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Österreichische Historiker - Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Band 3
Seite - 476 -
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Seite - 476 - in Österreichische Historiker - Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Band 3

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476 Reinhard Blänkner der ÖAW aus betriebenen Regesta Imperii hat Santifaller sich gewiss große Verdienste erworben159. Mit seinem theoriephoben, einseitig auf Quellenstudium reduzierten Ver- ständnis der Geschichtswissenschaft ist er allerdings einer der wichtigsten Repräsentanten der „autochtonen Provinzialisierung“160 der österreichischen Geisteswissenschaften der Nachkriegszeit und der 1950er Jahre. Der gescheiterte Versuch, Brunners „wertvolle Arbeitskraft […] dem österreichischen Staate zu erhalten“, mündete 1948 in die von Brunner selbst erbetene Pensionierung161. Das Ministerium entsprach dieser Bitte und verband die Pensionierung mit der Rück- stufung Brunners auf den Status eines außerordentlichen Professors, den er vor dem „Anschluss“ Österreichs ans nationalsozialistische Deutsche Reich innegehabt hatte162. Brunner geriet ins akademische Abseits : In dem zweibändigen, von Nikolaus Grass he- rausgegebenen Werk „Österreichische Geschichtswissenschaft der Gegenwart in Selbst- darstellungen“ (1950/51) wird er nicht genannt. Den „Rückzug in die Idylle“163 bedeu- teten der Verlust der akademischen Ämter und die Pensionierung gewiss nicht. Nach den Jahren als Offizier in Tulln, die die Möglichkeiten zu wissenschaftlicher Arbeit stark eingeschränkt hatten, verschaffte die Pensionierung Brunner allerdings einen, wenn auch erzwungenen, Freiraum für die Wiederaufnahme eigener Forschungen. Entpflichtet von akademischen Aufgaben hat Brunner diesen Freiraum für die Er- schließung neuer Arbeitsfelder genutzt. Vor allem wurde das akademische Abseits für ihn ein Ort geistig-politischer Besinnung nach der katastrophalen Zerstörung Europas durch den Nationalsozialismus und dem Verlust der totalitären Utopie einer homogenen Volks- gemeinschaft. Der Abschied vom Traum eines totalitären Neuen Europa öffnete Brunner den Blick auf einen neuen Denkraum, den er im Anschluss an Jacob Burckhardt „Alt- europa“ nannte. Diese posttotalitäre Alteuropawende charakterisiert Brunners gesamtes Werk nach 1945164. Locus classicus ist hierfür Brunners 1949 erschienenes Buch „Adeli- ges Landleben und europäischer Geist“, eine strukturgeschichtliche Biographie über den schlesisch-niederösterreichischen protestantischen Kleinadeligen Wolf Helmhard von 159 Siehe zu Santifaller : Hannes OBermair, Leo Santifaller (1890–1974). Von Archiven, Domkapiteln und Biografien, in : Österreichische Historiker 1 (wie Anm. 22) 597–617 ; Stoy, Institut (wie Anm. 12) 286 und auch 298. 160 Christian Fleck, Autochtone Provinzialisierung. Universität und Wissenschaftspolitik nach dem Ende der nationalsozialistischen Herrschaft in Österreich, in : ÖZG 7 (1996) 67–92. 161 Vgl. den Brief Brunners an das Bundeministerium für Unterricht vom 19.07.1948, ÖStA AdR, PA Otto Brunner, Konv. 264. 162 Siehe hierzu die entsprechenden Schreiben des Bundesministerium für Unterricht vom 26.08.1948 und vom 21.10.1948 : UAW D-Zl 3211, fol 1 und 6. 163 So die zynische Kommentierung von Jütte, Ständestaat (wie Anm. 6) 248. 164 Siehe hierzu Blänkner, Von der Staatsbildung zur Volkwerdung (wie Anm. 10) 117–133 ; Ders., Nach der Volksgeschichte (wie Anm. 10) 351–357. Open Access © 2019 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN KÖLN WEIMAR
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Österreichische Historiker Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Band 3
Titel
Österreichische Historiker
Untertitel
Lebensläufe und Karrieren 1900–1945
Band
3
Autor
Karel Hruza
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2019
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20801-3
Abmessungen
17.0 x 24.0 cm
Seiten
630
Schlagwörter
Lebensläufe, Werke und gesellschaftliches Wirken österreichischer Historikerinnen und Historiker, Geschichtsforschung
Kategorie
Biographien

Inhaltsverzeichnis

  1. Österreichische Historiker 1900–1945. Einleitung und Kommentar zum dritten Band 9
  2. Oswald Redlich (1858–1944). Historiker über oder zwischen den Parteien ? 29
  3. Ludo Moritz Hartmann (1865–1924). Geschichtsschreibung im Lichte der frühen Sozialdemokratie Österreichs 67
  4. Hermann Wopfner (1876–1963). Der „treueste Sohn Tirols“ 97
  5. Hugo Hassinger (1877–1952). Volkstumsforscher, Raumplaner, Kartograph und Historiker 123
  6. Hans Uebersberger (1877–1962). Eine Gratwanderung : (S)eine Karriere im Fokus privater und öffentlich-beruflicher Spannungen 157
  7. Adolf Helbok (1883–1968). „Ich war ein Stürmer und Dränger“ 185
  8. Camillo Praschniker (1884–1949). Wiedergewinnung aus der Zerstörung 313
  9. Balduin Saria (1893–1974). „Ein deutschsprachiger Sohn der Untersteiermark“ 379
  10. Erna Patzelt (1894–1987) und Lucie Varga (1904–1941). Leben zwischen Kontinuität und Diskontinuität 405
  11. Otto Brunner (1898–1982). „Nicht der Staat, nicht die Kultur sind uns heute Gegenstand der Geschichte sondern Volk und Reich.“ 439
  12. Richard Wolfram (1901–1995). „Wir haben einen Stern, dem wir gefolgt sind“ 479
  13. Taras (von) Borodajkewycz (1902–1984). Zwischen Katholizismus und Nationalsozialismus : Der Versuch, das Unvereinbare zu verbinden 527
  14. Abkürzungsverzeichnis 607
  15. Abbildungsnachweis 610
  16. Personenregister 611
  17. Autorinnen und Autoren 625
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