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388 Janez Mlinar
einem Brief an Pirchegger. Die Serben haben mir als Deutschem keinerlei Schwierigkeiten
bereitet, sondern im Gegenteil sogar gebeten hinunter zu kommen32. Sein Aufbruch in die
Hauptstadt des Königreichs der Serben, Kroaten und Slowenen stellte ihn freilich vor
neue private und berufliche Herausforderungen. Im Nationalmuseum in Belgrad wurde
er zum Leiter der prähistorischen, römischen und numismatischen Abteilung ernannt.
Seine Hauptaufgabe war die Neugestaltung und Auswertung des musealen Materials,
speziell der numismatischen Sammlung. Gleichzeitig konnte er aktiv an archäologischen
Ausgrabungen mitwirken, die das Museum vor allem im damaligen Südserbien (heute
Mazedonien) durchführte33. Parallel zu seiner Arbeit im Nationalmuseum begann Saria
auch seine Universitätskarriere zu forcieren, wobei ihm der chronische Personalmangel
der Universität Belgrad entgegenkam. Gleich nach seiner Ankunft in Belgrad übernahm
er eine Assistentenstelle an der dortigen Universität und wurde im Mai 1925 zum Dozen-
ten für Alte Geschichte ernannt34.
Bald wurde man auch in Laibach auf Saria aufmerksam. Bereits im Oktober 1924
wandte sich der damalige Vorstand des Historischen Seminars der Universität Laibach,
Ljudmil Hauptmann, an ihn und teilte ihm brieflich mit, dass der bisherige Professor für
antike Geschichte Nikolaj Bubnov seinen Ruhestand antreten werde35. Er fragte bei Saria
an, ob er Interesse an der freien Stelle habe. Gleichzeitig versicherte er ihm, dass die Do-
zentur für antike Geschichte Ihnen genügend Möglichkeiten böte, gerade auf dem klassischen
Krainer Boden Ihrem speziellen Fachgebiet nachzugehen36. Im Oktober 1925 ermutigte
Niko Županič, der Leiter des Ethnologischen Museums in Laibach, Saria, nach Laibach
zu kommen : Ihnen ist bekannt, dass wir in ganz Slowenien weder an der Universität noch im
Museum einen Archäologen haben und es gibt langfristig keine Aussicht, ihn bald zu bekom-
men37. Anfangs scheint Saria skeptisch gegenüber einem Umzug nach Laibach gewesen zu
sein. Er wollte seine Ausgrabungen in Stobi fortsetzen und hatte Bedenken im Hinblick
32 StLA, NL Hans Pirchegger K. 16, H. 731 ; Balduina Saria an Hans Pirchegger, 04.11.1922.
33 Den Höhepunkt der Belgrader Periode stellen die Ausgrabungen in Stobi dar, die er zusammen mit Petković
durchführte.
34 Zgodovinski arhiv in muzej Univerze v Ljubljani [Historisches Archiv und Museum der Universität in
Ljubljana] (=ZAMU) IV-57/843. Personalna mapa Balduina Saria [Personalmappe Balduin Saria].
35 Nikolaj Mihajlovič Bubnov, ein Fachmann auf dem Gebiet der Geschichte der (antiken) Mathematik, emig-
rierte als außerordentlicher Professor der Universität Kiew im November 1919 in das südslawische Königreich.
Aus Mangel an kompetenten Fachleuten für antike Geschichte wurde er 1920 Vertragsordinarius an der Phi-
losophischen Fakultät in Laibach. Vgl. Alja Brglez, Matej Seljak, Ruski profesorji na Univerzi v Ljubljani
[Russische Professoren an der Universität in Ljubljana] (Ljubljana 2007), 80–82.
36 ZAP 6 (wie Anm. 10) K. 29. Hauptmann an Saria, 04.10.1924 : … bi nudila docentura za antično zgodovino
dovolj možnosti, da se baš na klasičnih kranjskih tleh bavite s svojo specialno stroko.
37 Ebd., Županič an Saria, 08.10.1925 : Vi znate da nemamo u celoj Sloveniji arheologa, ni na univerzitetu ni u
muzeju, a nema ni izgleda za dulje vreme, da ga ćemo dobiti.
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Österreichische Historiker
Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Band 3
- Titel
- Österreichische Historiker
- Untertitel
- Lebensläufe und Karrieren 1900–1945
- Band
- 3
- Autor
- Karel Hruza
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20801-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 630
- Schlagwörter
- Lebensläufe, Werke und gesellschaftliches Wirken österreichischer Historikerinnen und Historiker, Geschichtsforschung
- Kategorie
- Biographien
Inhaltsverzeichnis
- Österreichische Historiker 1900–1945. Einleitung und Kommentar zum dritten Band 9
- Oswald Redlich (1858–1944). Historiker über oder zwischen den Parteien ? 29
- Ludo Moritz Hartmann (1865–1924). Geschichtsschreibung im Lichte der frühen Sozialdemokratie Österreichs 67
- Hermann Wopfner (1876–1963). Der „treueste Sohn Tirols“ 97
- Hugo Hassinger (1877–1952). Volkstumsforscher, Raumplaner, Kartograph und Historiker 123
- Hans Uebersberger (1877–1962). Eine Gratwanderung : (S)eine Karriere im Fokus privater und öffentlich-beruflicher Spannungen 157
- Adolf Helbok (1883–1968). „Ich war ein Stürmer und Dränger“ 185
- Camillo Praschniker (1884–1949). Wiedergewinnung aus der Zerstörung 313
- Balduin Saria (1893–1974). „Ein deutschsprachiger Sohn der Untersteiermark“ 379
- Erna Patzelt (1894–1987) und Lucie Varga (1904–1941). Leben zwischen Kontinuität und Diskontinuität 405
- Otto Brunner (1898–1982). „Nicht der Staat, nicht die Kultur sind uns heute Gegenstand der Geschichte sondern Volk und Reich.“ 439
- Richard Wolfram (1901–1995). „Wir haben einen Stern, dem wir gefolgt sind“ 479
- Taras (von) Borodajkewycz (1902–1984). Zwischen Katholizismus und Nationalsozialismus : Der Versuch, das Unvereinbare zu verbinden 527
- Abkürzungsverzeichnis 607
- Abbildungsnachweis 610
- Personenregister 611
- Autorinnen und Autoren 625