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Hugo Hassinger (1877–1952) 125
Bis jetzt sind kaum Abhandlungen publiziert worden, in denen die wissenschaftlichen
Publikationen und Tätigkeiten Hassingers einer kritischen Analyse unterzogen worden
sind. Den Beginn stellt der 1989 veröffentlichte Artikel „Angewandte Wissenschaft im Na-
tionalsozialismus“ von Siegfried Mattl und Karl Stuhlpfarrer dar5. Beide Autoren gingen
bereits von der These aus, dass Hassinger keine Bedenken in Bezug auf die Zusammenar-
beit mit den Nationalsozialisten gehabt hatte. Auch Michael Fahlbusch6 und Frank-Rutger
Hausmann7, die während der 1990er Jahre die Rolle Hassingers in der Südostdeutschen
Forschungsgemeinschaft (SODFG) und im Projekt „Lebensraumfragen europäischer Völ-
ker“ analysierten, kamen zu einem ähnlichen Befund. So meinte Fahlbusch beispielsweise,
dass Hassingers Forschungen bereits „1931 einen eindeutig revisionistischen und damit
annexionistischen Impetus signalisierten“8. Unter Österreichs Geographen herrscht heute
zwar die Meinung vor, dass das eigene Fachgebiet „in den 20er und 30er Jahren eminent
politisch“9 ausgerichtet war, doch müssen manche Schlussfolgerungen noch einer einge-
henden Analyse unterzogen werden. War Hassinger tatsächlich „politisch naiv“10 und hat
er sein Zuarbeiten an das nationalsozialistische Regime zu wenig bemerkt ?
2. wissenschaftliche veröffentlichungen und projekte
1901 bis 1918 : Physiogeographie, Stadtgeographie, Deutschtumsforschung, „Mitteleuropa“
In seinen Anfangsjahren als Wissenschaftler bewegten sich Hassingers Forschungen vor
allem auf physiogeographischem Gebiet. Seine erste wissenschaftliche Arbeit stellte ein
im „Bericht des Vereins der Geographen“ 1901 publizierter Artikel über eine Exkursion
5 Siegfried Mattl, Karl Stuhlpfarrer, Angewandte Wissenschaft im Nationalsozialismus, in : Willfährige
Wissenschaft. Die Universität Wien 1938–45, hg. v. dens., Gernot Heiss, Sebastian Meissl, Edith Saurer
(Österreichische Texte zur Gesellschaftskritik 43, Wien 1989) 283–301.
6 Michael FahlBusch, Wissenschaft im Dienste der nationalsozialistischen Politik ? Die „Volksdeutschen For-
schungsgemeinschaften“ von 1931–1945 (Baden-Baden 1999) 253f.
7 Frank-Rutger Hausmann, „Deutsche Geisteswissenschaft“ im Zweiten Weltkrieg. Die „Aktion Ritterbusch“
(1940–1945) (Schriften zur Wissenschafts- und Universitätsgeschichte 12, 3. erweiterte Ausgabe Heidelberg
2007).
8 FahlBusch, Wissenschaft (wie Anm. 6) 254.
9 Heinz Fassmann, Geographie in Österreich : universitäre und außeruniversitäre Verankerung, in : Mensch.
Raum. Umwelt. Entwicklungen und Perspektiven der Geographie in Österreich, hg. v. Robert Musil, Chris-
tian Staudacher (Wien 2009) 53–61, hier 54. Eine Verbindung zwischen österreichischer Geographie und
Politik wurde auch angesprochen in : Robert Musil, Geographie in der modernen Wissensproduktion – eine
wissenschaftshistorische Betrachtung, in : Mensch. Raum. Umwelt, hg. v. Dems., Staudacher 101f.
10 Heinz Fassmann, Geographie an der Universität Wien 1938 / 1945 / 1955, in : Zukunft mit Altlasten. Die
Universität Wien 1945 bis 1955, hg. v. Margarete Grandner, Gernot Heiss, Oliver RathkolB (Quer-
schnitte 19, Innsbruck u. a. 2005) 273–289, hier 278, 280, 289.
Österreichische Historiker
Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Band 3
- Titel
- Österreichische Historiker
- Untertitel
- Lebensläufe und Karrieren 1900–1945
- Band
- 3
- Autor
- Karel Hruza
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20801-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 630
- Schlagwörter
- Lebensläufe, Werke und gesellschaftliches Wirken österreichischer Historikerinnen und Historiker, Geschichtsforschung
- Kategorie
- Biographien
Inhaltsverzeichnis
- Österreichische Historiker 1900–1945. Einleitung und Kommentar zum dritten Band 9
- Oswald Redlich (1858–1944). Historiker über oder zwischen den Parteien ? 29
- Ludo Moritz Hartmann (1865–1924). Geschichtsschreibung im Lichte der frühen Sozialdemokratie Österreichs 67
- Hermann Wopfner (1876–1963). Der „treueste Sohn Tirols“ 97
- Hugo Hassinger (1877–1952). Volkstumsforscher, Raumplaner, Kartograph und Historiker 123
- Hans Uebersberger (1877–1962). Eine Gratwanderung : (S)eine Karriere im Fokus privater und öffentlich-beruflicher Spannungen 157
- Adolf Helbok (1883–1968). „Ich war ein Stürmer und Dränger“ 185
- Camillo Praschniker (1884–1949). Wiedergewinnung aus der Zerstörung 313
- Balduin Saria (1893–1974). „Ein deutschsprachiger Sohn der Untersteiermark“ 379
- Erna Patzelt (1894–1987) und Lucie Varga (1904–1941). Leben zwischen Kontinuität und Diskontinuität 405
- Otto Brunner (1898–1982). „Nicht der Staat, nicht die Kultur sind uns heute Gegenstand der Geschichte sondern Volk und Reich.“ 439
- Richard Wolfram (1901–1995). „Wir haben einen Stern, dem wir gefolgt sind“ 479
- Taras (von) Borodajkewycz (1902–1984). Zwischen Katholizismus und Nationalsozialismus : Der Versuch, das Unvereinbare zu verbinden 527
- Abkürzungsverzeichnis 607
- Abbildungsnachweis 610
- Personenregister 611
- Autorinnen und Autoren 625