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368 Gudrun Wlach
des Genannten von einem nicht wieder gut zu machenden Schaden bewahrt werden, zumal
der Nervenzustand Prof. PRASCHNIKERs infolge der aus einem übergroßen Pflichtbewußt-
sein entstandenen Überarbeitung schon zur Zeit der Entdeckung seiner nicht rein arischen
Abkunft kein guter gewesen ist.
Ergänzende Unterlagen wurden vom Kurator der Wiener wissenschaftlichen Hoch-
schulen bereits am nächsten Tag angefordert313 :
1. Abstammungsnachweis Praschniker in doppelter Ausfertigung
2. dienstliche Erklärung Praschniker über folgende Punkte :
a) bisherige Bemühungen um den Ahnennachweis seit März 1938
b) genaue Darlegung der Umstände, die jetzt zur Aufklärung führten bzw. der Schwierig-
keiten, die sie bisher verhinderten
c) Versicherung an Eides Statt, dass bis zu dieser Aufklärung kein Anlass war, an der ari-
schen Abstammung der Großmutter Breitenfeld zu zweifeln.
In seiner Begründung, warum bis März 1942 keine Zweifel an seiner „rein arischen Ab-
stammung“ bestanden, gab Praschniker an, ein junger Verwandter, Wilhelm von Korab,
habe bei Nachforschungen festgestellt, dass die Urgroßeltern Breitenfeld erst vor der Trau-
ung getauft worden seien314. Das Prüfungsergebnis des Gauamtes für Sippenforschung,
der „Kleine Abstammungsnachweis“, wonach Praschniker als „Mischling 2. Grades“ an-
zusehen sei, lag am 15. Mai 1942 vor315.
Eine Entscheidung über Praschnikers Verbleiben im Amt fiel aber erst im Herbst 1943 :
Am 12. Oktober 1943 teilte der neue Rektor Eduard Pernkopf316 dem neuen Dekan Ar-
thur Marchet in einem vertraulichen Schreiben die Entscheidung des Ministers bezüglich
Praschnikers beruflicher Zukunft mit317 : Gemäß § 3 der Verordnung zur Neuordnung des
österreichischen Berufsbeamtentums vom 31. Mai 1938 […] müsste Praschniker […] in den
Ruhestand versetzt werden. Im Hinblick auf seine wissenschaftliche Bewährung und seine
loyale Einstellung zum Nationalsozialismus wird er aber im Einvernehmen mit dem Herrn
Reichsminister des Innern und dem Leiter der Parteikanzlei ausnahmsweise in seinem Amt be-
lassen. Dekan, Rektor und Dozentenführer der Universität setzten sich also für Praschniker
313 ÖStA, AdR, PA Praschniker, fol. 38 : Kurator der wissenschaftlichen Hochschulen an Rektor Fritz Knoll,
16.4.1942.
314 Ebd. fol. 42 : Erklärungen Praschnikers zu seiner Abstammungsfrage, 27.4.1942.
315 Ebd. fol. 57–58 : NSDAP Gau Wien, Prüfungsergebnis mit hs. parteiamtlicher Anmerkung zu den Eltern der
mütterlichen Großmutter Breitenfeld : am 2. Juni 1822 […] röm. kath. geheiratet. Abstammung : mos., beide
wurden am Tage der Eheschließung getauft.
316 Zum Rektorenwechsel im Frühjahr 1943 von Fritz Knoll zu dem Arzt und Anatomen Eduard Pernkopf
(1888–1955) siehe Leitner, Dekan (wie Anm. 301) 70–73.
317 UAW, PA Praschniker 2933, fol. 144 : GZ 123 aus 1942/43.
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Österreichische Historiker
Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Band 3
- Titel
- Österreichische Historiker
- Untertitel
- Lebensläufe und Karrieren 1900–1945
- Band
- 3
- Autor
- Karel Hruza
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20801-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 630
- Schlagwörter
- Lebensläufe, Werke und gesellschaftliches Wirken österreichischer Historikerinnen und Historiker, Geschichtsforschung
- Kategorie
- Biographien
Inhaltsverzeichnis
- Österreichische Historiker 1900–1945. Einleitung und Kommentar zum dritten Band 9
- Oswald Redlich (1858–1944). Historiker über oder zwischen den Parteien ? 29
- Ludo Moritz Hartmann (1865–1924). Geschichtsschreibung im Lichte der frühen Sozialdemokratie Österreichs 67
- Hermann Wopfner (1876–1963). Der „treueste Sohn Tirols“ 97
- Hugo Hassinger (1877–1952). Volkstumsforscher, Raumplaner, Kartograph und Historiker 123
- Hans Uebersberger (1877–1962). Eine Gratwanderung : (S)eine Karriere im Fokus privater und öffentlich-beruflicher Spannungen 157
- Adolf Helbok (1883–1968). „Ich war ein Stürmer und Dränger“ 185
- Camillo Praschniker (1884–1949). Wiedergewinnung aus der Zerstörung 313
- Balduin Saria (1893–1974). „Ein deutschsprachiger Sohn der Untersteiermark“ 379
- Erna Patzelt (1894–1987) und Lucie Varga (1904–1941). Leben zwischen Kontinuität und Diskontinuität 405
- Otto Brunner (1898–1982). „Nicht der Staat, nicht die Kultur sind uns heute Gegenstand der Geschichte sondern Volk und Reich.“ 439
- Richard Wolfram (1901–1995). „Wir haben einen Stern, dem wir gefolgt sind“ 479
- Taras (von) Borodajkewycz (1902–1984). Zwischen Katholizismus und Nationalsozialismus : Der Versuch, das Unvereinbare zu verbinden 527
- Abkürzungsverzeichnis 607
- Abbildungsnachweis 610
- Personenregister 611
- Autorinnen und Autoren 625