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Camillo Praschniker (1884–1949) 345
das Bemühen der Fakultät, Praschniker zuerst als Extraordinarius, dann als Ordinarius nach
Wien zu verpflichten – zeigt, war Praschniker innerhalb der Philosophischen Fakultät der
Universität Wien gut vernetzt.
Als ÖAI-Direktor wandte sich Praschniker nun – gemeinsam mit Egger – verstärkt auch
der Inlandsforschung zu und beschäftigte sich mit provinzialrömischen Skulpturen, so
zum Beispiel mit der Rekonstruktion der kapitolinischen Trias von Scarbantia (Ödenburg/
Sopron)181. Die Fragmente waren 1893 und 1894 beim Fundamentaushub für das Rathaus
gefunden worden und lagen teils im Garten, teils im Wirtschaftshof des Museums. Prasch-
niker führte die Aufnahme dieser Skulpturenfragmente im Frühjahr 1935 mit Hilfe von vier
Mitgliedern des Archäologisch-Epigraphischen Seminars durch (Abb. 17)182. Seine Mitarbei-
terinnen und Mitarbeiter waren Hedwig Kenner183, Anton Raubitschek184, Hans Deringer185
181 Camillo Praschniker, Die kapitolinische Trias von Ödenburg-Sopron, in : ÖJh 30 (1937) 111–134 ; Ca-
millo Praschniker, Die Kolossalgruppe der kapitolinischen Trias in Sopron, in : Oedenburger Zeitung
1937, Nr. 292 (25.12.1937). Unterlagen und Fotos dazu im AÖAI, NL Praschniker, K. V.
182 Praschniker, Trias (wie Anm. 181) 111, Anm. 1. Außer Josefa Spitzer, die 1937 bei Praschniker disser-
tierte, hatten alle ihr Studium bereits abgeschlossen.
183 Kenner (1910–1993) studierte in Wien Klassische Archäologie und Klassische Philologie unter anderen bei
Reisch. Sie promovierte 1934 bei Praschniker und Julius von Schlosser (UAW, phil. RA 12.096). 1936 wurde
sie Assistentin an der archäologischen Lehrkanzel und habilitierte sich 1942. Hermann Vetters, Hedwig
Kenner, in : Almanach der ÖAW 143 (1992/93) 481–487 ; Jürgen Borchhardt, Hedwig Kenner †, in :
Gnomon 66 (1994) 284–286 ; Gudrun Wlach, Klassische Archäologie in politischen Umbruchzeiten. Wien
1938–1945, in : Geisteswissenschaften im Nationalsozialismus, hg. Ash u. a. (wie Anm. 163) 343–370, hier
347–349. Siehe auch unten Kap. 7.
184 Raubitschek (1912–1999) studierte in Wien Klassische Philologie und Archäologie, v.a. als Schüler des Epi-
graphikers Adolf Wilhelm. Während des Studiums absolvierte er 1934–35 einen Athenaufenthalt, bei dem
er Inschriften auf der Akropolis bearbeitete. Er dissertierte 1935 bei Johannes Mewaldt und Karl Mras zu
einem lateinischen Thema : Epikureische Untersuchungen. Raubitschek stammte aus einer konvertierten jü-
dischen Familie. Im seinem Lebenslauf 1935 im Rigorosenakt gab er als Bekenntnis evang. AB an (UAW,
phil. RA 12.594). 1938, nach dem „Anschluss“ Österreichs an das Deutsche Reich, folgte Raubitschek ei-
ner Einladung des amerikanischen Epigraphikers Benjamin Meritt, der die Inschriften aus den amerikani-
schen Ausgrabungen an der Athener Agora herausgab, nach Princeton an das Institute for Advanced Study.
1985 verbrachte er ein Gastsemester an der Universität Wien. 1936 dürfte Praschniker ein Stipendium für
Raubitschek unterstützt haben, das ihm einen weiteren Athen-Aufenthalt ermöglichte (AÖAI, Personalia
Raubitschek : handschriftlicher Entwurf Praschniker für die Zuerkennung eines „Grafenegg“-Stipendiums,
12.12.1936). Praschniker führte seine Unterstützung für Raubitschek nach 1945 als Beleg seiner Hilfe für
jüdische Kollegen an : UAW, PA Praschniker 2933, fol. 152f. Siehe unten Kap. 7. Zu Anton Raubitschek :
Peter Siewert, Anthony E. Raubitschek †, in : Tyche 14 (1999) 1f.; Cornelia Wegeler, „… wir sagen ab der
internationalen Gelehrtenrepublik“. Altertumswissenschaft und Nationalsozialismus. Das Göttinger Institut
für Altertumskunde 1921–1962 (Wien/Köln/Weimar 1996) 382.
185 Deringer (1912–1967) dissertierte 1936 bei Egger und Hans Hirsch über „Die römische Reichsstraße Aqui-
leia – Lauriacum“ (UAW, phil. RA 13.212). Nach dem Zweiten Weltkrieg war er im Bundesgymnasium Steyr
als Lehrer und in Enns als Mitarbeiter des Museums tätig. Siehe Hermann Vetters, Dr. Hans Deringer
Österreichische Historiker
Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Band 3
- Titel
- Österreichische Historiker
- Untertitel
- Lebensläufe und Karrieren 1900–1945
- Band
- 3
- Autor
- Karel Hruza
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20801-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 630
- Schlagwörter
- Lebensläufe, Werke und gesellschaftliches Wirken österreichischer Historikerinnen und Historiker, Geschichtsforschung
- Kategorie
- Biographien
Inhaltsverzeichnis
- Österreichische Historiker 1900–1945. Einleitung und Kommentar zum dritten Band 9
- Oswald Redlich (1858–1944). Historiker über oder zwischen den Parteien ? 29
- Ludo Moritz Hartmann (1865–1924). Geschichtsschreibung im Lichte der frühen Sozialdemokratie Österreichs 67
- Hermann Wopfner (1876–1963). Der „treueste Sohn Tirols“ 97
- Hugo Hassinger (1877–1952). Volkstumsforscher, Raumplaner, Kartograph und Historiker 123
- Hans Uebersberger (1877–1962). Eine Gratwanderung : (S)eine Karriere im Fokus privater und öffentlich-beruflicher Spannungen 157
- Adolf Helbok (1883–1968). „Ich war ein Stürmer und Dränger“ 185
- Camillo Praschniker (1884–1949). Wiedergewinnung aus der Zerstörung 313
- Balduin Saria (1893–1974). „Ein deutschsprachiger Sohn der Untersteiermark“ 379
- Erna Patzelt (1894–1987) und Lucie Varga (1904–1941). Leben zwischen Kontinuität und Diskontinuität 405
- Otto Brunner (1898–1982). „Nicht der Staat, nicht die Kultur sind uns heute Gegenstand der Geschichte sondern Volk und Reich.“ 439
- Richard Wolfram (1901–1995). „Wir haben einen Stern, dem wir gefolgt sind“ 479
- Taras (von) Borodajkewycz (1902–1984). Zwischen Katholizismus und Nationalsozialismus : Der Versuch, das Unvereinbare zu verbinden 527
- Abkürzungsverzeichnis 607
- Abbildungsnachweis 610
- Personenregister 611
- Autorinnen und Autoren 625