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Österreichische Historiker - Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Band 3
Seite - 264 -
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Seite - 264 - in Österreichische Historiker - Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Band 3

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264 Martina Pesditschek Im August 1937 nahm Helbok als Leiter der deutschen Delegation460 am ersten „Congrès International de Folklore“ in Paris teil ; bei diesem Anlass wurde er nicht nur in die allge- meine, sondern auch in die ständige Leitung des „Congrès International de Folklore“ (CIFL) sowie in weitere einschlägige internationale Ämter gewählt461. Seine Eröffnungsansprache462 war für seine Verhältnisse in der Tat recht diplomatisch ausgefallen463. Helbok berichtete Raum während des 13. und 14. Jh.s „steigt die Lebenskraft der Totscheinenden“ (gemeint sind die entspre- chenden slawischen Völker) „überraschend empor und begräbt fast alles andere unter sich. Es scheint, daß hier das biologische Gesetz der Reaktion gilt, genau so, wie in der Wundbehandlung der Chirurgie oder in der in- ternen Medizin. Über dieses natürlich in allem Leben geltende Gesetz hinaus ist aber noch etwas zu beachten. Deutsche und Slawen sind Indogermanen. Je mehr sich diese Völker ausprägen, um so ferner werden sie sich.“ 460 In den Akten des Kongresses wird er als „Chef de la Délégation officielle allemande“ geführt ; Travaux du 1er Congrès international de folklore. Tenu à Paris, du 23 au 28 Août 1937 à l’École du Louvre (Tours 1938) 15. 461 Ausführlich Barbara Henkes, Björn Rzoska, Volkskunde und ‚Volkstumspolitik‘ der SS in den Niederlan- den. Hans Ernst Schneider und seine ‚großgermanischen‘ Ambitionen für den niederländischen Raum, in : Griff nach dem Westen (wie Anm. 265) 291–326, hier 296–298. Vgl. HelBok, Erinnerungen (Bibl.) 147f.; BAB, R 73, 11576 : Brief Sylvia Sterner-Rainers an Frau Dr. Heim, Deutsch-Österreichische Wissenschafts- hilfe, vom 24.08.1937 ; UAI, PA AH, Meine internationalen Ämter. 462 Adolf HelBok, Ansprache Prof. Helbok, in : Travaux du 1er Congrès international de folklore. Tenu à Paris, du 23 au 28 Août 1937 à l’École du Louvre (Tours 1938) 27–33 ; daneben hielt er auch noch einen weiteren Kongressvortrag : Ders., Siedlungsgeschichte und Hausforschung als Grundlage der Volksforschung und Volkspflege, in : Travaux du 1er Congrès international de folklore. Tenu à Paris, du 23 au 28 Août 1937 à l’École du Louvre (Tours 1938) 55–62. Vgl. auch Ders., Erinnerungen (Bibl.) 143f.; Ders., Zur Methodik der Volkscharakterkunde, in : Beiträge zur Volkskunde Tirols. FS zu Ehren Hermann Wopfners. Geleitet von Karl Ilg, 2. Teil (Schlern-Schriften hg. v. R. v. Klebelsberg 53, Innsbruck 1948) 101–118, hier 102 ; Barbara Henkes, Björn Rzoska, „Das Volk wurde neu entdeckt !“ Volkskunde und die ‚großgermanische‘ Kulturpolitik in Flandern (1934–1944), in : Griff nach dem Westen (wie Anm. 265) 447–472, hier 456f.; Schmoll, Vermessung (Bibl.) 156–160, mit ausführlicher Darstellung von Helboks Bericht über diesen Kongreß ; Catherine Velay Vallantin, Le Congrès International de folklore de 1937, in : Annales. Histoire, Sciences Sociales. 54e année, N. 2 (Mar.–Apr. 1999) 481–506, zu Helbok 499. 463 So fordert Helbok wieder einmal auf, „jedes Volk gleichsam als die Inkarnation einer anderen Idee Gottes ansehen“ zu lernen, und es ist gar von einer „Pflicht“ die Rede, „unseren Völkern den Garten Eden zu er- schliessen“ (was kein skeptischer Konservativer je in den Mund nehmen wollte). Wenn Henkes, Rzoska, „Das Volk wurde neu entdeckt !“ (wie Anm. 462) 456f., über diese Ansprache Helboks schreiben : „Helbok widersetzte sich implizit der Rassenmischung, indem er darauf verwies, daß ein Volk seinem eigenen Blut und Gut treu bleiben müsse. Blut und physische Eigenschaften waren Helbok zufolge eine Mitgift der gött- lichen Schöpfung ; es konnte dann auch nur Gottes Wille sein, daß jedes Volk seiner ursprünglichen Art treu blieb bzw. sich der vom Schöpfer gewollten natürlichen Ordnung menschlichen Zusammenlebens fügte. In diesen Gedankengang verpackte der Leiter der deutschen Delegation seinen Antisemitismus. Denn wurde nicht gerade das jüdische Volk von den Nationalsozialisten als Bedrohung der deutschen oder – weiter gefaßt – germanischen Art betrachtet ? Nicht zuletzt deshalb meinte Helbok, daß Volkskundler die Pflicht hätten, ihrem Volk klarzumachen, wie es getreu der eigenen Art zu leben habe“, so ist dazu zu sagen, dass Helbok in Ermangelung einer antisemitischen Obsession in Paris sicher nur daran gedacht haben wird, den „Volksge- nossen“ in Elsass-Lothringen eine fortgesetzte Assimilierung zu ersparen, genau so, wie er es in seinen „Erin- nerungen“ (Bibl.) 144 geschrieben hat. Open Access © 2019 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN KÖLN WEIMAR
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Österreichische Historiker Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Band 3
Titel
Österreichische Historiker
Untertitel
Lebensläufe und Karrieren 1900–1945
Band
3
Autor
Karel Hruza
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2019
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20801-3
Abmessungen
17.0 x 24.0 cm
Seiten
630
Schlagwörter
Lebensläufe, Werke und gesellschaftliches Wirken österreichischer Historikerinnen und Historiker, Geschichtsforschung
Kategorie
Biographien

