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Hugo Hassinger (1877–1952) 127
das Deutschtum zu festigen, empfahl er unter anderem die „Verdichtung und Ausbreitung
der deutschen Bevölkerung“15.
Den Aufenthalt in Mährisch-Weißkirchen nutze Hassinger aber auch für Forschungen
zu seiner Habilitationsschrift „Die Mährische Pforte und ihre benachbarten Landschaf-
ten“. Es war Hassingers letzte Abhandlung, in der die Morphologie noch einen breiten
Raum einnahm. Er setzte sich vor allem mit den Strandformen, den Rumpfflächen und
der Talgestaltung im Bereich der Hauptwasserscheide zwischen March- und Oderregion
auseinander. Zudem analysierte er das Gebiet auch kulturgeographisch und historisch, in-
dem er die Verkehrsfunktion der Mährischen Pforte vom Neolithikum bis zur Gegenwart
samt ihrer wirtschaftlichen und völkischen Implikationen betrachtete. Im Zuge dieser
Forschungen fertigte er auch eine Geschichtskarte (1 : 75.000) an, welche die steinzeitliche
Besiedlung in der Umgebung der mährischen Pforte zum Thema hat. Hassinger visuali-
sierte die paläolithischen und neolithischen Wohnstätten sowie Orte mit neolithischen
Einzelfunden, neolithischen Grabfunden, wichtigen bronzezeitlichen Depotfunden und
römischen Münzfunde. Allerdings zeigt er auch physiogeographische Gegebenheiten, in-
dem er mittels unterschiedlicher Schraffen Gebiete mit Löß- und Gebiete mit Lehmbe-
deckung unterscheidet16.
Wieder nach Wien zurückgekehrt, widmete sich Hassinger zunächst vor allem der Wie-
ner Stadtgeographie. Seine Forschungen dazu stellten die ersten von ihm durchgeführten
fächerübergreifenden Studien dar, bei denen er die Kulturgeographie, die Stadtplanung,
die Kunstgeschichte und die Geschichtswissenschaft miteinander verband. Hassinger ent-
wickelte dabei einen in den österreichischen Kulturwissenschaften neuen methodischen
Ansatz, in dem er für ein geschichtliches Thema Kartierungen im Gelände durchführte.
Die Idee dazu kam ihm durch die sich zu dieser Zeit langsam etablierende Denkmal- und
Heimatschutzbewegung. Diese richtete sich gegen die bauliche Veränderung des alten
Wiener Stadtbildes. Das oberste Ziel seiner Forschungen bestand darin, für die städtische
Verkehrs- und Wohnungspolitik eine Quelle (ein „Instrument der Baupolitik“17) zu schaf-
fen, mit der eine effiziente Stadtplanung mit Erhalt der alten Bauwerke praktiziert werden
konnte. Daher begann Hassinger im Jahr 1910 alle Gebäude Wiens nach Stilepochen zu
15 Ders., Sprachinsel (wie Anm. 14) 85.
16 Ders., Die mährische Pforte und ihre benachbarten Landschaften (Abh. der k. k. Geographischen Gesell-
schaft Wien XI/2, Wien 1914) 191.
17 UAW, NL Hassinger, Kt. 27, „Raumforschung und Raumordnung in Österreich“. Siehe dazu auch Petra
Svatek, Raumforschung an der Universität Wien im 20. Jahrhundert. Kontinuitäten und Wandlungen einer
multidisziplinären und politisch orientierten Forschungsrichtung, in : Universität – Forschung – Lehre. The-
men und Perspektiven im langen 20. Jahrhundert, hg. v. Katharina Kniefacz, Elisabeth Nemeth, Herbert
Posch, Friedrich Stadler (650 Jahre Universität Wien – Aufbruch ins neue Jahrhundert 1, Göttingen 2015)
241–259, hier 243.
Österreichische Historiker
Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Band 3
- Titel
- Österreichische Historiker
- Untertitel
- Lebensläufe und Karrieren 1900–1945
- Band
- 3
- Autor
- Karel Hruza
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20801-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 630
- Schlagwörter
- Lebensläufe, Werke und gesellschaftliches Wirken österreichischer Historikerinnen und Historiker, Geschichtsforschung
- Kategorie
- Biographien
Inhaltsverzeichnis
- Österreichische Historiker 1900–1945. Einleitung und Kommentar zum dritten Band 9
- Oswald Redlich (1858–1944). Historiker über oder zwischen den Parteien ? 29
- Ludo Moritz Hartmann (1865–1924). Geschichtsschreibung im Lichte der frühen Sozialdemokratie Österreichs 67
- Hermann Wopfner (1876–1963). Der „treueste Sohn Tirols“ 97
- Hugo Hassinger (1877–1952). Volkstumsforscher, Raumplaner, Kartograph und Historiker 123
- Hans Uebersberger (1877–1962). Eine Gratwanderung : (S)eine Karriere im Fokus privater und öffentlich-beruflicher Spannungen 157
- Adolf Helbok (1883–1968). „Ich war ein Stürmer und Dränger“ 185
- Camillo Praschniker (1884–1949). Wiedergewinnung aus der Zerstörung 313
- Balduin Saria (1893–1974). „Ein deutschsprachiger Sohn der Untersteiermark“ 379
- Erna Patzelt (1894–1987) und Lucie Varga (1904–1941). Leben zwischen Kontinuität und Diskontinuität 405
- Otto Brunner (1898–1982). „Nicht der Staat, nicht die Kultur sind uns heute Gegenstand der Geschichte sondern Volk und Reich.“ 439
- Richard Wolfram (1901–1995). „Wir haben einen Stern, dem wir gefolgt sind“ 479
- Taras (von) Borodajkewycz (1902–1984). Zwischen Katholizismus und Nationalsozialismus : Der Versuch, das Unvereinbare zu verbinden 527
- Abkürzungsverzeichnis 607
- Abbildungsnachweis 610
- Personenregister 611
- Autorinnen und Autoren 625