischer Historikerinnen und Historiker, Geschichtsforschung
- Kategorie
- Biographien
Table of contents
- Österreichische Historiker 1900–1945. Einleitung und Kommentar zum dritten Band 9
- Oswald Redlich (1858–1944). Historiker über oder zwischen den Parteien ? 29
- Ludo Moritz Hartmann (1865–1924). Geschichtsschreibung im Lichte der frühen Sozialdemokratie Österreichs 67
- Hermann Wopfner (1876–1963). Der „treueste Sohn Tirols“ 97
- Hugo Hassinger (1877–1952). Volkstumsforscher, Raumplaner, Kartograph und Historiker 123
- Hans Uebersberger (1877–1962). Eine Gratwanderung : (S)eine Karriere im Fokus privater und öffentlich-beruflicher Spannungen 157
- Adolf Helbok (1883–1968). „Ich war ein Stürmer und Dränger“ 185
- Camillo Praschniker (1884–1949). Wiedergewinnung aus der Zerstörung 313
- Balduin Saria (1893–1974). „Ein deutschsprachiger Sohn der Untersteiermark“ 379
- Erna Patzelt (1894–1987) und Lucie Varga (1904–1941). Leben zwischen Kontinuität und Diskontinuität 405
- Otto Brunner (1898–1982). „Nicht der Staat, nicht die Kultur sind uns heute Gegenstand der Geschichte sondern Volk und Reich.“ 439
- Richard Wolfram (1901–1995). „Wir haben einen Stern, dem wir gefolgt sind“ 479
- Taras (von) Borodajkewycz (1902–1984). Zwischen Katholizismus und Nationalsozialismus : Der Versuch, das Unvereinbare zu verbinden 527
- Abkürzungsverzeichnis 607
- Abbildungsnachweis 610
- Personenregister 611
- Autorinnen und Autoren 625