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Österreichische Historiker - Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Band 3
Seite - 162 -
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162 Marija Wakounig dienten. War der historisch versierte und sehr belesene Prinz im Dezember 1900 noch überzeugt davon, dass grundlegende Forschungen russischer Quellen den Westeuropäern die Augen über Russland öffnen würden23, hielt er 1903 eine wissenschaftliche Institu- tion, in der Forschungen zur osteuropäischen Geschichte betrieben werden, schon des- wegen für förderungswürdig, um zu verhindern, dass Rußland und die russische Geschichte dem westeuropäischen Publikum meist nur durch tendenziöse, gehässige, oft mit unglaubli- cher Ignoranz geschriebene Berliner und Leipziger Machwerke vermittelt werden24. Deren genaue Lektüre gab einen zusätzlichen Ausschlag dafür, dass er Uebersberger mehrere Forschungsstipendien in Russland finanzierte und im Erfahrungsaustausch mit ihm die Idee einer Institutionalisierung der Osteuropaforschung in Wien weiter entwickelte25. Anders als sein Protegé konnte Liechtenstein im 1902 gegründeten Berliner Lehrstuhl für Osteuropäische Geschichte kein Vorbild für Wien erkennen, vielmehr strebte er – wie seine Stellungnahmen nahelegen – eine Institution mit einzigartigem Status an26. Ohne den enor- men Anteil Uebersbergers bei der Gründung des Instituts zu schmälern, kann man sagen, dass es ganz dessen Naturell entsprach, sich selbst als spiritus rector, nahezu als fundator dieser Institution in Szene zu setzen27. Daraus resultiert auch, dass Uebersberger in der Forschung als zwar umtriebige, jedoch nicht als besonders vertrauenswürdige und sympathische Person beschrieben wird. Außerdem widersprach er sich in Lauf der Jahre hinsichtlich der Grün- dungsidee. Die deutschnationale, später nationalsozialistische Denkweise verleitete ihn zu irreführenden und falschen Aussagen, dass beispielsweise sowohl Berlin als auch Wien deswe- 23 Liechtenstein an Karl Hampe, Florenz 16.12.1900, HFL, 352 : Eben weil West-Europa die historische Entwick- lung Russlands bisher nicht kennt und aus Werken á la Kleinschmidt [Arthur Kleinschmiedt, Drei Jahrhun- derte russischer Geschichte, Berlin 1898] nicht lernen kann, hielt[e] ich es für die Erziehung unserer Diplomaten für höchst nützlich, daß endlich das Ergebnis gründlicher Forschungen aus russischen Quellen ihnen die Augen öffne. 24 Liechtenstein an Alois Aehrenthal, Wien 04.06.1903, NL Aehrenthal. Siehe dazu Aus dem Nachlaß Aeh- renthal. Briefe und Dokumente zur österreichisch-ungarischen Innen- und Außenpolitik 1885–1912 1 : 1885–1906, hg. v. Solomon Wank, Christine M. Grafinger, Franz Adlgasser (Quellen zur Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts 6, Graz 1994) 297f.; Wakounig, Grandseigneur (wie Anm. 17) 79. 25 Uebersberger beklagte nach etlichen Forschungsaufenthalten in Russland sehr den Umstand, dass es in Wien kaum Russica gab. Dies teilte er selbstverständlich Liechtenstein mit, der schließlich ein Gespräch mit dem Direktor der Hofbibliothek, Joseph Karabaček, einfädelte – mit relativ wenig Erfolg. Ausführlich dazu Leitsch, Stoy, Seminar (wie Anm. 2) 67. 26 Zum Vorbild des 1902 in Berlin gegründeten Instituts und zur gänzlich im deutschnationalen Fahrwasser be- findlichen Meinung Uebersbergers über Institutsgründungsmotive von Berlin und Wien vgl. Leitsch, Stoy, Seminar (wie Anm. 2) 88. 27 Uebersberger an (N.N ?), Wien 02.09.1916, HFL, Korrespondenz Franz I. de Paula–Uebersberger : Auf mei- nen Bericht hin entschloß sich Fürst Franz Liechtenstein, diese Bibliothek für Österreich zu erwerben und dem Unterrichtsministerium beziehungsweise der Wiener Universität zur Einrichtung eines ähnlichen Institutes, wie es das Berliner ist, zu spenden. Das Zitat auch bei Leitsch, Stoy, Seminar (wie Anm. 2) 69. Dieser Satz ist eine Überzeichnung der Rolle Uebersbergers. Open Access © 2019 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN KÖLN WEIMAR
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Österreichische Historiker Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Band 3
Titel
Österreichische Historiker
Untertitel
Lebensläufe und Karrieren 1900–1945
Band
3
Autor
Karel Hruza
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2019
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20801-3
Abmessungen
17.0 x 24.0 cm
Seiten
630
Schlagwörter
Lebensläufe, Werke und gesellschaftliches Wirken österreichischer Historikerinnen und Historiker, Geschichtsforschung
Kategorie
Biographien

Inhaltsverzeichnis

  1. Österreichische Historiker 1900–1945. Einleitung und Kommentar zum dritten Band 9
  2. Oswald Redlich (1858–1944). Historiker über oder zwischen den Parteien ? 29
  3. Ludo Moritz Hartmann (1865–1924). Geschichtsschreibung im Lichte der frühen Sozialdemokratie Österreichs 67
  4. Hermann Wopfner (1876–1963). Der „treueste Sohn Tirols“ 97
  5. Hugo Hassinger (1877–1952). Volkstumsforscher, Raumplaner, Kartograph und Historiker 123
  6. Hans Uebersberger (1877–1962). Eine Gratwanderung : (S)eine Karriere im Fokus privater und öffentlich-beruflicher Spannungen 157
  7. Adolf Helbok (1883–1968). „Ich war ein Stürmer und Dränger“ 185
  8. Camillo Praschniker (1884–1949). Wiedergewinnung aus der Zerstörung 313
  9. Balduin Saria (1893–1974). „Ein deutschsprachiger Sohn der Untersteiermark“ 379
  10. Erna Patzelt (1894–1987) und Lucie Varga (1904–1941). Leben zwischen Kontinuität und Diskontinuität 405
  11. Otto Brunner (1898–1982). „Nicht der Staat, nicht die Kultur sind uns heute Gegenstand der Geschichte sondern Volk und Reich.“ 439
  12. Richard Wolfram (1901–1995). „Wir haben einen Stern, dem wir gefolgt sind“ 479
  13. Taras (von) Borodajkewycz (1902–1984). Zwischen Katholizismus und Nationalsozialismus : Der Versuch, das Unvereinbare zu verbinden 527
  14. Abkürzungsverzeichnis 607
  15. Abbildungsnachweis 610
  16. Personenregister 611
  17. Autorinnen und Autoren 625
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