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Adolf Helbok (1883–1968) 221
recht sachlich gehaltenen Bändchen, in dem Helbok abermals Naumanns Zweischich-
tentheorie in freilich nicht ganz unkritischer Weise für sich nutzbar machen will214, setzt
es nur ganz vereinzelt chauvinistische Ausfälle gegen Romanen und Slawen215. Helbok
lobt sogar ausdrücklich eine serbische volkskundliche Arbeit („in mustergültiger Art“216),
gleichwohl lehnte er schon damals Völkermischung, und in Sonderheit deutsch-slawische
Völkermischung, offenbar entschieden ab217. Zum anderen legte Helbok 1928 als einen
zweiten eigenen Beitrag zum Reihenwerk „Heimatkunde von Vorarlberg“ eine „Volks-
kunde Vorarlbergs“ vor218. Hier hält der Verfasser in der „Einleitenden Betrachtung“
die „Oberschicht des Volkes, die sich ihrer Verantwortung bewußt ist“, dazu an, „nicht
Tand- und Talmikultur als Errungenschaften an die Mutterschicht“ abzugeben, sondern
zu bedenken, „daß sie schon aus dem eigenen Interesse der Gesunderhaltung ihrer Mut-
das Urteil einer Autorität vorgelegt wurde, wobei mir durch diese private Versendung die Möglichkeit einer
Stellungnahme benommen werden sollte.“
214 Ders., Siedelungsgeschichte und Volkskunde (wie Anm. 213) 9f.
215 Vgl. ebd. 63 : „Das Gerüst der Hochzeitsriten ist noch immer altgermanisch und zeigt dem romanischen
mehr geschäftlichen Wesen gegenüber, und auch dem slavischen Hochzeitsleben, mit seinen primitiven, sze-
nenreichen dramatischen Einschiebungen mehr das Bild einer wichtigen Familienfeier. Vielfach ist darin
gemeineuropäisches symbolisches Zeremoniell gewoben, nie aber zeigt es weder die laszive Erotik der roma-
nischen Volksbräuche, noch das primitiv Rohe der Slaven.“ Die schon hier zum Ausdruck gelangende Ver-
achtung der Slawen als eines ursprünglich primitiven und gegenüber den Germanen/Deutschen inferioren
Volkes findet sich in Helboks Werk dann auch später immer wieder, wobei das von Anfang an behauptete
„Kulturgefälle“ nach 1933 schließlich auf ein „Blutgefälle“ zurückgeführt wird. Diese Attitüde findet sich
freilich genauso bei den später nicht der NSDAP beigetretenen Volks(tums)historikern Hermann Aubin –
vgl. etwa Volkmann, Hermann Aubin (wie Anm. 56) 60f.: „Polen und Tschechen gegenüber pflegte Aubin
einen tief wurzelnden, rassistisch begründeten Kulturdünkel“, und Ders., Rezension zu : Briefe des Ostfor-
schers Hermann Aubin aus den Jahren 1910–1968. Hrsg. von Eduard Mühle. (Quellen zur Geschichte und
Landeskunde Ostmitteleuropas 7, Marburg 2008), in : ZfO 59, 2 (2010) 235–237, hier 236 – und Rudolf
Kötzschke (vgl. etwa Ludwig, Rudolf Kötzschke [Bibl.] 58f.).
216 HelBok, Siedelungsgeschichte und Volkskunde (wie Anm. 213) 71.
217 Ebd. 100 : „Das Runddorf faßt die Bewohnerschaft zu einer Großfamilie zusammen. Hier findet [Lehmann]
die Wurzeln des starken Gemeingeistes der Tschechen. Und da der Rundling bei sich ausbreitender Volkszahl
nicht erweitert werden kann, bringt er noch etwas hervor, er zwingt zu Auswanderung des Überschusses in
die deutschen Randgebiete, wo die den Volksgeist zersetzenden Reihendörfer fremde Zwischensiedelungen
aufnehmen und damit der Slavisierung verfallen.“ Ein an die „Stiftung für deutsche Volks- und Kulturbo-
denforschung“ in Leipzig gerichtetes Ansuchen um Subventionierung dieses Bändchens ist laut FahlBusch,
„Wo der deutsche … ist, ist Deutschland !“ (wie Anm. 167) 276, offenbar als eines von ganz wenigen ein-
schlägigen Gesuchen abgewiesen worden ; so wird immerhin verständlich, warum die Reihe „Schriften für
deutsche Siedlungsforschung“ mit diesem zweiten Heft auch schon ihr Ende genommen hat.
218 Adolf HelBok, Volkskunde Vorarlbergs (Heimatkunde von Vorarlberg. Herausgegeben vom Vorarlberger
Landesmuseum unter Schriftleitung von Dr. Adolf Helbok, Professor an der Universität Innsbruck, H. 8,
Wien/Leipzig/Prag [1928]).
Österreichische Historiker
Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Band 3
- Titel
- Österreichische Historiker
- Untertitel
- Lebensläufe und Karrieren 1900–1945
- Band
- 3
- Autor
- Karel Hruza
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20801-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 630
- Schlagwörter
- Lebensläufe, Werke und gesellschaftliches Wirken österreichischer Historikerinnen und Historiker, Geschichtsforschung
- Kategorie
- Biographien
Inhaltsverzeichnis
- Österreichische Historiker 1900–1945. Einleitung und Kommentar zum dritten Band 9
- Oswald Redlich (1858–1944). Historiker über oder zwischen den Parteien ? 29
- Ludo Moritz Hartmann (1865–1924). Geschichtsschreibung im Lichte der frühen Sozialdemokratie Österreichs 67
- Hermann Wopfner (1876–1963). Der „treueste Sohn Tirols“ 97
- Hugo Hassinger (1877–1952). Volkstumsforscher, Raumplaner, Kartograph und Historiker 123
- Hans Uebersberger (1877–1962). Eine Gratwanderung : (S)eine Karriere im Fokus privater und öffentlich-beruflicher Spannungen 157
- Adolf Helbok (1883–1968). „Ich war ein Stürmer und Dränger“ 185
- Camillo Praschniker (1884–1949). Wiedergewinnung aus der Zerstörung 313
- Balduin Saria (1893–1974). „Ein deutschsprachiger Sohn der Untersteiermark“ 379
- Erna Patzelt (1894–1987) und Lucie Varga (1904–1941). Leben zwischen Kontinuität und Diskontinuität 405
- Otto Brunner (1898–1982). „Nicht der Staat, nicht die Kultur sind uns heute Gegenstand der Geschichte sondern Volk und Reich.“ 439
- Richard Wolfram (1901–1995). „Wir haben einen Stern, dem wir gefolgt sind“ 479
- Taras (von) Borodajkewycz (1902–1984). Zwischen Katholizismus und Nationalsozialismus : Der Versuch, das Unvereinbare zu verbinden 527
- Abkürzungsverzeichnis 607
- Abbildungsnachweis 610
- Personenregister 611
- Autorinnen und Autoren 625