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Adolf Helbok (1883–1968) 233
Wartegeld beurlaubt278, welches er vom 1. Juni 1934 bis Ende Juni 1935, also gleichzeitig
mit seinem mittlerweile in Deutschland erworbenen Einkommen, beziehen konnte279.
Die wirkliche Ursache der Entlassung ist immerhin doch in zwei amtlichen Schriftstücken
angedeutet. In einem Schreiben der Landeshauptmannschaft Tirol an das Bundeskanz-
leramt bezüglich Helboks Ansuchen um Beibehaltung der österreichischen Staatsbürger-
schaft vom 6. Juni 1935280 heißt es : Ich beabsichtige, das vorliegende Ansuchen mit Rücksicht
auf die Ursachen, die zu seiner Beurlaubung gegen Wartegeld geführt haben, abzuweisen, und
in einem Aktenstück aus dem Jahr 1948 liest man, dass die Beibehaltung der österreichi-
schen Staatsbürgerschaft von der Landeshauptmannschaft für Tirol nach eingeholter Weisung
des B[undes-]K[anzler-]A[mts] abgelehnt [worden sei], da er durch sein Verhalten keine Be-
weise besonderer Heimatverbundenheit gezeigt hat281. Tatsächlich war Minister Schuschnigg
sogar über die Helbokschen Hakenkreuze am „Christ“baum bestens informiert282.
Die Semesterferien nach der vorübergehenden Verhaftung verbrachten die Helboks
in Eppan südlich von Bozen. „Gegen Ende des Aufenthaltes an einem Vormittag […]
brachte meine Frau die Post, die unter anderem zwei eingeschriebene Briefe enthielt. Der
eine war vom Dekan meiner Innsbrucker Fakultät, der mir mitteilte, daß der damalige
Unterrichtsminister Dr. von Schuschnigg mit Erlaß vom 28. März meine Enthebung in
Aussicht genommen hätte.
[5.]
Der andere [Brief] war vom deutschen Generalkonsul, Geheimrat Saller, in Innsbruck,
der mir eröffnete, daß der preußische Minister für Wissenschaft, Erziehung und Volks-
bildung mich mit Entschließung vom 28. März (!) über Antrag der Philosophischen Fa-
kultät der Universität dorthin berufe und mich einlud, zu Verhandlungen nach Berlin zu
erscheinen.“283 Was ihm in Wirklichkeit offeriert wurde, war freilich nur eine Gastprofes-
(wie Anm. 26) 150 ; vgl. auch die Schilderungen Helboks selbst UAI, PA AH, Entgegnung, undatiert [Ende
1935], 3 ; UA Leipzig, PA 561, fol. 94, 132 und unten S. 286.
278 Bis Ende Mai 1934 bezog er noch sein volles Gehalt : AdR, BPA 83, 2057.
279 AdR, PA AH, fol. 50–56, 62–65, 70–73, 74–82, vgl. BPA 83, 2057 ; vgl. UAI, PA AH, Bescheid der Ti-
roler Landesregierung vom 30.09.1949, wo als rechtliche Grundlage ebenfalls § 1 des Bundesgesetzes vom
18.8.1932, BGBl. Nr. 247, in der Fassung der Verordnung der Bundesregierung vom 15.12.1933, BGBl. Nr. 556
angegeben wird, das letztendlich auf der Abbauverordnung BGBl. 1931, Nr. 380 vom 16.12.1931 basiert ;
vgl. auch oben Anm. 274.
280 AdR, PA AH, fol. 67.
281 Ebd. fol. 87.
282 KleBelsBerg, Innsbrucker Erinnerungen 1902–1952 (wie Anm. 229) 66.
283 HelBok, Erinnerungen (Bibl.) 96f.; vgl. Ludwig, Adolf Helbok […] und die „Gleichschaltung“ (Bibl.) 83 ;
Österreichische Historiker
Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Band 3
- Titel
- Österreichische Historiker
- Untertitel
- Lebensläufe und Karrieren 1900–1945
- Band
- 3
- Autor
- Karel Hruza
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20801-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 630
- Schlagwörter
- Lebensläufe, Werke und gesellschaftliches Wirken österreichischer Historikerinnen und Historiker, Geschichtsforschung
- Kategorie
- Biographien
Inhaltsverzeichnis
- Österreichische Historiker 1900–1945. Einleitung und Kommentar zum dritten Band 9
- Oswald Redlich (1858–1944). Historiker über oder zwischen den Parteien ? 29
- Ludo Moritz Hartmann (1865–1924). Geschichtsschreibung im Lichte der frühen Sozialdemokratie Österreichs 67
- Hermann Wopfner (1876–1963). Der „treueste Sohn Tirols“ 97
- Hugo Hassinger (1877–1952). Volkstumsforscher, Raumplaner, Kartograph und Historiker 123
- Hans Uebersberger (1877–1962). Eine Gratwanderung : (S)eine Karriere im Fokus privater und öffentlich-beruflicher Spannungen 157
- Adolf Helbok (1883–1968). „Ich war ein Stürmer und Dränger“ 185
- Camillo Praschniker (1884–1949). Wiedergewinnung aus der Zerstörung 313
- Balduin Saria (1893–1974). „Ein deutschsprachiger Sohn der Untersteiermark“ 379
- Erna Patzelt (1894–1987) und Lucie Varga (1904–1941). Leben zwischen Kontinuität und Diskontinuität 405
- Otto Brunner (1898–1982). „Nicht der Staat, nicht die Kultur sind uns heute Gegenstand der Geschichte sondern Volk und Reich.“ 439
- Richard Wolfram (1901–1995). „Wir haben einen Stern, dem wir gefolgt sind“ 479
- Taras (von) Borodajkewycz (1902–1984). Zwischen Katholizismus und Nationalsozialismus : Der Versuch, das Unvereinbare zu verbinden 527
- Abkürzungsverzeichnis 607
- Abbildungsnachweis 610
- Personenregister 611
- Autorinnen und Autoren 625