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346 Gudrun Wlach
und Josefa Spitzer186. Basierend auf Praschnikers Rekonstruktionszeichnungen wurden die
drei Sitzstatuen im Museum ergänzt und wieder zusammengesetzt, wobei die Statue des Ju-
piter wegen der zu geringen Raumhöhe mit verkürzten Beinen rekonstruiert werden musste.
Praschniker bearbeitete auch die Skulpturen des so genannten Bäderbezirks von Vi-
runum, mit denen sich davor Reisch beschäftigt, zu Praschnikers großem Bedauern al-
lerdings keine Vorarbeiten hinterlassen hatte187. Die Statuen stammen aus den Ausgra-
bungen von Eduard Nowotny188, die dieser in den Jahren 1899 bis 1908 im Auftrag des
Kärntner Geschichtsvereins durchgeführt hatte. Praschniker hoffte, Aufschlüsse über die
Arbeitsweise eines antiken Bildhauerateliers zu gewinnen und beschloss nach dem Tod
Reischs, die Bearbeitung dieser Skulpturen zu übernehmen. Sein Interesse galt hauptsäch-
lich den technisch-künstlerischen Fragen bezüglich der Skulpturen, die sich zum Groß-
teil im Landesmuseum in Klagenfurt befinden. Hedwig Kenner bearbeitete in diesem
Projekt die Kleinfunde und die Wandmalerei, die Publikation erschien aber erst 1947189.
Insgesamt handelte es sich bei Praschnikers Bearbeitungen antiker Skulpturen aus dem
provinzialrömischen Bereich also meist um die Bearbeitung von Fragmenten in Museen
oder Depots, die er zu rekonstruieren versuchte bzw. um das „Abtragen alter Publikati-
onsdesiderata“.
Als Vorstand der Archäologischen Sammlung der Universität Wien190 und als Univer-
sitätslehrer war Praschniker die Sammlung der Gipsabgüsse ein besonderes Anliegen, wie
dies auch schon in Prag der Fall gewesen war. Auch in Wien hatte er mit der geringen
Wertschätzung für die Gipsmuseen sowie mit Platzmangel und geplanten Zwischenla-
(Nachruf), in : Jb. des oberösterreichischen Musealvereines 113 (1968) 7f.
186 Spitzer, geb. am 24.09.1914 in Pressburg/Bratislava, stammte aus einer jüdischen Fabrikantenfamilie. Im ihrem
Lebenslauf 1937 gab sie als Religionszugehörigkeit israelitisch an (UAW, phil. RA 13.420). Nach dem „Anschluss“
konnte sie zusammen mit ihrem Bruder Alexander, der damals Chemie an der Universität Wien studierte (siehe
Gedenkbuch für die Opfer des Nationalsozialismus an der Universität Wien 1938 : Alexander Spitzer, geb. am
26.05.1918 : http://gedenkbuch.univie.ac.at/ [letzter Zugriff 04.04.2016]) in die Tschechoslowakei auswandern.
1939 emigrierten die Geschwister nach England, sie waren die einzigen der Familie, die den Holocaust überleb-
ten. Siehe http://www.juedischegemeinde.at/Familien/Spitzer.htm [letzter Zugriff 04.04.2016].
187 Camillo Praschniker, Hedwig Kenner, Der Bäderbezirk von Virunum (Wien 1947) 6 : „Denn in seinem
Nachlaß fand sich nicht eine einzige auf dieses Thema bezügliche Notiz, geschweige denn ein Manuskript.“
188 Zu Nowotny (1862–1935) : Rudolf Egger, Eduard Nowotny, in : Carinthia I 126 (1936) 171 ; Brückler,
Nimeth, Personenlexikon (wie Anm. 21) 191.
189 Praschniker, Kenner, Bäderbezirk (wie Anm. 187) ; Camillo Praschniker, Der Meister von Virunum,
in : Carinthia I 140 (1950) 3–23.
190 Zur Archäologischen Sammlung der Universität Wien : Friedrich Brein, Die Geschichte der Archäologi-
schen Sammlung der Universität Wien, in : Forum Archaeologiae – Zeitschrift für klassische Archäologie 1/
XI/96, http://farchnet ; Szemethy, Archäologische Sammlung (wie Anm. 80) ; Marion Meyer, Die Archäo-
logische Sammlung des Instituts für Klassische Archäologie der Universität Wien – Aufgaben, Probleme,
Perspektiven, in : Archäologische Universitätsmuseen (wie Anm. 80) 519–527.
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Österreichische Historiker
Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Band 3
- Titel
- Österreichische Historiker
- Untertitel
- Lebensläufe und Karrieren 1900–1945
- Band
- 3
- Autor
- Karel Hruza
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20801-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 630
- Schlagwörter
- Lebensläufe, Werke und gesellschaftliches Wirken österreichischer Historikerinnen und Historiker, Geschichtsforschung
- Kategorie
- Biographien
Inhaltsverzeichnis
- Österreichische Historiker 1900–1945. Einleitung und Kommentar zum dritten Band 9
- Oswald Redlich (1858–1944). Historiker über oder zwischen den Parteien ? 29
- Ludo Moritz Hartmann (1865–1924). Geschichtsschreibung im Lichte der frühen Sozialdemokratie Österreichs 67
- Hermann Wopfner (1876–1963). Der „treueste Sohn Tirols“ 97
- Hugo Hassinger (1877–1952). Volkstumsforscher, Raumplaner, Kartograph und Historiker 123
- Hans Uebersberger (1877–1962). Eine Gratwanderung : (S)eine Karriere im Fokus privater und öffentlich-beruflicher Spannungen 157
- Adolf Helbok (1883–1968). „Ich war ein Stürmer und Dränger“ 185
- Camillo Praschniker (1884–1949). Wiedergewinnung aus der Zerstörung 313
- Balduin Saria (1893–1974). „Ein deutschsprachiger Sohn der Untersteiermark“ 379
- Erna Patzelt (1894–1987) und Lucie Varga (1904–1941). Leben zwischen Kontinuität und Diskontinuität 405
- Otto Brunner (1898–1982). „Nicht der Staat, nicht die Kultur sind uns heute Gegenstand der Geschichte sondern Volk und Reich.“ 439
- Richard Wolfram (1901–1995). „Wir haben einen Stern, dem wir gefolgt sind“ 479
- Taras (von) Borodajkewycz (1902–1984). Zwischen Katholizismus und Nationalsozialismus : Der Versuch, das Unvereinbare zu verbinden 527
- Abkürzungsverzeichnis 607
- Abbildungsnachweis 610
- Personenregister 611
- Autorinnen und Autoren 625