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Erna Patzelt (1894–1987) und Lucie Varga (1904–1941) 435
Anstellung Lucie Vargas als Übersetzerin für die Annales nach dieser Übersetzung Koeb-
ners abgebrochen worden ist151. Jedenfalls wird sie nicht mehr als Übersetzerin erwähnt.
Allerdings bricht der Kontakt zu den deutschsprachigen Wissenschaftlern ohnehin in der
Folgezeit ab. Tatsache bleibt, dass Bloch und Febvre sich zunehmend des Problems der
Übersetzung bewusst wurden152 und dass das Problem, wie man vermuten könnte und
wie Schöttler mehrfach anspricht, auch mit dem Erscheinen Vargas nicht gelöst wurde.
Auch Vargas Ehemann Franz Borkenau, der ebenfalls in Wien geboren worden war, aber
seine Dissertation bei Walter Goetz153 in Leipzig geschrieben hatte, veröffentlichte in den
Annales (unter dem Pseudonym Georg Haschek). Hier drehte sich nun die Transfersituation
um : Die Übersetzung für diesen Text übernahm Febvre selbst und er machte dabei seine
Vorstellung vom Übersetzen deutlich : Non que l’allemand de B. soit difficile, il est remarquable-
ment net et lumineux au contraire – mais la pensée est subtile surtout. J’ai coupé dans son analyse
du marxisme – avec un peu de regret quelquefois, mais c’est vraiment un peu trop subtil par mo-
ment. L’ensemble me paraît plein d’intérêt et riche de méditations […] à fournir pour le lecteur154.
Allerdings verwehrte es Febvre Borkenau, eine Replik auf eine starke Kritik in den Annales zu
veröffentlichen. Recu de Mme Varga […] un article de Borkenau : polémique avec un Grossmann
quelconque sur „Les origines de la Science moderne“ (découle-t-elle de la technique ? des machines ?
ou de la structure sociale ?) dont ce simple résumé (d’ailleurs plus clair que l’article) vous expliquera
sans peine que j’ai répondu „non, totalement imbuvable“ avec une véhémence catégorique. Là-
dedans, des tas de petites choses ingénieuses. Mais cet esprit de système est proprement affolant155.
Rezensionen
1936 erschien in Henri Berrs und Febvres Revue de synthèse eine Rezension zu Jean Gui-
rauds 1935 veröffentlichter „Histoire de l’Inquisition au Moyen Age“. Deutlich wird hier
abermals Vargas sichere Art, in wenigen kurzen Sätzen sowohl das Thema zu präsentieren
151 Ob für Übersetzungen Honorar gezahlt wurde, geht aus der Korrespondenz leider nicht hervor, scheint aber
angesichts des Umgangs mit diesen Arbeiten eher unwahrscheinlich zu sein.
152 Vous savez ce que valent ces traductions et que même revues par l’un de nous, elles exigent encore des retouches ; car
un seul homme, devant aussi horribles magmas, ne saurait tout voir ni penser à tout. Et pour votre retour voici un
pensum. Article de Mickwitz. Traduction déplorable (comme à l’ordinaire) d’un texte en fort mauvais allemand.
J’ai dégrossi, supprimé (du moins je le crois) les plus gros contresens, sans avoir abouti à une élégance, d’ailleurs hors
de nos prises. Il importe que vous le relisiez. Bloch an. Febvre, 05.03.1934, in : Bloch, FeBvre, Correspon-
dance II (wie Anm. 103) 33.
153 Zu dem Nachfolger Karl Lamprechts am Institut für Kultur und Universalgeschichte an der Universität
Leipzig siehe : Herbert Grundmann, Goetz, Walter Wilhelm, in : NDB 6 (1964) 582–584 [Onlinefassung] :
http://www.deutsche-biographie.de/ppn118717944.html (letzter Zugriff 07.01.2015).
154 Febvre an Bloch, 07.1935, in : Bloch, FeBvre, Correspondance II (wie Anm. 103) 631.
155 Febvre an Bloch, Ende 1935, in : Ebd. 654.
Österreichische Historiker
Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Band 3
- Titel
- Österreichische Historiker
- Untertitel
- Lebensläufe und Karrieren 1900–1945
- Band
- 3
- Autor
- Karel Hruza
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20801-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 630
- Schlagwörter
- Lebensläufe, Werke und gesellschaftliches Wirken österreichischer Historikerinnen und Historiker, Geschichtsforschung
- Kategorie
- Biographien
Inhaltsverzeichnis
- Österreichische Historiker 1900–1945. Einleitung und Kommentar zum dritten Band 9
- Oswald Redlich (1858–1944). Historiker über oder zwischen den Parteien ? 29
- Ludo Moritz Hartmann (1865–1924). Geschichtsschreibung im Lichte der frühen Sozialdemokratie Österreichs 67
- Hermann Wopfner (1876–1963). Der „treueste Sohn Tirols“ 97
- Hugo Hassinger (1877–1952). Volkstumsforscher, Raumplaner, Kartograph und Historiker 123
- Hans Uebersberger (1877–1962). Eine Gratwanderung : (S)eine Karriere im Fokus privater und öffentlich-beruflicher Spannungen 157
- Adolf Helbok (1883–1968). „Ich war ein Stürmer und Dränger“ 185
- Camillo Praschniker (1884–1949). Wiedergewinnung aus der Zerstörung 313
- Balduin Saria (1893–1974). „Ein deutschsprachiger Sohn der Untersteiermark“ 379
- Erna Patzelt (1894–1987) und Lucie Varga (1904–1941). Leben zwischen Kontinuität und Diskontinuität 405
- Otto Brunner (1898–1982). „Nicht der Staat, nicht die Kultur sind uns heute Gegenstand der Geschichte sondern Volk und Reich.“ 439
- Richard Wolfram (1901–1995). „Wir haben einen Stern, dem wir gefolgt sind“ 479
- Taras (von) Borodajkewycz (1902–1984). Zwischen Katholizismus und Nationalsozialismus : Der Versuch, das Unvereinbare zu verbinden 527
- Abkürzungsverzeichnis 607
- Abbildungsnachweis 610
- Personenregister 611
- Autorinnen und Autoren 625