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Österreichische Historiker - Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Band 3
Seite - 483 -
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Seite - 483 - in Österreichische Historiker - Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Band 3

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Richard Wolfram (1901–1995) 483 bierte zunächst die Fächer Germanistik und Kunstgeschichte, doch wechselte er – nicht zuletzt beeinflusst durch einen halbjährigen Aufenthalt in Schweden im darauffolgenden Jahr – im Zweitfach zur Skandinavistik. Das geistige Umfeld der Universität, das der nunmehr Zwanzigjährige betrat, sollte dazu beitragen, seine deutschnationalen Prägun- gen weiter in das Koordinatensystem einer „völkischen“ Wissenschaft zu intergrieren, welche in den Wiener Geisteswissenschaften in jenen Jahren bereits weit verbreitet war. Schon vor dem Ersten Weltkrieg waren die meisten Hochschulen in der Habsburgermo- narchie ein Tummelplatz für nationale Ideen gewesen13. Nun, unter dem Eindruck der Niederlage im Weltkrieg und konfrontiert mit den sozio-ökonomischen Problemen im Nachkriegs-Österreich, radikalisierten sich Teile der Studentenschaft und des Lehrkörpers weiter. Dabei verdichteten sich die bereits vor dem Krieg vorhandenen nationalistischen Strömungen, die zwar nie zu einer vollkommen homogenen Weltanschauung gediehen, jedoch gerade durch ihre (relative) Breite eine Anziehungskraft entwickelten. Ihre Eck- pfeiler waren die „Anti“-Haltungen (Antisemitismus, Antimarxismus, Antifeminismus, antidemokratische und antiwestliche Einstellungen), die – in Verbindung mit der Her- vorhebung der eigenen „deutschen“ kulturellen Wurzeln, Abstammung und Geschichte, vielfach unter Bezugnahme auf pseudo-wissenschaftliche Rassentheorien – zu einem Be- wusstsein deutsch-völkischer Besonderheit führten14. Derartige deutschnationale und an- tisemitische Einstellungen prägten das geistig-politische Klima an der Universität Wien in der Nachkriegszeit sowohl bei zahlreichen Lehrenden als auch in Teilen der Studenten- schaft in erheblichem Ausmaß15. Dieser „völkische Geist“ zeigte sich gerade auch in der universitären Germanistik, die zu dieser Zeit den Anspruch erhob, eine Kerndisziplin der Kultur- und Sinnvermittlung in der Geisteswissenschaft zu sein16. Diesem Bewusstsein 13 Vgl. Helge Zoitl, Akademische Festkultur, in : Aufbruch in den Untergang. Österreichs Kultur zwischen 1918 und 1938, hg. v. Franz Kadrnoska (Wien 1981) 167–204, hier 167. 14 Zur Identitätsbildung der politischen Lager in der Zwischenkriegszeit siehe Robert KriechBaumer, Die großen Erzählungen der Politik. Politische Kultur und Parteien in Österreich von der Jahrhundertwende bis 1945 (Schriftenreihe des Forschungsinstitutes für historisch-politische Studien der Dr.-Wilfried-Haslauer- Bibliothek 12, Wien 2001), sowie Bruce Pauley, Eine Geschichte des österreichischen Antisemitismus. Von der Ausgrenzung zur Auslöschung (Wien 1993), insbes. 132–145. 15 Zu den antisemitsichen Einstellungen und dem geistigen Klima an der Universität Wien siehe den Sam- melband : Der lange Schatten des Antisemitismus. Kritische Auseinandersetzungen mit der Geschichte der Universität Wien im 19. und 20. Jahrhundert, hg. v. Oliver RathkolB (Zeitgeschichte im Kontext 8, Wien 2013). 16 Zu den politischen und wissenschaftstheoretischen Bedingungen des Faches Germanistik an der Universität Wien in der Zwischenkriegszeit siehe Sebastian Meissl, Germanistik in Österreich. Zu ihrer Geschichte und Politik 1918–1938, in : Aufbruch in den Untergang. Österreichische Kultur zwischen 1918 und 1938, hg. v. Franz Kadrnoska (Wien 1981) 475–496 ; und Sebastian Meissl, Zur Wiener Neugermanistik der dreissiger Jahre : Stamm, Volk, Rasse, Reich. Über Josef Nadlers literaturwissenschaftliche Position, in : Österreichische Literatur der dreissiger Jahre, hg v. Klaus Amann u. a. (Wien 1985) 130–146.
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Österreichische Historiker Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Band 3
Titel
Österreichische Historiker
Untertitel
Lebensläufe und Karrieren 1900–1945
Band
3
Autor
Karel Hruza
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2019
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20801-3
Abmessungen
17.0 x 24.0 cm
Seiten
630
Schlagwörter
Lebensläufe, Werke und gesellschaftliches Wirken österreichischer Historikerinnen und Historiker, Geschichtsforschung
Kategorie
Biographien

Inhaltsverzeichnis

  1. Österreichische Historiker 1900–1945. Einleitung und Kommentar zum dritten Band 9
  2. Oswald Redlich (1858–1944). Historiker über oder zwischen den Parteien ? 29
  3. Ludo Moritz Hartmann (1865–1924). Geschichtsschreibung im Lichte der frühen Sozialdemokratie Österreichs 67
  4. Hermann Wopfner (1876–1963). Der „treueste Sohn Tirols“ 97
  5. Hugo Hassinger (1877–1952). Volkstumsforscher, Raumplaner, Kartograph und Historiker 123
  6. Hans Uebersberger (1877–1962). Eine Gratwanderung : (S)eine Karriere im Fokus privater und öffentlich-beruflicher Spannungen 157
  7. Adolf Helbok (1883–1968). „Ich war ein Stürmer und Dränger“ 185
  8. Camillo Praschniker (1884–1949). Wiedergewinnung aus der Zerstörung 313
  9. Balduin Saria (1893–1974). „Ein deutschsprachiger Sohn der Untersteiermark“ 379
  10. Erna Patzelt (1894–1987) und Lucie Varga (1904–1941). Leben zwischen Kontinuität und Diskontinuität 405
  11. Otto Brunner (1898–1982). „Nicht der Staat, nicht die Kultur sind uns heute Gegenstand der Geschichte sondern Volk und Reich.“ 439
  12. Richard Wolfram (1901–1995). „Wir haben einen Stern, dem wir gefolgt sind“ 479
  13. Taras (von) Borodajkewycz (1902–1984). Zwischen Katholizismus und Nationalsozialismus : Der Versuch, das Unvereinbare zu verbinden 527
  14. Abkürzungsverzeichnis 607
  15. Abbildungsnachweis 610
  16. Personenregister 611
  17. Autorinnen und Autoren 625
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