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Hugo Hassinger (1877–1952) 145
unerwünschte Lauscher gegeben war100. Auch Hassinger hielt bei diesen „Studienfahrten“
Vorträge, wie zum Beispiel über den „Norddonauraum, Landschaft und Volk“101 wäh-
rend der Fahrt durch das nördliche Niederösterreich und südliche Mähren und über die
„Geographische Züge der Landschaft des Waldviertels“102 während der Fahrt durch das
Waldviertel und angrenzende Südböhmen.
Als getarntes politisches Projekt kann auch der Burgenlandatlas bezeichnet werden,
der ab 1933 von diversen Geistes- und Naturwissenschaftlern unterschiedlicher Institu-
tionen (Universität Wien, Geologische Bundesanstalt, Zentralanstalt für Meteorologie,
Naturhistorisches Museum usw.), Archivaren, Lehrern und Mitarbeitern der Burgenlän-
dischen Landesregierung unter der Leitung von Hassinger und von dem aus dem süd-
lichen Niederösterreich stammenden Lehrer und Kartographen Fritz Bodo erarbeitet
wurde103. Darüber hinaus lieferten Dissertanten Forschungsergebnisse, zum Beispiel der
spätere Mitarbeiter am Österreichischen Ost- und Südosteuropainstitut Josef Breu. Dieser
verfasste bei Hassinger eine Dissertation über die „Kroatensiedlung im südostdeutschen
Grenzraum“ und stellte Daten über die „Volkstumsgliederung in Berghäusersiedlungen“
zur Verfügung104. Hassinger war vor allem für die Kontakte zur SODFG, die Geldmittel
und die Kontrolle des Atlasvorhabens verantwortlich. Offiziell wurde der „Burgenlandat-
las“ als Lehrbehelf für Schulen und als Grundlage für die Landesplanung entworfen. In
den geheimen, nur für den Dienstgebrauch bestimmten Tätigkeitsberichten der SODFG
ist allerdings noch ein weiterer politischer Grund vermerkt. So wollte man ihn zur Abwehr
etwa auftauchender ungarischer revisionistischer Bestrebungen105 einsetzen. Seine Publika-
tion sei im Hinblick auf die immer stärker werdende wissenschaftliche Propaganda Ungarns
über Transdanubien und das Burgenland von größter Wichtigkeit106. Noch dazu forderte die
100 Politisches Archiv Auswärtiges Amt (=PAAA), R 60271, Internes Protokoll von der ersten Tagung der
SODFG in der Slowakei vom 24.–27.09.1932. Zu den „Studienfahrten“ siehe zum Beispiel auch : Svatek,
Raumforschung (wie Anm. 17) 245.
101 Ebd. R 60272, Protokoll der Studienfahrt Wiener und Prager Hochschullehrer und ihrer Gäste durch das
nördliche Niederösterreich und südliche Mähren vom 14.–18.04.1934.
102 Ebd. R 60274, Protokoll der Studienfahrt Wiener und Prager Hochschullehrer und ihrer Gäste durch das
Waldviertel und angrenzende Südböhmen vom 28.–30.04.1935.
103 Zum „Burgenlandatlas“ siehe Petra Svatek, Fritz Bodo – Atlaskartographie in den 1930er und frühen
1940er Jahren, in. Mitteilungen der Österreichischen Geographischen Gesellschaft 152 (2010) 329–334 ;
Dies., Raumforschung (wie Anm. 17) 246-248 ; Dies., Geisteswissenschaftler (wie Anm. 65) 116–117.
104 Erik ArnBerger, Josef Breu – Geograph, Kartograph und international anerkannter Fachmann auf dem Ge-
biet der Geographischen Namenkunde, in : Mitteilungen der Österreichischen Geographischen Gesellschaft
121 (1979) 289–296, hier 290, 294.
105 PAAA, R 60291, Tätigkeitsbericht der Südostdeutschen Forschungsgemeinschaft über das Rechnungsjahr
1934/35.
106 Ebd. R 60279, Kostenvoranschlag für das Rechnungsjahr 1937/38.
Österreichische Historiker
Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Band 3
- Titel
- Österreichische Historiker
- Untertitel
- Lebensläufe und Karrieren 1900–1945
- Band
- 3
- Autor
- Karel Hruza
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20801-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 630
- Schlagwörter
- Lebensläufe, Werke und gesellschaftliches Wirken österreichischer Historikerinnen und Historiker, Geschichtsforschung
- Kategorie
- Biographien
Inhaltsverzeichnis
- Österreichische Historiker 1900–1945. Einleitung und Kommentar zum dritten Band 9
- Oswald Redlich (1858–1944). Historiker über oder zwischen den Parteien ? 29
- Ludo Moritz Hartmann (1865–1924). Geschichtsschreibung im Lichte der frühen Sozialdemokratie Österreichs 67
- Hermann Wopfner (1876–1963). Der „treueste Sohn Tirols“ 97
- Hugo Hassinger (1877–1952). Volkstumsforscher, Raumplaner, Kartograph und Historiker 123
- Hans Uebersberger (1877–1962). Eine Gratwanderung : (S)eine Karriere im Fokus privater und öffentlich-beruflicher Spannungen 157
- Adolf Helbok (1883–1968). „Ich war ein Stürmer und Dränger“ 185
- Camillo Praschniker (1884–1949). Wiedergewinnung aus der Zerstörung 313
- Balduin Saria (1893–1974). „Ein deutschsprachiger Sohn der Untersteiermark“ 379
- Erna Patzelt (1894–1987) und Lucie Varga (1904–1941). Leben zwischen Kontinuität und Diskontinuität 405
- Otto Brunner (1898–1982). „Nicht der Staat, nicht die Kultur sind uns heute Gegenstand der Geschichte sondern Volk und Reich.“ 439
- Richard Wolfram (1901–1995). „Wir haben einen Stern, dem wir gefolgt sind“ 479
- Taras (von) Borodajkewycz (1902–1984). Zwischen Katholizismus und Nationalsozialismus : Der Versuch, das Unvereinbare zu verbinden 527
- Abkürzungsverzeichnis 607
- Abbildungsnachweis 610
- Personenregister 611
- Autorinnen und Autoren 625