Seite - 208 - in Österreichische Historiker - Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Band 3
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208 Martina Pesditschek
genau zwischen „Volk“ und „Rasse“ zu unterscheiden versucht. Wenn Helbok von 1925
an als Mitherausgeber der im Münchener Lehmann-Verlag132 von 1926 bis Juni 1944
erschienenen Zeitschrift „Volk und Rasse“133 fungiert hat, so hat er „Volk“ und „Rasse“
sicherlich die längste Zeit nicht etwa als potentiell antagonistische Begriffe empfunden.
Zu Weihnachten 1922 erschien das gemeinsam mit dem aus Vandans stammenden Lehrer
Hans Barbisch134 verfasste Buch „Vandans. Eine Heimatkunde aus dem Tale Montafon in
Vorarlberg“135. Helbok war erst 1919 in das von Barbisch bereits 1914 begonnene Projekt
eingestiegen, er steuerte das Kapitel „Die Geschichte des Dorfes“136 bei und widmete sich
dabei der Siedlungskunde speziell dieses Dorfes im Montafon.
1923 wurde das von Helbok in seiner „Siedelungsforschung“137 geforderte Innsbrucker
„Institut für alpenländische Siedelungs- und Landeskunde“ Realität, wenn auch unter
einem etwas anderen Namen : Auf offizielles Betreiben Wopfners hin genehmigte das Mi-
nisterium für Unterricht am 26. November 1923 das von diesem beantragte „Institut für
geschichtliche Siedlungs- und Heimatkunde der Alpenländer“ als „Annex der Lehrkan-
zel Prof. Dr. Wopfners und in organischer Verbindung mit derselben“138. Damit bildete
Innsbruck nun neben dem schon genannten von Aubin seit 1920 geleiteten Bonner „Ins-
112. Wenn sich nicht nur Helbok, sondern auch ein Aubin, Kötzschke oder Otto Stolz abfällig über „Blut“
und/oder „Rasse“ der Romanen oder Slawen geäußert haben, setzt dies also nicht die Akzeptanz einer spezifi-
schen NS-Rassenlehre voraus, es mag sich einfach um die Fortsetzung eines „völkischen“ Diskurses handeln.
132 Vgl. etwa Wolfgang Pape, Zehn Prähistoriker aus Deutschland, in : Eine hervorragend nationale Wissen-
schaft. Deutsche Prähistoriker zwischen 1900 und 1995, hg. v. Heiko Steuer unter Mitarb. v. Dietrich
HakelBerg (Ergänzungsbände zum Reallexikon der Germanischen Altertumskunde 29, Berlin/New York
2001) 55–88, hier 64f.; Die „rechte Nation“ und ihr Verleger. Politik und Popularisierung im J.-F.-Leh-
manns-Verlag 1890–1979, hg. v. Sigrid Stöckel (Berlin 2002).
133 Vgl. UA Leipzig, PA 561, fol. 115 ; Ludwig, „Ein sonniges Neuland“ (Bibl.) 55 nennt die Zeitschrift fälsch-
lich „Rasse und Volk“. Zur Zeitschrift vgl. u. a. Hermann Bausinger, Volksideologie und Volksforschung.
Zur nationalsozialistischen Volkskunde, in : Zs. für Volkskunde 61 (1965) 177–204, hier 183 Anm. 19 ;
Katja Geisenhainer, Otto Reches Rassenkunde als Leitwissenschaft und Basis seines Engagements für den
NS-Staat, in : Völkische Wissenschaften und Politikberatung im 20. Jahrhundert. Expertise und „Neuord-
nung“ Europas, hg. v. Michael FahlBusch, Ingo Haar (Paderborn/München/Wien/Zürich 2010) 199–
233, hier 217f.
134 Art. „Barbisch Hans“, in : ÖBL 1 (Wien 1957) 50 ; Hans BarBisch, Wege, die ich wandelte (Bregenz 1927) ;
Adolf HelBok, Hans Barbisch †, in : Heimat. Vorarlberger Monatshefte 10,3–4 (April 1929) 122f.
135 Hans BarBisch, unter Mitarbeit von Adolf HelBok und Leo Jutz, Vandans. Eine Heimatkunde aus dem
Tale Montafon, hg. v. Vorarlberger Landesmuseum in Bregenz mit Unterstützung des Österreichischen Mu-
seums für Volkskunde in Wien (Innsbruck 1922) ; zur Genese des Buches vgl. Vorwort VIII ; BarBisch,
Wege (wie Anm. 134) 195–204.
136 BarBisch, unter Mitarbeit von HelBok und Jutz, Vandans (wie Anm. 135) 57–122.
137 HelBok, Siedelungsforschung. Ein Weg (wie Anm. 112).
138 Johler, Geschichte und Landeskunde (Bibl.) 453. Johler vermutet hier in Helbok und nicht in Wopfner
den „eigentliche[n] intellektuelle[n] Urheber des Instituts“.
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Österreichische Historiker
Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Band 3
- Titel
- Österreichische Historiker
- Untertitel
- Lebensläufe und Karrieren 1900–1945
- Band
- 3
- Autor
- Karel Hruza
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20801-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 630
- Schlagwörter
- Lebensläufe, Werke und gesellschaftliches Wirken österreichischer Historikerinnen und Historiker, Geschichtsforschung
- Kategorie
- Biographien
Inhaltsverzeichnis
- Österreichische Historiker 1900–1945. Einleitung und Kommentar zum dritten Band 9
- Oswald Redlich (1858–1944). Historiker über oder zwischen den Parteien ? 29
- Ludo Moritz Hartmann (1865–1924). Geschichtsschreibung im Lichte der frühen Sozialdemokratie Österreichs 67
- Hermann Wopfner (1876–1963). Der „treueste Sohn Tirols“ 97
- Hugo Hassinger (1877–1952). Volkstumsforscher, Raumplaner, Kartograph und Historiker 123
- Hans Uebersberger (1877–1962). Eine Gratwanderung : (S)eine Karriere im Fokus privater und öffentlich-beruflicher Spannungen 157
- Adolf Helbok (1883–1968). „Ich war ein Stürmer und Dränger“ 185
- Camillo Praschniker (1884–1949). Wiedergewinnung aus der Zerstörung 313
- Balduin Saria (1893–1974). „Ein deutschsprachiger Sohn der Untersteiermark“ 379
- Erna Patzelt (1894–1987) und Lucie Varga (1904–1941). Leben zwischen Kontinuität und Diskontinuität 405
- Otto Brunner (1898–1982). „Nicht der Staat, nicht die Kultur sind uns heute Gegenstand der Geschichte sondern Volk und Reich.“ 439
- Richard Wolfram (1901–1995). „Wir haben einen Stern, dem wir gefolgt sind“ 479
- Taras (von) Borodajkewycz (1902–1984). Zwischen Katholizismus und Nationalsozialismus : Der Versuch, das Unvereinbare zu verbinden 527
- Abkürzungsverzeichnis 607
- Abbildungsnachweis 610
- Personenregister 611
- Autorinnen und Autoren 625