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Camillo Praschniker (1884–1949) 361
fen und wiederbelebt hat. Nach dem nationalsozialistischen Rasseverständnis gehörten die
antiken Griechen und die „modernen Germanen“ derselben „arischen Rasse“ an. Antike
griechische Kunst und Körperkultur hatten besonders seit den olympischen Spielen 1936
in Berlin bei den offiziellen Stellen des NS-Staates einen hohen Stellenwert274.
Eine für 1941 von Praschniker und Egger geplante Bulgarien- und Rumänienreise im
Auftrag der Wiener Akademie der Wissenschaften, die von Schede befürwortet wurde, da
deutsch-bulgarische Gemeinschaftsgrabungen an den thrakischen Hügelgräbern geplant
waren, kam erst im April 1942 zustande. Am 12. Mai legten Praschniker und Egger dem
REM ihren Bericht vor275. Vorträge wurden unter anderem an der Universität Sofia, im
Bulgarischen Archäologischen Institut und im Deutschen Wissenschaftlichen Institut in
Bukarest gehalten, Praschniker sprach über Neuere Arbeiten am Parthenon. Es kam auch
zu Gesprächen mit dem Ministerpräsidenten und Fachkollegen Bogdan Filow276 sowie
dem rumänischen Minister Theophil Sauciuc-Saveanu, dem ehemaligen Kollegen vom
Wiener Archäologisch-Epigraphischen Seminar. An den Wehrmachtskursen der Univer-
sität Wien in Saloniki und Athen vom 19. März bis 1. April 1944 waren Praschniker und
Keil beteiligt277. Keil sprach über Reichsbildungen im Altertum, Praschniker über Werden
und Blüte der griechischen Kunst. Er hielt auch einen allgemeinen Abendvortrag zu seinem
Spezialthema Der Parthenon.
In den Jahren 1938 bis 1945 hat Praschniker wenig publiziert. In seinem Lebenslauf
von 1941 führte er dazu aus278 : […] dass in den letzten Jahren meine eigenen Arbeiten
zeitweilig in den Hintergrund treten mussten. Für grosse Aufgaben blieb weder Zeit noch
Konzentration, denn die Institutsleitung bedeutet unter den heutigen Umständen und neben
der immer mehr zunehmenden Inanspruchnahme durch die lehramtliche Tätigkeit an der
274 Ingomar Weiler, Zur Rezeption des griechischen Sports im Nationalsozialismus : Kontinuität oder Diskon-
tinuität in der deutschen Ideengeschichte ? in : Antike und Altertumswissenschaft in der Zeit von Faschismus
und Nationalsozialismus. Kolloquium Univ. Zürich 14.–17. Oktober 1998, hg. v. Beat Näf unter Mitarbeit
von Tim Kammasch (Mandelbachtal 2001) 267–284.
275 AÖAI, Akten 1942/43, Tgb. 73/42_40-01.
276 Filow (1883–1945) war Professor für Archäologie und Kunstgeschichte an der Universität Sofia und Direktor
des Bulgarischen Archäologischen Instituts. 1940–1943 war er Ministerpräsident von Bulgarien einer mit
Deutschland kollaborierenden Regierung. Im Februar 1945 wurde er in Sofia wegen Kollaboration mit Hit-
lerdeutschland hingerichtet. Ernst Buschor, Bogdan Filow (Nekrolog), in : Jb. der Bayerischen Akademie
der Wissenschaften 1944–1948 (1948) 163f.; siehe auch Sünderhauf, Schaltwerk (wie Anm. 234) 312.
277 Liste der Vorträge bei den Hochschulwochen der Wehrmacht in Saloniki und Athen in : AÖAI, Akten
1943/44, Tgb. 451/43_16-01 (03.01.1944) ; Jahresbericht des Archäologischen Instituts des Deutschen
Reiches für das Haushaltsjahr 1943/44 (15.04.1943–31.03.1944), in : Archäologischer Anzeiger 1944, III :
„Praschniker beteiligte sich an den vom 19. März bis 1. April 1944 stattgehabten Hochschulwochen der
Wehrmacht in Saloniki und Athen.“
278 UAW, PA Praschniker 2933, fol. 126.
Österreichische Historiker
Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Band 3
- Titel
- Österreichische Historiker
- Untertitel
- Lebensläufe und Karrieren 1900–1945
- Band
- 3
- Autor
- Karel Hruza
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20801-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 630
- Schlagwörter
- Lebensläufe, Werke und gesellschaftliches Wirken österreichischer Historikerinnen und Historiker, Geschichtsforschung
- Kategorie
- Biographien
Inhaltsverzeichnis
- Österreichische Historiker 1900–1945. Einleitung und Kommentar zum dritten Band 9
- Oswald Redlich (1858–1944). Historiker über oder zwischen den Parteien ? 29
- Ludo Moritz Hartmann (1865–1924). Geschichtsschreibung im Lichte der frühen Sozialdemokratie Österreichs 67
- Hermann Wopfner (1876–1963). Der „treueste Sohn Tirols“ 97
- Hugo Hassinger (1877–1952). Volkstumsforscher, Raumplaner, Kartograph und Historiker 123
- Hans Uebersberger (1877–1962). Eine Gratwanderung : (S)eine Karriere im Fokus privater und öffentlich-beruflicher Spannungen 157
- Adolf Helbok (1883–1968). „Ich war ein Stürmer und Dränger“ 185
- Camillo Praschniker (1884–1949). Wiedergewinnung aus der Zerstörung 313
- Balduin Saria (1893–1974). „Ein deutschsprachiger Sohn der Untersteiermark“ 379
- Erna Patzelt (1894–1987) und Lucie Varga (1904–1941). Leben zwischen Kontinuität und Diskontinuität 405
- Otto Brunner (1898–1982). „Nicht der Staat, nicht die Kultur sind uns heute Gegenstand der Geschichte sondern Volk und Reich.“ 439
- Richard Wolfram (1901–1995). „Wir haben einen Stern, dem wir gefolgt sind“ 479
- Taras (von) Borodajkewycz (1902–1984). Zwischen Katholizismus und Nationalsozialismus : Der Versuch, das Unvereinbare zu verbinden 527
- Abkürzungsverzeichnis 607
- Abbildungsnachweis 610
- Personenregister 611
- Autorinnen und Autoren 625