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Otto Brunner (1898–1982) 447
Finanzen der Stadt Wien von den Anfängen bis ins 16. Jahrhundert“32 mündeten. Der im
darauffolgenden Jahr veröffentlichte Habilitationsvortrag „Aufgaben der Wiener Stadt-
geschichte33 sowie der wenig später erschienene Aufsatz „Das Wiener Bürgertum“, der
eindrucksvoll Brunners frühzeitige Aufnahme soziologischer Fragestellungen Max We-
bers belegt34, rundete Brunners Wien-Forschungen fürs erste ab, die er jedoch zeitlebens
weiter verfolgte35. Sein dauerndes Interesse an der Wiener Stadtgeschichte dokumentiert
auch seine Mitgliedschaft im Verein für Geschichte der Stadt Wien, dem er bereits als
Student beitrat und bis zu seinem Tod angehörte. Für seine Verdienste um die Wiener
Stadtgeschichtsforschung und für die Tätigkeit im Verein, in dessen Vorstand er 1932
gewählt wurde und den er von 1942 bis 1945 als Vorsitzender leitete, verlieh dieser ihm
1978 als erstem Träger die „Theodor Ritter von Karajan-Medaille“36.
Daneben erwarb Brunner sich frühzeitig den Ruf eines Experten für österreichische
Geschichte. Nach seiner Dissertation, die allerdings erst 1930 im Druck erschien, ist vor
allem sein Aufsatz „Die geschichtliche Funktion des alten Österreich“ zu nennen, der
den einflussreichen, von Friedrich Kleinwächter und Heinz von Paller unter der gemein-
samen Ägide des Präsidenten des Deutschen Reichstags, Paul Löbe, und des Präsidenten
des österreichischen Nationalrats, Prof. Dr. Alfred Gürtler, herausgegebenen Band „Die
Anschlußfrage“ eröffnete37. Brunners Österreich-Kompetenz fand darüber hinaus Nieder-
schlag in zahlreichen einschlägigen Literaturberichten. Hervorzuheben sind die regelmä-
ßig von ihm für die Jahrgänge 1928 (hier noch gemeinsam mit Wilhelm Bauer) bis 1937
geschriebenen Forschungsberichte in den „Jahresberichte(n) für deutsche Geschichte“.
Hierdurch verschaffte Brunner sich nicht nur kontinuierlich einen Überblick der neues-
ten historisch-politischen Österreich-Literatur sowie das Renommee eines aufstrebenden
jungen Historikers. Institutioneller Effekt war vor allem die Einbindung in das Netzwerk
der „gesamtdeutschen“ Geschichtswissenschaft, in dem die unter der Herausgeberschaft
von Albert Brackmann und Fritz Hartung erschienenen „Jahresberichte“ einen zentralen
Ort während der Zwischenkriegszeit einnahmen. Frühzeitig trat Brunner so in Kontakt
der Stadt Wien an König Ferdinand I., in : MIÖG Erg.-Bd. 11 FS für Oswald Redlich zum 70. Geburtstag)
(1929) 474–496.
32 Ders., Die Finanzen der Stadt Wien von den Anfängen bis ins 16. Jahrhundert (Wien 1929).
33 Ders., Aufgaben der Wiener Stadtgeschichte, in : Monatsblatt des Vereins für Geschichte der Stadt Wien 47
(1930) hier 115–126.
34 Ders., Das Wiener Bürgertum. Eine historisch-soziologische Skizze, in : Ebd. 50 (1933) 220–231.
35 Siehe etwa Ders., Hamburg und Wien. Versuch eines sozialgeschichtlichen Vergleichs (1966), in : Ders.,
Neue Wege (1968) (wie Anm. 4) 322–334.
36 Siehe hierzu Erwin Auer, Univ.-Professor Otto Brunner †, in : Wiener Geschichtsblätter 37 (1982) 178–179.
37 Otto Brunner, Die geschichtliche Funktion des alten Österreich, in : Die Anschlußfrage in ihrer kulturel-
len, politischen und wirtschaftlichen Bedeutung, hg. v. Friedrich F. G. Kleinwächter, Heinz von Paller
(Wien/Leipzig 1930) 1–11.
Österreichische Historiker
Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Band 3
- Titel
- Österreichische Historiker
- Untertitel
- Lebensläufe und Karrieren 1900–1945
- Band
- 3
- Autor
- Karel Hruza
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20801-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 630
- Schlagwörter
- Lebensläufe, Werke und gesellschaftliches Wirken österreichischer Historikerinnen und Historiker, Geschichtsforschung
- Kategorie
- Biographien
Inhaltsverzeichnis
- Österreichische Historiker 1900–1945. Einleitung und Kommentar zum dritten Band 9
- Oswald Redlich (1858–1944). Historiker über oder zwischen den Parteien ? 29
- Ludo Moritz Hartmann (1865–1924). Geschichtsschreibung im Lichte der frühen Sozialdemokratie Österreichs 67
- Hermann Wopfner (1876–1963). Der „treueste Sohn Tirols“ 97
- Hugo Hassinger (1877–1952). Volkstumsforscher, Raumplaner, Kartograph und Historiker 123
- Hans Uebersberger (1877–1962). Eine Gratwanderung : (S)eine Karriere im Fokus privater und öffentlich-beruflicher Spannungen 157
- Adolf Helbok (1883–1968). „Ich war ein Stürmer und Dränger“ 185
- Camillo Praschniker (1884–1949). Wiedergewinnung aus der Zerstörung 313
- Balduin Saria (1893–1974). „Ein deutschsprachiger Sohn der Untersteiermark“ 379
- Erna Patzelt (1894–1987) und Lucie Varga (1904–1941). Leben zwischen Kontinuität und Diskontinuität 405
- Otto Brunner (1898–1982). „Nicht der Staat, nicht die Kultur sind uns heute Gegenstand der Geschichte sondern Volk und Reich.“ 439
- Richard Wolfram (1901–1995). „Wir haben einen Stern, dem wir gefolgt sind“ 479
- Taras (von) Borodajkewycz (1902–1984). Zwischen Katholizismus und Nationalsozialismus : Der Versuch, das Unvereinbare zu verbinden 527
- Abkürzungsverzeichnis 607
- Abbildungsnachweis 610
- Personenregister 611
- Autorinnen und Autoren 625