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Hermann Wopfner (1876–1963) 121
und vielleicht auch als Österreicher“109, resümiert Herbert Dachs und man könnte dem
hinzufügen : auch als freier Tiroler Bauer.
Wopfner stand zwar in regem Kontakt mit den wissenschaftlichen Kollegen seiner
Zeit, war aber letztendlich nicht schulbildend. Zwar beriefen sich zahlreiche Volks- und
Landeskundler auf den „Altmeister“ und seine Forschungen zum Bergbauerntum, aber
einen „richtigen“ Nachfolger hatte er nicht110. Wopfner setzte sich für die Rehabilitierung
Helboks nach 1945 ein und dies nicht nur aus Pflichtgefühl, sondern auch aus zutiefst
menschlichem Empfinden aufgrund seiner katholischen Gesinnung111. Desgleichen ver-
wendete er sich 1947 für seine Schülerin Erika Hubatschek bei der Tiroler Landesregie-
rung betreffend einer Anstellung zur Durchführung musealer Sammelarbeiten zur von
ihm empfohlenen Erweiterung des Tiroler Volkskunstmuseums in ein Volkskundemu-
seum112. Sein unmittelbarer Nachfolger Ilg hatte sich 1947 zwar bei Wopfner mit einer
Arbeit zu den Walsern in Vorarlberg habilitiert und hielt ihn verbal zeitlebens in Ehren,
vermochte wissenschaftlich und vielleicht auch intellektuell aber nicht an sein Œuvre
anzuschließen113. Sein „begabtester“ Schüler und Nachfolger Grass wirkte zeitlebens an
der rechtswissenschaftlichen Fakultät und blieb dort wissenschaftlich selbst eine erratische
Figur114. In einer gewissen Weise wurde Wopfners wissenschaftliches Credo am Institut
für Geschichte und Landeskunde des Alpenraumes weitergeführt, das seit 1941 von Hu-
ter geleitet worden war115. Auch dessen Nachfolger am Institut, Karl Leidlmair, verblieb
verbal Wopfner und seiner Herzensangelegenheit Südtirol verbunden116, ähnlich erging es
109 Dachs, Geschichtswissenschaft (wie Anm. 105) 234.
110 So tituliert ihn Karl Ilg, Die Geschichte der tirolischen Volkskunde von den Anfängen bis 1980, in : Tiroler
Heimat 59 (1995) 177–244, hier 200–206.
111 Gutachten (wie Anm. 62).
112 Tiroler Volkskunstmuseum (TVKM). Archiv. Schreiben von Hermann Wopfner an den Tiroler Landes-
hauptmann vom 02.01.1947, Plumeshof, Post Mutters. Eine Anstellung von Hubatschek kam dann nicht
zustande. Hubatschek hatte 1940 bei Kinzl und Wopfner promoviert und war von 1940 bis 1978 als Gymna-
siallehrerin in Innsbruck tätig. Sie galt als Kennerin der Bergbauernkultur, die sie in Büchern, Vorträgen und
Fotografieausstellungen einem breiteren Publikum näherbrachte. Vgl. Erika HuBatschek, Mein Leben mit
den Bergbauern. Eine Biografie im Gespräch mit Anette Köhler (Wien 2007).
113 Vgl. Karl Ilg, Die Walser in Vorarlberg. 1 Teil : Die Verbundenheit mit dem Boden, Siedlung und Wirtschaft
als volkskundliche Grundlagen (Schriften zur Vorarlberger Landeskunde 3, Dornbirn 1949) sowie Ders.,
Die Walser in Vorarlberg. 2. Teil : Ihr Wissen ; Sitte und Brauch als Kräfte der Erhaltung ihrer Gemeinschaft
(Schriften zur Vorarlberger Landeskunde 6, Dornbirn 1956).
114 Vgl. OBerkofler, Grass (wie Anm. 72) 9–10.
115 Vgl. Wilfried Keller, Entstehung und Aufgaben des Instituts für Landeskunde, in : Studien zur Landes-
kunde Tirols und angrenzende Gebiete. FS des Instituts für Landeskunde zum 60. Geburtstag von Adolf
Leidlmair, hg. v. Dems. (Innsbrucker Geographische Studien 6, Innsbruck 1979) 17–21.
116 Vgl. Axel Borsdorf, Adolf Leidlmair, in : Almanach der ÖAW 160 (2010) 627–633. Vgl. auch Adolf
Leidlmair, Bevölkerung und Wirtschaft in Südtirol (Tiroler Wirtschaftsstudien 6, Innsbruck 1958) sowie
Österreichische Historiker
Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Band 3
- Titel
- Österreichische Historiker
- Untertitel
- Lebensläufe und Karrieren 1900–1945
- Band
- 3
- Autor
- Karel Hruza
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20801-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 630
- Schlagwörter
- Lebensläufe, Werke und gesellschaftliches Wirken österreichischer Historikerinnen und Historiker, Geschichtsforschung
- Kategorie
- Biographien
Inhaltsverzeichnis
- Österreichische Historiker 1900–1945. Einleitung und Kommentar zum dritten Band 9
- Oswald Redlich (1858–1944). Historiker über oder zwischen den Parteien ? 29
- Ludo Moritz Hartmann (1865–1924). Geschichtsschreibung im Lichte der frühen Sozialdemokratie Österreichs 67
- Hermann Wopfner (1876–1963). Der „treueste Sohn Tirols“ 97
- Hugo Hassinger (1877–1952). Volkstumsforscher, Raumplaner, Kartograph und Historiker 123
- Hans Uebersberger (1877–1962). Eine Gratwanderung : (S)eine Karriere im Fokus privater und öffentlich-beruflicher Spannungen 157
- Adolf Helbok (1883–1968). „Ich war ein Stürmer und Dränger“ 185
- Camillo Praschniker (1884–1949). Wiedergewinnung aus der Zerstörung 313
- Balduin Saria (1893–1974). „Ein deutschsprachiger Sohn der Untersteiermark“ 379
- Erna Patzelt (1894–1987) und Lucie Varga (1904–1941). Leben zwischen Kontinuität und Diskontinuität 405
- Otto Brunner (1898–1982). „Nicht der Staat, nicht die Kultur sind uns heute Gegenstand der Geschichte sondern Volk und Reich.“ 439
- Richard Wolfram (1901–1995). „Wir haben einen Stern, dem wir gefolgt sind“ 479
- Taras (von) Borodajkewycz (1902–1984). Zwischen Katholizismus und Nationalsozialismus : Der Versuch, das Unvereinbare zu verbinden 527
- Abkürzungsverzeichnis 607
- Abbildungsnachweis 610
- Personenregister 611
- Autorinnen und Autoren 625