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Adolf Helbok (1883–1968) 223
Im Jahr 1932 hat sich Helbok226 dann nicht nur wieder einmal ganz ohne Eingehen auf
„Rassenfragen“227 an Naumanns Zweischichtentheorie abgearbeitet, insbesondere in zwei
weiteren in diesem Jahr erschienenen Aufsätzen aus seiner Feder hätte man schwerlich das
Werk eines zukünftigen überzeugten Nationalsozialisten vermutet : Zum einen beteiligte
er sich damals mit einem weiteren programmatischen Beitrag an der 1932 veröffentlich-
ten Festschrift für den schon erwähnten päpstlichen Hausprälaten und Zentrumspoliti-
ker Georg Schreiber228, zum anderen erschien in diesem Jahr von ihm die Druckfassung
eines vor rotarischen Mitbrüdern gehaltenen Vortrags im Publikationsorgan der deut-
schen und österreichischen Rotarier ; Helbok war also zu dieser Zeit Mitglied in erwähn-
ter internationalistischer und auf Völkerverständigung zielender Organisation229, deren
deutsche Sektion sich schließlich am 15. Oktober 1937 aufgrund des politischen Drucks
von Seiten der nationalsozialistischen Regierung selbst auflöste, nachdem Beamten und
NSDAP-Mitgliedern eine Mitgliedschaft schon zuvor untersagt worden war230. Auf ei-
ner Distriktstagung in Frankfurt am Main hatte Helbok einen Vortrag mit dem Thema
226 Ders., Zur Soziologie und Volkskunde des Alpenraumes, in : Zs. für Volkskunde 41 = NF 3 (1931[1932])
101–112.
227 Vgl. besonders „Wie stark der Alpenboden auf die Gestaltung des Volkslebens einwirkt, das suchte ich selbst
in der Grundlegung zu meiner Erörterung der Volkskunde Vorarlbergs (1927) darzutun“ (ebd. 112).
228 Ders., Durch Volksgeschichte zur Neuform unserer Staatsgeschichte, in : Volkstum und Kulturpolitik. Eine
Sammlung von Aufsätzen gewidmet Georg Schreiber zum fünfzigsten Geburtstage, hg. v. H. Konen, J. P.
Steffes (Köln 1932) 327–357 ; vgl. unten S. 235 und 267.
229 UAI, PA AH, Stellungnahme zu den Vorhaltungen ; Adolf HelBok, Staatsgeschichte und Volksgeschichte, in :
Der Rotarier für Deutschland und Österreich 3. Jg., H. 1 (1932) (Vortrag auf der Distriktstagung in Frankfurt
a.M. am 21.09.[1932 ?]) 11–18, wo es heisst : „Wir Rotarier wollen dienen“ (13) ; zum Inhalt dieser Schrift
vgl. auch Ludwig, „Ein sonniges Neuland“ (Bibl.) 53 ; vgl. auch Who’s Who in Central and East-Europe
1933/1934. A Biographical Dictionary containing about 10.000 biographies of prominent people from Al-
bania, Austria, Bulgaria, Czechoslovakia, Danzig, Estonia, Finland, Greece, Hungary, Latvia, Liechtenstein,
Lithuania, Poland, Rumania, Switzerland, Turkey and Yugoslavia, hg. v. Stephen Taylor (Zürich 1935) 368.
Weder ist dieser Umstand im 1935 in Berlin erschienenen Art. „Helbok, Adolf“, in : Wer ist’s ?, hg. v. Dege-
ner (Bibl.) 633 noch im 1937 in Wien erschienenen Art. Helbok, Adolf, in : „Wer ist wer“, hg. v. Emödi
(Bibl.) 143 erwähnt. Man beachte, dass um diese Zeit auch das spätere NSDAP-Mitglied Raimund von Kle-
belsberg (Rektor der Universität Innsbruck 1933/34 und 1942–1945) Mitglied der Rotarier gewesen ist, siehe
R[aimund von] KleBelsBerg [zu Thumburg], Innsbrucker Erinnerungen 1902–1952 (Schlern-Schriften
100, Innsbruck 1953) 45f., 132, 358. Klebelsberg ist just schon 1932 aus dem Rotary Club ausgetreten.
230 Gerald Deckart, Der dunkelste Punkt in der Geschichte. Die Rotarier im Dritten Reich und ihr Umgang
mit den jüdischen Mitgliedern, Ein Sonderthema der Stuttgarter Zeitung und der Stuttgarter Nachrich-
ten : 100 Jahre Rotary International (22.02.2005) 14, http://www.rotary1830.org/rotary1830/Meldun-
gen-2004-05/Beilage100Jahre/14_Rotary.pdf. Schon 1932 war ein Pamphlet Hans Hauptmann, Deutsch-
lands heimliche Herren ! Rotaryklub und Herrenklub als Stoßtrupps Judas (München [1932]) erschienen.
Dass Helbok offenbar just auch 1932 an Versammlungen des Herrenklubs in Mecklenburg teilnehmen
durfte (HelBok, Erinnerungen (Bibl.) 103), verdankte er aber wohl vielmehr dem Einfluss Eugen Fischers
und nicht jenem von Rotariern, vgl. unten S. 227.
Österreichische Historiker
Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Band 3
- Titel
- Österreichische Historiker
- Untertitel
- Lebensläufe und Karrieren 1900–1945
- Band
- 3
- Autor
- Karel Hruza
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20801-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 630
- Schlagwörter
- Lebensläufe, Werke und gesellschaftliches Wirken österreichischer Historikerinnen und Historiker, Geschichtsforschung
- Kategorie
- Biographien
Inhaltsverzeichnis
- Österreichische Historiker 1900–1945. Einleitung und Kommentar zum dritten Band 9
- Oswald Redlich (1858–1944). Historiker über oder zwischen den Parteien ? 29
- Ludo Moritz Hartmann (1865–1924). Geschichtsschreibung im Lichte der frühen Sozialdemokratie Österreichs 67
- Hermann Wopfner (1876–1963). Der „treueste Sohn Tirols“ 97
- Hugo Hassinger (1877–1952). Volkstumsforscher, Raumplaner, Kartograph und Historiker 123
- Hans Uebersberger (1877–1962). Eine Gratwanderung : (S)eine Karriere im Fokus privater und öffentlich-beruflicher Spannungen 157
- Adolf Helbok (1883–1968). „Ich war ein Stürmer und Dränger“ 185
- Camillo Praschniker (1884–1949). Wiedergewinnung aus der Zerstörung 313
- Balduin Saria (1893–1974). „Ein deutschsprachiger Sohn der Untersteiermark“ 379
- Erna Patzelt (1894–1987) und Lucie Varga (1904–1941). Leben zwischen Kontinuität und Diskontinuität 405
- Otto Brunner (1898–1982). „Nicht der Staat, nicht die Kultur sind uns heute Gegenstand der Geschichte sondern Volk und Reich.“ 439
- Richard Wolfram (1901–1995). „Wir haben einen Stern, dem wir gefolgt sind“ 479
- Taras (von) Borodajkewycz (1902–1984). Zwischen Katholizismus und Nationalsozialismus : Der Versuch, das Unvereinbare zu verbinden 527
- Abkürzungsverzeichnis 607
- Abbildungsnachweis 610
- Personenregister 611
- Autorinnen und Autoren 625