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Österreichische Historiker - Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Band 3
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Otto Brunner (1898–1982) 461 sozialen, nationalen und territorialen Gruppen stehenden Beamtentums, das für die Spät- zeit des franzisko-josephinischen Zeitalters charakteristisch ist, verwendbar war“. Zwar habe die 1898 in den Lehrplan des IÖG aufgenommene „österreichische Reichs- geschichte“ wichtige Impulse für die archivalische Forschung geliefert und von ihr seien „gewiß breite befruchtende Wirkungen namentlich durch Alfons Dopsch ausgegangen. Aber diese neuen ausgreifenden Forschungen lassen die politischen Existenzprobleme der Monarchie völlig beiseite. Sie liegen auf dem Gebiete der Verfassungs- und Wirtschaftsge- schichte, namentlich des Mittelalters und haben vor allem die Landesgeschichte befruch- tet. An der letzten historisch-politischen Diskussion über die entscheidenden Probleme der Monarchie, über das Verhältnis Ungarns zur Gesamtmonarchie […] haben die amt- lich berufenen Vertreter der österreichischen Reichsgeschichte ebenso wenig teilgenom- men wie die des öffentlichen Rechts.“ Von der „Sonderstellung“ der Arbeiten Josef Red- lichs abgesehen, trete „hier die völlige Entpolitisierung dieser ‚Reichsgeschichte‘ deutlich zutage. Nicht zufällig haben sich ihre Vertreter immer mehr der Landesgeschichte oder gar einer unpolitischen allgemeinen Wirtschafts- und Kulturgeschichte zugewendet. Das Österreich von 1919“, so resümiert Brunner, „besaß noch viel weniger als die zerfallene Monarchie ein historisch-politisches Gedankenfundament“94. Die historiographiegeschichtlichen Erscheinungen, die Brunner hier am IÖG exemp- lifiziert, stellt er zugleich in den größeren Kontext der habsburgisch-österreichischen Wis- senschaftsgeschichte seit der Mitte des 19. Jahrhunderts, als deren Grundzug er „eine Ten- denz zur Neutralisierung“ und zu einer „‚positivistischen‘“ Haltung bezeichnet. Vor allem Wien sei „in stärkstem Maße […] Sitz positivistischer Tendenzen“ und „zum Ort ‚reiner‘ Lehren von Staat und Gesellschaft“ geworden, wie Brunner anhand eines Blicks u. a. auf die Philosophie sowie auf die Wirtschafts- und Rechtswissenschaften darlegt. „Die Paralle- lität zu den Vorgängen in den historischen Wissenschaften liegt deutlich zu Tage. Überall wird als ihre letzte Voraussetzung eine Lage erkennbar, in der eine echte politische Idee nicht mehr vorhanden ist, die in der Geschichte wie in den theoretischen Wissenschaften von Staat, Wirtschaft und Gesellschaft eine Lehre erzeugt, die zur Not einem neutralen, über den politischen Gegensätzen stehenden, aber von diesen auch ausgeschalteten Beam- tentum dienen kann.“ Nach dem Zerfall der Monarchie und der Entstehung der „wider eigenen Willen selbständigen Republik Österreich“ haben sich, so Brunner, die „reinen aber einflußlosen Theorien erst voll entfaltet. Während sie sich in einem hemmungs- und bindungslosen Radikalismus des Denkens schließlich selbst ad absurdum führten, war die Historie glücklicher. Sie hat den gesamtdeutschen Zusammenhang nie verloren“95. 94 Ders., Das österreichische Institut für Geschichtsforschung und seine Stellung in der deutschen Geschichts- wissenschaft, in : MIÖG 52 (1938) 385–416, hier 409f. 95 Ebd. 414–416.
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Österreichische Historiker Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Band 3
Titel
Österreichische Historiker
Untertitel
Lebensläufe und Karrieren 1900–1945
Band
3
Autor
Karel Hruza
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2019
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20801-3
Abmessungen
17.0 x 24.0 cm
Seiten
630
Schlagwörter
Lebensläufe, Werke und gesellschaftliches Wirken österreichischer Historikerinnen und Historiker, Geschichtsforschung
Kategorie
Biographien

Inhaltsverzeichnis

  1. Österreichische Historiker 1900–1945. Einleitung und Kommentar zum dritten Band 9
  2. Oswald Redlich (1858–1944). Historiker über oder zwischen den Parteien ? 29
  3. Ludo Moritz Hartmann (1865–1924). Geschichtsschreibung im Lichte der frühen Sozialdemokratie Österreichs 67
  4. Hermann Wopfner (1876–1963). Der „treueste Sohn Tirols“ 97
  5. Hugo Hassinger (1877–1952). Volkstumsforscher, Raumplaner, Kartograph und Historiker 123
  6. Hans Uebersberger (1877–1962). Eine Gratwanderung : (S)eine Karriere im Fokus privater und öffentlich-beruflicher Spannungen 157
  7. Adolf Helbok (1883–1968). „Ich war ein Stürmer und Dränger“ 185
  8. Camillo Praschniker (1884–1949). Wiedergewinnung aus der Zerstörung 313
  9. Balduin Saria (1893–1974). „Ein deutschsprachiger Sohn der Untersteiermark“ 379
  10. Erna Patzelt (1894–1987) und Lucie Varga (1904–1941). Leben zwischen Kontinuität und Diskontinuität 405
  11. Otto Brunner (1898–1982). „Nicht der Staat, nicht die Kultur sind uns heute Gegenstand der Geschichte sondern Volk und Reich.“ 439
  12. Richard Wolfram (1901–1995). „Wir haben einen Stern, dem wir gefolgt sind“ 479
  13. Taras (von) Borodajkewycz (1902–1984). Zwischen Katholizismus und Nationalsozialismus : Der Versuch, das Unvereinbare zu verbinden 527
  14. Abkürzungsverzeichnis 607
  15. Abbildungsnachweis 610
  16. Personenregister 611
  17. Autorinnen und Autoren 625
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