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Adolf Helbok (1883–1968) 281
sondern ein eigenständiges Volk seien : „Wenige Völker in Mitteleuropa hatten in den
letzten Jahrhunderten mehr oder gleich viel bedeutende Köpfe hervorgebracht wie das
österreichische. Vor allem wohnte ihm als einzigem eine Ganzheit der Begabung inne, wie
sie keinem Stamm, sondern nur Völkern eignet. […] Während einzelne Stämme immer
nur diese oder jene Begabungsform als herrschend erkennen lassen und damit ihr physi-
ognomisches Antlitz gezeichnet ist […], tritt der Österreicher mit allen musischen und
verstandesmäßigen Begabungen hervor“, und diese Exzellenz wird just auch noch mit
der einstigen Völkermischung in der Habsburger-Monarchie begründet : „Besonders viel
haben wir auch dem Umstand zu verdanken, daß die Donaumonarchie und besonders die
Reichshauptstadt Wien durch Jahrhunderte die besten Auslesevarianten von allen Nach-
barn ansaugen konnte, aus dem slawischen und madjarischen Volkskörper ebenso wie aus
dem italienischen und deutschen559. Wir sind also durch unsere Vergangenheit mit einem
hohen Erbgut ausgestattet. Und dies verpflichtet !“ Verständlicherweise ist dann dieser
Aufsatz auch in der katholischen Zeitschrift „Universitas“560 mit großem Wohlwollen auf-
genommen worden561.
Im Frühjahr desselben Jahres trug sich Helbok auch schon wieder mit einem Projekt,
er trat an die Philosophisch-Historische Klasse der ÖAW mit der Bitte um ein Protektorat
für einen österreichischen Volkskundeatlas heran. Allerdings beschloss die Klasse zu An-
fang Juni, den Volkskundeatlas vorläufig nicht in den Bereich ihrer Unternehmungen einzube-
ziehen562. Begann der Juni 1947 für Helbok schlecht, so nahm der August desselben Jahres
einen für Helbok geradezu katastrophalen Anfang : „Helboks Versetzung in den Ruhe-
559 In HelBok, Erinnerungen (Bibl.) 221 wird dann freilich der Schwerpunkt deutlich auf die deutsche Zuwan-
derung gelegt : „Da wanderten viele gute Kräfte, frische und gesunde Tatmenschen aus weiten deutschen[,]
aber auch fremden Landen […] heran. […] Auffallend ist dabei der starke Zulauf des deutschen Handwer-
kertums gerade aus den typischen Handwerkerlandschaften West- und Süddeutschlands sowie Flanderns.“
Was den „slawischen Volkskörper“ anlangt, so setzte laut den „Erinnerungen“ just der Beginn „des Überwu-
cherns der Slawen“ dem „glückhafte[n] Vorgang des Aufstiegs“ ein Ende. Vgl. auch Ders., Deutsche Volks-
geschichte 1 (wie Anm. 32) 422 Anm. 8 : „Der Zustrom der Auslesevarianten in den Tagen der Monarchie
war ein bedeutender und reichte bis 1866 aus dem Reiche, weniger aus den nichtdeutschen Nachbarvölkern.
Jetzt kam auch ein wachsender Zustrom aus den unteren Schichten, vor allem der Tschechen und Magyaren.
Sie hatten aber einen geringen Anteil an der Kulturgestaltung“ ; vgl. auch Ders., Deutsche Volksgeschichte 2
(wie Anm. 32) 332–337.
560 Jg. 2, H. 5 (Mai 1947) 596.
561 Es folgten von „Candaries“ in Berichte und Informationen des Österreichischen Forschungsinstituts für
Wirtschaft und Politik dann noch : Die Vorarlberger Volksbegabung, in : 4. Jg., H. Nr. 165 (22. Juli 1949)
13 (3033) ; Genialentypen in Kärnten. Große Organisatoren in einem alten Verkehrsraum, in : 5. Jg., H. Nr.
212 (11. August 1950) 12f. (2928f.) ; Genialenkunde der Steiermark. Wie sich die Begabungen verteilen, in :
5. Jg., H. Nr. 220 (6. Oktober 1950) 12f. (3068f.) ; Genialentypen in Tirol, in : 6. Jg., H. Nr. 250 (4. Mai
1951) 14f. (3634f.).
562 AÖAW, Protokoll der Sitzung der phil.-hist. Kl. (11.06.1947) C 2722.
Österreichische Historiker
Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Band 3
- Titel
- Österreichische Historiker
- Untertitel
- Lebensläufe und Karrieren 1900–1945
- Band
- 3
- Autor
- Karel Hruza
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20801-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 630
- Schlagwörter
- Lebensläufe, Werke und gesellschaftliches Wirken österreichischer Historikerinnen und Historiker, Geschichtsforschung
- Kategorie
- Biographien
Inhaltsverzeichnis
- Österreichische Historiker 1900–1945. Einleitung und Kommentar zum dritten Band 9
- Oswald Redlich (1858–1944). Historiker über oder zwischen den Parteien ? 29
- Ludo Moritz Hartmann (1865–1924). Geschichtsschreibung im Lichte der frühen Sozialdemokratie Österreichs 67
- Hermann Wopfner (1876–1963). Der „treueste Sohn Tirols“ 97
- Hugo Hassinger (1877–1952). Volkstumsforscher, Raumplaner, Kartograph und Historiker 123
- Hans Uebersberger (1877–1962). Eine Gratwanderung : (S)eine Karriere im Fokus privater und öffentlich-beruflicher Spannungen 157
- Adolf Helbok (1883–1968). „Ich war ein Stürmer und Dränger“ 185
- Camillo Praschniker (1884–1949). Wiedergewinnung aus der Zerstörung 313
- Balduin Saria (1893–1974). „Ein deutschsprachiger Sohn der Untersteiermark“ 379
- Erna Patzelt (1894–1987) und Lucie Varga (1904–1941). Leben zwischen Kontinuität und Diskontinuität 405
- Otto Brunner (1898–1982). „Nicht der Staat, nicht die Kultur sind uns heute Gegenstand der Geschichte sondern Volk und Reich.“ 439
- Richard Wolfram (1901–1995). „Wir haben einen Stern, dem wir gefolgt sind“ 479
- Taras (von) Borodajkewycz (1902–1984). Zwischen Katholizismus und Nationalsozialismus : Der Versuch, das Unvereinbare zu verbinden 527
- Abkürzungsverzeichnis 607
- Abbildungsnachweis 610
- Personenregister 611
- Autorinnen und Autoren 625