Seite - 389 - in Österreichische Historiker - Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Band 3
Bild der Seite - 389 -
Text der Seite - 389 -
Balduin Saria (1893–1974) 389
auf andere Kandidaten und wegen seiner mangelnden Kenntnis der slowenischen Spra-
che. Županič ließ diese Vorbehalte aber nicht gelten : Allmählich werden Sie in zehn Jahren
auch Slowenisch lernen sowohl durch die Bücher als auch durch die Praxis38.
Saria nahm die neue Herausforderung an und im März 1926 benachrichtigte ihn Karel
Oštir, der Dekan der Laibacher Philosophischen Fakultät, dass er keine Hindernisse für
Sarias Wahl zum außerordentlichen Professor sehe39. In der Begründung des Vorschlags
für die Besetzung des Lehrstuhls für antike Geschichte betonten die Mitglieder der Kom-
mission seine wissenschaftlichen Qualitäten. Die Vielseitigkeit der wissenschaftlichen Ar-
beit des Herrn Dr. Saria, seine ausgezeichneten Kenntnisse der klassischen Sprachen, seine
bisherigen Erfolge und die Notwendigkeit, die Italiener zu übertreffen, prädestinieren den
Kandidaten zum Mitglied unserer Universität, die ihre ehrenvolle Aufgabe, das archäologische
Fachgebiet in Slowenien zu neuem Leben zu erwecken, wird ergreifen können40. Anfang Juni
1926 wurde Saria mittels einer Postkarte von Oštir benachrichtigt, dass er an der Univer-
sität einstimmig zum außerordentlichen Professor gewählt worden war.
Auf den ersten Blick scheint seine Auswahl zum Professor an der Laibacher Universität,
vor allem unter Berücksichtigung des damaligen politischen Kontextes, überraschend und
zumindest ungewöhnlich zu sein41. Dieser Tatsache war sich auch Saria bewusst und au-
genscheinlich betrachtete er seine deutsche Nationalität als mögliches Hindernis für seine
Ernennung. Als Oštir Ende Mai Saria mitteilte, dass seine Bewerbung die erste Hürde an
der Fakultät erfolgreich genommen habe, fand er es notwendig, auf den Postkartenrand zu
vermerken : Nationale Bedenken gab es gar keine !42. Offensichtlich genügten Sarias Fachre-
ferenzen. Freilich gab es damals in Laibach kaum kompetente und habilitierte Fachleute,
die das Gebiet der antiken Geschichte und Archäologie hätten abdecken können. Als
einziger Gegenkandidat wäre eventuell der dreizehn Jahre jüngere Rajko Ložar in Frage
gekommen, der aber erst 1927 an der Universität Wien promoviert wurde und noch über
keine ausreichenden Erfahrungen verfügte. Die Entscheidung des Senats der Universität
Laibach, Saria als Professor für antike Geschichte zu berufen, erwies sich später als völlig
angebracht43.
38 Ebd., Županič an Saria, 17.10.1925 : Polagoma naučit ćete za 10 godina i slovenski i kroz knjige i kroz praksu.
Saria soll allerdings schon am Gymnasium in Pettau auch Slowenisch gelernt haben.
39 ZAP 6 (wie Anm. 10) K. 29. Oštir an Saria, 31.03.1926.
40 ZAMU IV-57/843 (wie Anm. 34) : Mnogostranskost znanstvenega dela gospoda dr. Sarie, izvrstno znanje
klasičnih jezikov, dosedanji njegovi uspehi in potreba da prehitimo Italijane predestinirajo kandidata za člana naše
univerze, ki se bo mogla na ta način oprijeti svoje častne naloge, da obudi arheološko stroko v Sloveniji k novemu
življenju.
41 Predrag Novaković, Zgodovina arheologije na Univerzi v Ljubljani [Die Geschichte der Archäologie an der
Universität in Ljubljana], in : Osemdeset let študija arheologije na Univerzi v Ljubljani (Ljubljana 2004) 33.
42 ZAP 6 (wie Anm. 10) K. 29. Oštir an Saria, 26.05.1926.
43 Novaković, Zgodovina (wie Anm. 41) 33–34.
Österreichische Historiker
Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Band 3
- Titel
- Österreichische Historiker
- Untertitel
- Lebensläufe und Karrieren 1900–1945
- Band
- 3
- Autor
- Karel Hruza
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20801-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 630
- Schlagwörter
- Lebensläufe, Werke und gesellschaftliches Wirken österreichischer Historikerinnen und Historiker, Geschichtsforschung
- Kategorie
- Biographien
Inhaltsverzeichnis
- Österreichische Historiker 1900–1945. Einleitung und Kommentar zum dritten Band 9
- Oswald Redlich (1858–1944). Historiker über oder zwischen den Parteien ? 29
- Ludo Moritz Hartmann (1865–1924). Geschichtsschreibung im Lichte der frühen Sozialdemokratie Österreichs 67
- Hermann Wopfner (1876–1963). Der „treueste Sohn Tirols“ 97
- Hugo Hassinger (1877–1952). Volkstumsforscher, Raumplaner, Kartograph und Historiker 123
- Hans Uebersberger (1877–1962). Eine Gratwanderung : (S)eine Karriere im Fokus privater und öffentlich-beruflicher Spannungen 157
- Adolf Helbok (1883–1968). „Ich war ein Stürmer und Dränger“ 185
- Camillo Praschniker (1884–1949). Wiedergewinnung aus der Zerstörung 313
- Balduin Saria (1893–1974). „Ein deutschsprachiger Sohn der Untersteiermark“ 379
- Erna Patzelt (1894–1987) und Lucie Varga (1904–1941). Leben zwischen Kontinuität und Diskontinuität 405
- Otto Brunner (1898–1982). „Nicht der Staat, nicht die Kultur sind uns heute Gegenstand der Geschichte sondern Volk und Reich.“ 439
- Richard Wolfram (1901–1995). „Wir haben einen Stern, dem wir gefolgt sind“ 479
- Taras (von) Borodajkewycz (1902–1984). Zwischen Katholizismus und Nationalsozialismus : Der Versuch, das Unvereinbare zu verbinden 527
- Abkürzungsverzeichnis 607
- Abbildungsnachweis 610
- Personenregister 611
- Autorinnen und Autoren 625