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Österreichische Historiker - Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Band 3
Seite - 118 -
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118 Wolfgang Meixner und Gerhard Siegl Ebenfalls politisch, allerdings gegen den Strom der Zeit, agierte Wopfner in seiner heimatkundlichen Forschung, die einen Kontrapunkt zur Volkstumsforschung setzte95. In Martin Wählers Sammelband „Der deutsche Volkscharakter“ aus dem Jahr 1937 ver- knüpfte er das „tirolische Volkstum“ mit der Entstehung des Landes Tirol in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts. Die „gestaltende Kraft gemeinsamen geschichtlichen Erle- bens“ war für ihn ausschlaggebend für die Ausprägung des „tirolischen Wesens“, während „Rasse, völkischer Stammbaum, Umwelt usw.“ zwar von Bedeutung, aber – entgegen dem nationalsozialistischen Diktum – austauschbar seien96. An anderer Stelle bediente Wopfner jedoch die „Blut-und-Boden“-Ideologen, indem er meinte, die Gebirgsbauern stünden „in ständig erneutem Kampf mit der Natur“, gegen die sie ihr Gut behaupten müssten. Dieser Kampf nähre ihre religiösen Gefühle und stärke Mut und Selbstbewusst- sein ; die Abgeschiedenheit rege eine vielseitigere körperliche und geistige Betätigung an97. Von hier aus war es nicht mehr weit zur Interpretation der NS-Propaganda, die den Berg- bauern umso mehr als „rassischen Blutsquell des deutschen Volkes“ und „Blutserneuerer“ idealisierte, je steiler im Gebirge er wirtschaftete und lebte98. Wopfner erwies sich hinge- gen als Gegner der „Blut-und-Boden“-Ideologie und insbesondere eines ihrer Proponen- ten, des nationalsozialistischen Rasseideologen Hans F.K. Günther. Dessen Buch „Das Bauerntum als Lebens- und Gemeinschaftsform“ besprach Wopfner im Jahr 1941 in der „Historischen Zeitschrift“ auf 54 Seiten (!) so ausführlich und negativ99, dass das Ergebnis einer Gegenschrift gleichkam100. Bereits 1935 war Wopfner gegen das Führerprinzip aufgetreten. Laut Berichterstattung eines Journalisten des Tiroler Anzeigers zu einem heimatkundlichen Vortrag habe Wopfner folgendes von sich gegeben : „Das Führerprinzip nach faschistischer Auffassung entspricht nicht unserem Wesen. Die ganze Geschichte der deutschen Nation ist demokratisch ein- gestellt, nicht im Sinne der Scheindemokratie des Jahres 1918, sondern im Sinne einer Mitwirkung des bodenständigen Volkes an der Regierung ; und ein Führerprinzip, das dem entgegenarbeitet, ist nichts Deutsches, mag es auch noch so sehr Augenblickserfolge aufweisen“101. Nachdem auch die Augenblickserfolge nachgelassen hatten, war Wopfners 95 Zur Volkstumsforschung siehe Ingo Haar, Volkstumsforschung in Österreich von 1918–1945, in : 7. Öster- reichischer Zeitgeschichtetag 2008, hg. v. Ingrid Böhler, Eva Pfanzelter, Thomas SpielBüchler, Rolf Steininger (Innsbruck-Wien-Bozen 2010) 837–844. 96 Wopfner, Tiroler (wie Anm. 47) 356–375. 97 Ebd. 360. 98 Zur Vereinnahmung der Bergbauern durch die „Blut-und-Boden“-Ideologie siehe Gerhard Siegl, Bergbau- ern im Nationalsozialismus. Die Berglandwirtschaft zwischen Agrarideologie und Kriegswirtschaft (Innsbru- cker Forschungen zur Zeitgeschichte 28, Innsbruck-Wien-Bozen 2013) 14, 130 und 183f. 99 Hermann Wopfner, Bauerntum, Stadt und Staat, in : HZ 164 (1941) 229–260 und 472–495. 100 Vgl. Siegl, Bergbauern (wie Anm. 98) 157–160. 101 Tiroler Anzeiger Nr. 281 vom 06.12.1935, 4. Open Access © 2019 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN KÖLN WEIMAR
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Österreichische Historiker Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Band 3
Titel
Österreichische Historiker
Untertitel
Lebensläufe und Karrieren 1900–1945
Band
3
Autor
Karel Hruza
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2019
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20801-3
Abmessungen
17.0 x 24.0 cm
Seiten
630
Schlagwörter
Lebensläufe, Werke und gesellschaftliches Wirken österreichischer Historikerinnen und Historiker, Geschichtsforschung
Kategorie
Biographien

Inhaltsverzeichnis

  1. Österreichische Historiker 1900–1945. Einleitung und Kommentar zum dritten Band 9
  2. Oswald Redlich (1858–1944). Historiker über oder zwischen den Parteien ? 29
  3. Ludo Moritz Hartmann (1865–1924). Geschichtsschreibung im Lichte der frühen Sozialdemokratie Österreichs 67
  4. Hermann Wopfner (1876–1963). Der „treueste Sohn Tirols“ 97
  5. Hugo Hassinger (1877–1952). Volkstumsforscher, Raumplaner, Kartograph und Historiker 123
  6. Hans Uebersberger (1877–1962). Eine Gratwanderung : (S)eine Karriere im Fokus privater und öffentlich-beruflicher Spannungen 157
  7. Adolf Helbok (1883–1968). „Ich war ein Stürmer und Dränger“ 185
  8. Camillo Praschniker (1884–1949). Wiedergewinnung aus der Zerstörung 313
  9. Balduin Saria (1893–1974). „Ein deutschsprachiger Sohn der Untersteiermark“ 379
  10. Erna Patzelt (1894–1987) und Lucie Varga (1904–1941). Leben zwischen Kontinuität und Diskontinuität 405
  11. Otto Brunner (1898–1982). „Nicht der Staat, nicht die Kultur sind uns heute Gegenstand der Geschichte sondern Volk und Reich.“ 439
  12. Richard Wolfram (1901–1995). „Wir haben einen Stern, dem wir gefolgt sind“ 479
  13. Taras (von) Borodajkewycz (1902–1984). Zwischen Katholizismus und Nationalsozialismus : Der Versuch, das Unvereinbare zu verbinden 527
  14. Abkürzungsverzeichnis 607
  15. Abbildungsnachweis 610
  16. Personenregister 611
  17. Autorinnen und Autoren 625
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