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Österreichische Historiker - Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Band 3
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Otto Brunner (1898–1982) 469 ner-Forschung lange Zeit erstaunlich wenig Aufmerksamkeit gefunden hat und „nicht wirklich rezipiert“ wurde130. „Land“, als Alternativkonzept zum neuzeitlichen „Staat“ profiliert, bedeutet für Brunner nicht den territorialen Raum, den die politisch Berechtig- ten bewohnen, sondern den „Verband von“ (fehdeberechtigen) „Grundherren“131, den er – in Analogie zum „Staatsvolk“ der juristischen Allgemeinen Staatslehre – als „Landvolk“ bezeichnet. Das „Landvolk“ wird jedoch nicht, wie das „Staatsvolk“, definiert durch ein Herrschaftsverhältnis, das auf dem Monopol legitimer Gewaltsamkeit eines Souveräns beruht, sondern als „Landesgemeinde“, die unter einem „einheitlichen Landrecht“ steht. „Das Wesensmerkmal des Landes“, so Brunner, „ist nicht das Vorhandensein eines Lan- desherrn, […] dessen der modernen Souveränität analog gedachte Staatsgewalt ein Staats- volk schafft und ein Staatsgebiet, das Land, konstituiert, sondern eine Landesgemeinde, die nach Landrecht lebt. Die Landesgemeinde ist die rechtliche Rechtsgenossenschaft. Das Zusammenleben ihrer Glieder wird durch das Landrecht geregelt. Fehlt diese Landes- gemeinde, funktioniert sie nicht mehr, dann existiert das Land nur mehr ideell, insofern eine tatsächliche Rechtseinheit noch vorhanden ist und bewußt bleibt“132. Kontroverse entstanden. Auslöser hierfür war die (abwegige) These von Gadi Algazi, der zufolge Brunners Fehdekonzept auf die „nationalsozialistische Rehabilitierung der Gewalt“ zurückzuführen sei, vgl. Algazi, Otto Brunner (wie Anm. 118) 168. Siehe auch Ders., Herrengewalt (wie Anm. 118), das in der fachhis- torischen Mediävistik jedoch auf breite Ablehnung gestoßen ist. Nach Auffassung von Kroeschell ist das Buch ein „deutlicher Rückschritt“, vgl. Kroeschell, Rechtsgeschichte (wie Anm. 124) 224. Siehe auch die ausführlichen Kritiken bei André Holenstein, in : ZHF 25 (1998) 592–597 ; Howard Kaminski, in : Speculum 73 (1998) 799–802 ; Sigrid Schmitt, Schutz und Schirm oder Gewalt und Unterdrückung ? Überlegungen zu Gadi Algazis Dissertation „Herrengewalt und Gewalt der Herren in späten Mittelalter“, in : VSWG 89 (2002) 22–78 ; Christine Reinle, Bauernfehden. Studien zur Fehdeführung Nichtadeliger im spätmittelalterlichen römisch-deutschen Reich, besonders in den bayerischen Herzogtümern (Wiesbaden 2003) 42 und 60. Einen kritischen Überblick der Debatte gibt Klaus Graf, Gewalt und Fehde in Südwest- deutschland. Überlegungen zur spätmittelalterlichen Fehde. Online-Reprint eines Beitrags auf dem Bielefel- der Kolloquium „Gewalt“ am 29.11.1998 : http/www.geschichte.uni-freiburg.de/mertens/graf/gewalt.htm. 130 Matthias Werner, Zur Einführung, in : Spätmittelalterliches Landesbewußtsein in Deutschland, hg. v. Dems. (VuF 61, Stuttgart 2005) 7–15, hier 8. Siehe aber Enno Bünz, Das Land als Bezugsrahmen von Herrschaft, Rechtsordnung und Identitätsbildung. Überlegungen zum spätmittelalterlichen Landesbegriff, in : ebd. 53–92, und Winfried Stelzer, Landesbewußtsein in den habsburgischen Ländern östlich des Arl- bergs bis zum frühen 15. Jahrhundert, in : ebd. 157–222. Zuvor bereits Othmar Hageneder, Der Landes- begriff bei Otto Brunner, in : Annali (wie Anm. 10) 153–178 ; Ders., Land und Landrecht in Österreich und Tirol. Otto Brunner und die Folgen, in : Tirol – Österreich – Italien. FS für Josef Riedmann zum 65. Ge- burtstag, hg. v. Klaus Brandstetter, Julia Hörmann (Innsbruck 2005) 299–312 ; Weltin, Begriff (wie Anm. 5) ; Folker Reichert, Landesherrschaft, Adel und Vogtei. Zur Vorgeschichte des spätmittelalterlichen Ständestaats im Herzogtum Österreich (AKG Beiheft 23, Köln/Wien 1985). 131 Brunner, Land und Herrschaft (wie Anm. 2) 221. 132 Brunner, Land und Herrschaft (wie Anm. 2) 228f.; Ders., Verfassungsbegriff (wie Anm. 1) 518–524.
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Österreichische Historiker Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Band 3
Titel
Österreichische Historiker
Untertitel
Lebensläufe und Karrieren 1900–1945
Band
3
Autor
Karel Hruza
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2019
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20801-3
Abmessungen
17.0 x 24.0 cm
Seiten
630
Schlagwörter
Lebensläufe, Werke und gesellschaftliches Wirken österreichischer Historikerinnen und Historiker, Geschichtsforschung
Kategorie
Biographien

Inhaltsverzeichnis

  1. Österreichische Historiker 1900–1945. Einleitung und Kommentar zum dritten Band 9
  2. Oswald Redlich (1858–1944). Historiker über oder zwischen den Parteien ? 29
  3. Ludo Moritz Hartmann (1865–1924). Geschichtsschreibung im Lichte der frühen Sozialdemokratie Österreichs 67
  4. Hermann Wopfner (1876–1963). Der „treueste Sohn Tirols“ 97
  5. Hugo Hassinger (1877–1952). Volkstumsforscher, Raumplaner, Kartograph und Historiker 123
  6. Hans Uebersberger (1877–1962). Eine Gratwanderung : (S)eine Karriere im Fokus privater und öffentlich-beruflicher Spannungen 157
  7. Adolf Helbok (1883–1968). „Ich war ein Stürmer und Dränger“ 185
  8. Camillo Praschniker (1884–1949). Wiedergewinnung aus der Zerstörung 313
  9. Balduin Saria (1893–1974). „Ein deutschsprachiger Sohn der Untersteiermark“ 379
  10. Erna Patzelt (1894–1987) und Lucie Varga (1904–1941). Leben zwischen Kontinuität und Diskontinuität 405
  11. Otto Brunner (1898–1982). „Nicht der Staat, nicht die Kultur sind uns heute Gegenstand der Geschichte sondern Volk und Reich.“ 439
  12. Richard Wolfram (1901–1995). „Wir haben einen Stern, dem wir gefolgt sind“ 479
  13. Taras (von) Borodajkewycz (1902–1984). Zwischen Katholizismus und Nationalsozialismus : Der Versuch, das Unvereinbare zu verbinden 527
  14. Abkürzungsverzeichnis 607
  15. Abbildungsnachweis 610
  16. Personenregister 611
  17. Autorinnen und Autoren 625
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