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Erna Patzelt (1894–1987) und Lucie Varga (1904–1941) 423
von grösseren Erfolgen begleitet, als die kühnsten Erwartungen erhoffen konnten96. So war es
ihr nach eigenen Angaben nicht nur möglich, Care-Pakete für Wiener Professoren und
Studenten zu organisieren97, sondern auch die Subventionierung der Wiener Universität
durch amerikanische Institutionen vorzubereiten, medizinisches Gerät für Wiener Klini-
ken und Spitäler zu besorgen, des Weiteren Mittel für die Bibliothek der Universität Wien
einzuwerben oder technisches Gerät für Lehre und Forschung zu beschaffen98.
Als politisch unbelastet eingeordnet, wurde ihr schließlich Ende September 1948 in
ihrer Eigenschaft als beamtete Oberassistentin die Leitung des „Seminars für Wirtschaft-
und Kulturgeschichte“ übertragen99, das sie bis zu ihrem Dienstausscheiden im Jahr 1959
leitete, ohne je eine ordentliche Professur erhalten zu haben100, um die sie sich freilich im-
dürfte (siehe http://vq.vassar.edu/issues/2013/01/vassar-today/lucille-wallace.html#sthash.PsIeLjrD.dpuf,
letzter Zugriff 11.01.2014) und bei der sie wohl auch während eines Kuraufenthaltes in Litzelberg am Atter-
see wohnte, ebd. fol. 72v. Die Reise sollte bis Ende Februar mit einem Zwischenstopp in London dauern, wo
sie abermals bei Lucie Wallace-Curzon Quartier nahm, ebd. fol. 43r.
96 Ebd. fol. 40r : Die Unterzeichnete hat in aktivster Weise die durch den Krieg abgeschnittenen internationalen
wissenschaftlichen Beziehungen wieder angeknüpft und ausserdem durch Rundfunkansprachen, Teilnahme an wis-
senschaftlichen Kongressen und Vorsprache bei den wichtigsten und einflussreichsten Persönlichkeiten und Stiftun-
gen (Guggenheim Memorial Fundation, Carnegie Foundation, American Council on Education, Committee for
International Educational Reconstruction) das allgemeine Interesse für Österreich ungemein geweckt.
97 Ebd. fol. 41r, 42r : In der nächsten Zeit dürften auf Grund meiner Bemühungen eine Reihe von Professoren aller
Fakultäten wieder ein Lebensmittelpaket erhalten.
98 Ebd. fol. 40r. Widersprüchlich sind ihre Angaben zu möglichen Stipendien bzw. -aufenthalten für öster-
reichische Studierende bzw. Wissenschaftler. Während sie noch vor Ort in New York am 28.01.1948 auf
die Anfrage des Dekans, Hermann Dudas, nach einem Stipendium für seinen Assistenten Kurt Schubert,
nachmaliger Professor für Orientalistik an der Universität Wien (ebd. fol. 44v), zurückhaltend bis abschlägig
antwortete (ebd. fol. 42v), gibt sie, wieder zu Hause in Wien, im Juli an, Stipendienerteilungen an Gelehrte
zwecks zwei bis viermonatlichen Studienaufenthaltes in den USA möglich gemacht zu haben (ebd. fol 40r). Eine
Reise oder ein Stipendium Schuberts nach bzw. für die USA scheint nicht stattgefunden zu haben.
99 Ebd. fol. 36. Sie erhielt die 1. Gehaltsstufe der Dienstpostengruppe III. mit Aussicht auf Teuerungszuschläge
und Vorrückung in die höhere Stufe 2., ab 01.01.1950, ebd. fol. 34r.
100 Ebd. fol. 6r Antrag auf Versetzung in den Ruhestand mit der Begründung, das 60. Lebensjahr vollendet zu
haben. In den Jahren zuvor konnte sie noch verschiedene Dienstreisen nach Florenz (1949, zur Eröffnung
der „Casa Internationale degli Universitari“, ebd. fol. 30r), nach Cagliari/Sardinien (1952, „Internationaler
Kongreß für Sardinische Studien“, ebd. fol. 21r) oder 1953 zum 3. Österreichischen Historikertag nach
Graz (ebd. fol. 19r) absolvieren. Zunehmend schien sie aber gesundheitlich eingeschränkt, sodass sich in
den letzten Jahren ihrer Diensttätigkeit Krankschreibungen häuften, weshalb 1956 sie u. a. Heinz Zatschek
als ihre Vertretung (ebd. fol. 15r) wie auch 1958 als ihren Nachfolger in der Leitung des Seminars selbst
(UAW, NL Dopsch/Patzelt Schachtel-Nr. 328, unpag.) vorschlug. Zu Zatschek siehe Karel Hruza, Heinz
Zatschek (1901–1965). „Radikales Ordnungsdenken“ und „gründliche, zielgesteuerte Forschungsarbeit“, in :
Österreichische Historiker (wie Anm. 1) 677–792, hier 732f. Möglicherweise ist hier aber auch ein Muster
wiederzuerkennen, das sich bereits vor Kriegsende abgezeichnet hatte : Der Nichtanerkennung der erbrachten
Leistung folgte der sukzessive Rückzug aus dem aktiven beruflich-universitären Geschehen.
Österreichische Historiker
Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Band 3
- Titel
- Österreichische Historiker
- Untertitel
- Lebensläufe und Karrieren 1900–1945
- Band
- 3
- Autor
- Karel Hruza
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20801-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 630
- Schlagwörter
- Lebensläufe, Werke und gesellschaftliches Wirken österreichischer Historikerinnen und Historiker, Geschichtsforschung
- Kategorie
- Biographien
Inhaltsverzeichnis
- Österreichische Historiker 1900–1945. Einleitung und Kommentar zum dritten Band 9
- Oswald Redlich (1858–1944). Historiker über oder zwischen den Parteien ? 29
- Ludo Moritz Hartmann (1865–1924). Geschichtsschreibung im Lichte der frühen Sozialdemokratie Österreichs 67
- Hermann Wopfner (1876–1963). Der „treueste Sohn Tirols“ 97
- Hugo Hassinger (1877–1952). Volkstumsforscher, Raumplaner, Kartograph und Historiker 123
- Hans Uebersberger (1877–1962). Eine Gratwanderung : (S)eine Karriere im Fokus privater und öffentlich-beruflicher Spannungen 157
- Adolf Helbok (1883–1968). „Ich war ein Stürmer und Dränger“ 185
- Camillo Praschniker (1884–1949). Wiedergewinnung aus der Zerstörung 313
- Balduin Saria (1893–1974). „Ein deutschsprachiger Sohn der Untersteiermark“ 379
- Erna Patzelt (1894–1987) und Lucie Varga (1904–1941). Leben zwischen Kontinuität und Diskontinuität 405
- Otto Brunner (1898–1982). „Nicht der Staat, nicht die Kultur sind uns heute Gegenstand der Geschichte sondern Volk und Reich.“ 439
- Richard Wolfram (1901–1995). „Wir haben einen Stern, dem wir gefolgt sind“ 479
- Taras (von) Borodajkewycz (1902–1984). Zwischen Katholizismus und Nationalsozialismus : Der Versuch, das Unvereinbare zu verbinden 527
- Abkürzungsverzeichnis 607
- Abbildungsnachweis 610
- Personenregister 611
- Autorinnen und Autoren 625