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360 Gudrun Wlach
sehr gut269 : In einem grundlegenden Kapitel hat sie zunächst die physischen Grundlagen eines
Profils von griechischer Bildung anhand einer eigens angefertigten Röntgenaufnahme eines
zeitgenössischen Trägers einer solchen Profilbildung festgestellt. Sie hat dann untersucht, in
welcher Rasse diese Grundlagen am ehesten gegeben sind und die nordische Rasse als solche
erwiesen. An der Hand von Skelettfunden und antiken Nachrichten untersucht sie sodann die
physische Beschaffenheit der alten Griechen, kommt auch von dieser Seite her zur Bestätigung
der nordischen Abkunft einer wesentlichen Komponente des alten Griechentums, allerdings
auch zu dem Ergebnis, dass das „griechische Profil“ auch bei diesem nur eine Ausnahmsform
gewesen sei, aus welcher sich die griechischen Künstler ein Ideal geformt haben.
6.4 Reisen, Vorträge, wissenschaftliche Arbeiten
Stärker ideologisch ausgerichtet als in wissenschaftlichen Arbeiten waren Themenstellung
und Wortwahl bei populärwissenschaftlichen archäologischen Vorträgen, bei denen eine
Orientierung an „rassisch-völkischen“ Gesichtspunkten erwartet – und der Erwartung
wohl meist auch entsprochen wurde. So sprach Praschniker zum Beispiel beim NS-Leh-
rerschulungslager in Petronell am 11. Mai 1939 über Die völkischen Grundlagen der grie-
chischen Kunst270.
Auf eine Anfrage von Konrad Vaupetitsch, ob Praschniker für den Verein der Freunde
des humanistischen Gymnasiums, Arbeitsgruppe Klagenfurt271, einen Vortrag über Sport
bei den Griechen halten könnte, schlug dieser im Mai 1942 das Thema Olympia und die
olympischen Spiele vor272. Die von Vaupetitsch erbetene Pressenotiz, die wohl von Prasch-
niker selbst verfasst worden war, interpretierte den Sport bei den Griechen stark im Sinne
des NS-Gedankenguts273 : Man hat sich früher vergeblich bemüht, die Wurzeln des agonalen
Gedankens bei irgendeinem Volk des alten Orients zu suchen. Heute wissen wir, dass ihn
die uns blutsverwandten Griechen aus ihrer nordischen Heimat als blutsmäßiges Erbe mitge-
bracht, gepflegt und mit Folgerichtigkeit entwickelt haben. So ist vieles von dem, was heute
Grundsatz nationalsozialistischer Leibeserziehung geworden ist, uraltes Gut, identisch mit je-
nem olympischen Gedanken, der einst die Seele der besten Griechen erfüllt hat. […] Im dritten
Reich hat […] genau wie bei den alten Griechen der Staat nicht nur die geistige Erziehung,
sondern auch die leibliche Ertüchtigung zur eigenen Sache gemacht, um den besten Staatsbür-
ger zu formen ; und das, weil das deutsche Volk den olympischen Gedanken am tiefsten begrif-
mancher Dissertationen an rassisch-völkischen Gesichtspunkten orientiert ist.
269 UAW, phil. RA 15.610 : Helene Steiger, Beurteilung der Dissertation durch Praschniker 07.12.1941.
270 AÖAI, Carnuntum, Zl. 383/39 :N.
271 Veranstalter waren der NSLB (Nationalsozialistischer Lehrerbund) und das Deutsche Volksbildungswerk.
272 AÖAI, Akten 1942/43, Tgb. 45/42_16-01 : Praschniker an Vaupetitsch, 04.05.1942.
273 Ebd.
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Österreichische Historiker
Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Band 3
- Titel
- Österreichische Historiker
- Untertitel
- Lebensläufe und Karrieren 1900–1945
- Band
- 3
- Autor
- Karel Hruza
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20801-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 630
- Schlagwörter
- Lebensläufe, Werke und gesellschaftliches Wirken österreichischer Historikerinnen und Historiker, Geschichtsforschung
- Kategorie
- Biographien
Inhaltsverzeichnis
- Österreichische Historiker 1900–1945. Einleitung und Kommentar zum dritten Band 9
- Oswald Redlich (1858–1944). Historiker über oder zwischen den Parteien ? 29
- Ludo Moritz Hartmann (1865–1924). Geschichtsschreibung im Lichte der frühen Sozialdemokratie Österreichs 67
- Hermann Wopfner (1876–1963). Der „treueste Sohn Tirols“ 97
- Hugo Hassinger (1877–1952). Volkstumsforscher, Raumplaner, Kartograph und Historiker 123
- Hans Uebersberger (1877–1962). Eine Gratwanderung : (S)eine Karriere im Fokus privater und öffentlich-beruflicher Spannungen 157
- Adolf Helbok (1883–1968). „Ich war ein Stürmer und Dränger“ 185
- Camillo Praschniker (1884–1949). Wiedergewinnung aus der Zerstörung 313
- Balduin Saria (1893–1974). „Ein deutschsprachiger Sohn der Untersteiermark“ 379
- Erna Patzelt (1894–1987) und Lucie Varga (1904–1941). Leben zwischen Kontinuität und Diskontinuität 405
- Otto Brunner (1898–1982). „Nicht der Staat, nicht die Kultur sind uns heute Gegenstand der Geschichte sondern Volk und Reich.“ 439
- Richard Wolfram (1901–1995). „Wir haben einen Stern, dem wir gefolgt sind“ 479
- Taras (von) Borodajkewycz (1902–1984). Zwischen Katholizismus und Nationalsozialismus : Der Versuch, das Unvereinbare zu verbinden 527
- Abkürzungsverzeichnis 607
- Abbildungsnachweis 610
- Personenregister 611
- Autorinnen und Autoren 625