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232 Martina Pesditschek
von seinem Sohn), in die Haft abgeführt ; zwar wurde er noch am selben Tag freigelassen,
jedoch erging eine Geldstrafe an ihn.
Dass Helbok weiterhin ein Nazi war, schien also ganz offenkundig, aber illegale Par-
teimitgliedschaft konnte ihm nicht nachgewiesen werden, und Nichtmitgliedschaft bei
der VF war jedenfalls bei schon verbeamteten akademischen Lehrern auch kein gesetzlich
gedeckter Entlassungsgrund273 ; unter diesen Umständen beschloss die Obrigkeit (letztlich
Minister Schuschnigg), ihn und auch Metz nach dem gerade für solche Fälle konzipierten
„Beamtenabbaugesetz“274, das heißt nominell aus Einsparungsgründen275, ihrer akademi-
schen Ämter zu entheben276. Rechtlich gesehen wurde Helbok mit 27. April 1934277 gegen
273 Siehe den Fall des Jus-Ordinarius an der Universität Wien Ernst Schönbauer, der als einziges Mitglied seiner
Fakultät nicht der VF angehörte, aber bloß (trotz Wahl im Mai 1934) nicht als Dekan bestätigt wurde : Jo-
hannes Kalwoda, Ernst Schönbauer (1885–1966). Biographie zwischen Nationalsozialismus und Wiener
Fakultätstradition, in : Beiträge zur Rechtsgeschichte 2,2 (2012) 282–316, hier 290f.
274 Dieses wurde vom Ständestaat auch sonst dazu verwendet, um „politisch und weltanschaulich unliebsame
Persönlichkeiten zu entlassen oder in den vorzeitigen Ruhestand zu versetzen“, wie eben etwa solche, die just
wie Helbok einen Beitritt zur VF ablehnten : Brigitte LichtenBerger-Fenz, Österreichs Universitäten
1930 bis 1945, in : Kontinuität und Bruch 1938–1945–1955. Beiträge zur österreichischen Kultur- und Wis-
senschaftsgeschichte, hg. v. Friedrich Stadler (Wien/München 1988) 69–82, hier 72 ; Dies., Österreichs
Universitäten und Hochschulen – Opfer oder Wegbereiter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft ? (Am
Beispiel der Universität Wien), in : Willfährige Wissenschaft. Die Universität Wien 1938–1945, hg. v. Ger-
not Heiss, Siegfried Mattl, Sebastian Meissl, Edith Saurer, Karl Stuhlpfarrer (Österreichische Texte
zur Gesellschaftskritik 43, Wien 1989) 3–15, hier 10 ; vgl. auch Kolář, Geschichtswissenschaft in Zentral-
europa 2 (wie Anm. 203) 270f.; Marina Fischer-Kowalski, Zur Entwicklung von Universität und Gesell-
schaft in Österreich, in : Das politische System Österreichs, hg. v. Heinz Fischer (Wien/München/Zürich
31982) 571–624, hier 583 : „[…] nachdem es schon vorher unter dem Titel der wirtschaftlichen Notsituation
zu vorzeitigen Pensionierungen und ähnlichem gekommen war, diente 1933 nun vollends das sogenannte
Beamten-Abbaugesetz dazu, politisch und weltanschaulich unliebsame Persönlichkeiten loszuwerden“.
275 UAI, PA AH, Stellungnahme zu den Vorhaltungen nennt als Begründung das Ersparungsgesetz von 1932 ;
Ludwig, Adolf Helbok […] und die „Gleichschaltung“ (Bibl.) 89 Anm. 12 ; vgl. auch UA Leipzig, PA 561,
fol. 9f., wo als Begründung für seine Enthebung allerdings ausdrücklich seine[r]nationalsozialistische[n] Gesin-
nung angegeben wird.
276 Die Einschätzung, dass Helbok einen unversorgten Ruhestand verdiene, stammte letztlich vom damaligen
„Sachwalter der Universität“ und Vertrauensmann Schuschniggs Oswald Peterlunger, vgl. Michael Gehler,
Studenten und Politik. Der Kampf um die Vorherrschaft an der Universität Innsbruck 1918–1938 (Innsbru-
cker Forschungen zur Zeitgeschichte 6, Innsbruck 1990) 323.
277 BAB, R 4901/13266 ; Peter Goller, Faschistischer Wissenschaftsnachwuchs. Geisteswissenschaftliche Beru-
fungen und Habilitationen an der Univresität Innsbruck in den NS-Jahren 1938–1945, in : Gegen üble Tra-
dition, für revolutionär Neues. FS für Gerhard Oberkofler, hg. v. Hans Mikosch, Anja OBerkofler (Inns-
bruck/Wien/Bozen 2012) 25–42, hier 29 ; Goller, OBerkofler, Universität Innsbruck (Bibl.) 72 ; Peter
Goller, Georg Tidl, „Jubel ohne Ende… !“ Die Universität Innsbruck im März 1938. Zur Nazifizierung
der Tiroler Landesuniversität (Wien 2012) 174 ; Art. „Helbok, Adolf“, in : Kiefer, Bio-Bibliographisches
Handbuch (Bibl.) 257 ; Ludwig, Adolf Helbok […] und die „Gleichschaltung“ (Bibl.) 83 ; Ludwig, Volks-
tumshistoriker (Bibl.) 473 ; OBerkofler, In memoriam (Bibl.) 148 ; Ders., Die geschichtlichen Fächer
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Österreichische Historiker
Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Band 3
- Titel
- Österreichische Historiker
- Untertitel
- Lebensläufe und Karrieren 1900–1945
- Band
- 3
- Autor
- Karel Hruza
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20801-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 630
- Schlagwörter
- Lebensläufe, Werke und gesellschaftliches Wirken österreichischer Historikerinnen und Historiker, Geschichtsforschung
- Kategorie
- Biographien
Inhaltsverzeichnis
- Österreichische Historiker 1900–1945. Einleitung und Kommentar zum dritten Band 9
- Oswald Redlich (1858–1944). Historiker über oder zwischen den Parteien ? 29
- Ludo Moritz Hartmann (1865–1924). Geschichtsschreibung im Lichte der frühen Sozialdemokratie Österreichs 67
- Hermann Wopfner (1876–1963). Der „treueste Sohn Tirols“ 97
- Hugo Hassinger (1877–1952). Volkstumsforscher, Raumplaner, Kartograph und Historiker 123
- Hans Uebersberger (1877–1962). Eine Gratwanderung : (S)eine Karriere im Fokus privater und öffentlich-beruflicher Spannungen 157
- Adolf Helbok (1883–1968). „Ich war ein Stürmer und Dränger“ 185
- Camillo Praschniker (1884–1949). Wiedergewinnung aus der Zerstörung 313
- Balduin Saria (1893–1974). „Ein deutschsprachiger Sohn der Untersteiermark“ 379
- Erna Patzelt (1894–1987) und Lucie Varga (1904–1941). Leben zwischen Kontinuität und Diskontinuität 405
- Otto Brunner (1898–1982). „Nicht der Staat, nicht die Kultur sind uns heute Gegenstand der Geschichte sondern Volk und Reich.“ 439
- Richard Wolfram (1901–1995). „Wir haben einen Stern, dem wir gefolgt sind“ 479
- Taras (von) Borodajkewycz (1902–1984). Zwischen Katholizismus und Nationalsozialismus : Der Versuch, das Unvereinbare zu verbinden 527
- Abkürzungsverzeichnis 607
- Abbildungsnachweis 610
- Personenregister 611
- Autorinnen und Autoren 625