Inhaltsverzeichnis

  1. Österreichische Historiker 1900–1945. Einleitung und Kommentar zum dritten Band 9
  2. Oswald Redlich (1858–1944). Historiker über oder zwischen den Parteien ? 29
  3. Ludo Moritz Hartmann (1865–1924). Geschichtsschreibung im Lichte der frühen Sozialdemokratie Österreichs 67
  4. Hermann Wopfner (1876–1963). Der „treueste Sohn Tirols“ 97
  5. Hugo Hassinger (1877–1952). Volkstumsforscher, Raumplaner, Kartograph und Historiker 123
  6. Hans Uebersberger (1877–1962). Eine Gratwanderung : (S)eine Karriere im Fokus privater und öffentlich-beruflicher Spannungen 157
  7. Adolf Helbok (1883–1968). „Ich war ein Stürmer und Dränger“ 185
  8. Camillo Praschniker (1884–1949). Wiedergewinnung aus der Zerstörung 313
  9. Balduin Saria (1893–1974). „Ein deutschsprachiger Sohn der Untersteiermark“ 379
  10. Erna Patzelt (1894–1987) und Lucie Varga (1904–1941). Leben zwischen Kontinuität und Diskontinuität 405
  11. Otto Brunner (1898–1982). „Nicht der Staat, nicht die Kultur sind uns heute Gegenstand der Geschichte sondern Volk und Reich.“ 439
  12. Richard Wolfram (1901–1995). „Wir haben einen Stern, dem wir gefolgt sind“ 479
  13. Taras (von) Borodajkewycz (1902–1984). Zwischen Katholizismus und Nationalsozialismus : Der Versuch, das Unvereinbare zu verbinden 527
  14. Abkürzungsverzeichnis 607
  15. Abbildungsnachweis 610
  16. Personenregister 611
  17. Autorinnen und Autoren 625
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