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126 Petra Svatek
des Geographischen Institutes nach Ungarn dar. 1905 veröffentlichte er schließlich sein
physiogeographisches Hauptwerk über die Morphologie des südlichen Wiener Beckens.
Hassingers Verdienst war es, neue geologisch-morphologische Erkenntnisse vom miozä-
nen Rand des Wiener Beckens und der Wiener pleistozänen Terrassenlandschaft gewon-
nen zu haben. Er erkannte zum Beispiel während seiner Begehungen zwischen Bisamberg
und Gloggnitz, dass am Ostabfall der Alpen nicht eine, sondern mehrere übereinander
angeordnete Terrassen und daher auch Strand- und Uferlinien aus der mediterranen, sar-
matischen und pontischen Epoche vorhanden wären11.
In Mährisch-Weißkirchen blieb er zunächst seinem bevorzugtem Forschungsgebiet
treu und untersuchte die Geologie und Morphologie der Mährischen Pforte. Doch ge-
rade in dieser Zeit wandelte er sich immer mehr zum Kulturgeographen. Hassinger lernte
den Nationalitätenkampf in einem gemischtsprachigen Gebiet zwischen der deutschspra-
chigen und der slawischsprachigen Bevölkerung kennen, was ihn für sein ganzes Leben
prägte. Von seiner Erziehung her deutschnational eingestellt, begann Hassinger seine For-
schungen zum Deutschtum und publizierte 1907 in der Zeitschrift „Der getreue Eckart“
seine erste kulturwissenschaftliche Abhandlung zum Thema „Hemmungen unserer nati-
onalen Schutzarbeit“. Aus ihr ist deutlich herauszulesen, dass Hassinger bereits damals
die Slawen gegenüber den Deutschen als ein geistig und kulturell nieder stehendes Volk
ansah. Er war der Meinung, dass „in den Schulen, in denen die Slawen einen namhaf-
ten Bruchteil oder gar die Mehrheit der Schüler bilden, das deutsche Kind in seinem
Wissen verkürzt, in seiner Charakterbildung verkümmert wird […]. Ganz abgesehen da-
von, daß nun einmal der Slawe ein ganz anderes Gefühlsleben und eine ganz andere Art
als der Deutsche besitzt und es fraglich erscheint, ob die slawische Einwirkung auf das
deutsche Fühlen und Denken für unsere Kinder vorteilhaft ist“12. Hassinger trat auch
in den Folgejahren für die „Pflege deutscher Sitten und Bräuche“ ein und lobpreiste die
„segensreiche Tätigkeit des Deutschen Schulvereines“13. Er untersuchte zum Beispiel die
Zukunft des Deutschtums der Iglauer Sprachinsel und stellte sich dabei die Frage, „nach
welchen Gesichtspunkten nationale Schutzarbeit überhaupt betrieben werden soll“.14 Um
11 Hugo Hassinger, Geomorphologische Studien aus dem inneralpinen Wiener Becken und seinem Rand-
gebirge (Geographische Abh. VIII/3, Leipzig 1905) ; Ders., Zur Frage der alten Flussterrassen in Wien, in :
Mitteilungen der k. k. Geographischen Gesellschaft Wien 48 (1905) 196–219.
12 Ders., Hemmungen nationaler Schutzarbeit, in : Der Getreue Eckart. Monatsschrift für die Gesamtinteressen
deutscher Schutzarbeit 5 (1907) 1–6, 29–33, hier 3f.
13 Ders., Aus dem Schönhengstgau, in : Der getreue Eckart : Monatsschrift für die Gesamtinteressen deutscher
Schutzarbeit 9/3 (1911) 91–93, hier 93.
14 Ders., Der Kampf um die Iglauer Sprachinsel. Versuch eines Arbeitsprogrammes für einen Volksrat und ein
Arbeitsvermittlungsamt für Deutsch-Österreich, in : Der getreue Eckart. Monatsschrift für die Gesamtinteres-
sen deutscher Schutzarbeit 9/2 (1911) 42–49, hier 42.
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Österreichische Historiker
Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Band 3
- Titel
- Österreichische Historiker
- Untertitel
- Lebensläufe und Karrieren 1900–1945
- Band
- 3
- Autor
- Karel Hruza
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20801-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 630
- Schlagwörter
- Lebensläufe, Werke und gesellschaftliches Wirken österreichischer Historikerinnen und Historiker, Geschichtsforschung
- Kategorie
- Biographien
Inhaltsverzeichnis
- Österreichische Historiker 1900–1945. Einleitung und Kommentar zum dritten Band 9
- Oswald Redlich (1858–1944). Historiker über oder zwischen den Parteien ? 29
- Ludo Moritz Hartmann (1865–1924). Geschichtsschreibung im Lichte der frühen Sozialdemokratie Österreichs 67
- Hermann Wopfner (1876–1963). Der „treueste Sohn Tirols“ 97
- Hugo Hassinger (1877–1952). Volkstumsforscher, Raumplaner, Kartograph und Historiker 123
- Hans Uebersberger (1877–1962). Eine Gratwanderung : (S)eine Karriere im Fokus privater und öffentlich-beruflicher Spannungen 157
- Adolf Helbok (1883–1968). „Ich war ein Stürmer und Dränger“ 185
- Camillo Praschniker (1884–1949). Wiedergewinnung aus der Zerstörung 313
- Balduin Saria (1893–1974). „Ein deutschsprachiger Sohn der Untersteiermark“ 379
- Erna Patzelt (1894–1987) und Lucie Varga (1904–1941). Leben zwischen Kontinuität und Diskontinuität 405
- Otto Brunner (1898–1982). „Nicht der Staat, nicht die Kultur sind uns heute Gegenstand der Geschichte sondern Volk und Reich.“ 439
- Richard Wolfram (1901–1995). „Wir haben einen Stern, dem wir gefolgt sind“ 479
- Taras (von) Borodajkewycz (1902–1984). Zwischen Katholizismus und Nationalsozialismus : Der Versuch, das Unvereinbare zu verbinden 527
- Abkürzungsverzeichnis 607
- Abbildungsnachweis 610
- Personenregister 611
- Autorinnen und Autoren 625