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Richard Wolfram (1901–1995) 513
wegischen Studierenden hielt. Diese sollten durch politischen Unterricht dazu angehalten
werden, sich als Freiwillige zur „Legion Norwegen“ der SS zu melden. Seinem Bekunden
nach stieß er trotz seiner Verwendung der norwegischen Sprache dabei auf Ablehnung149.
Im Zuge des Kriegsverlaufs verlagerten sich Wolframs Aktivitäten auf die Aufarbeitung
der Ergebnisse seiner Brauchtumsaufzeichnungen, vor allem aus Südtirol. So arbeite er im
Oktober 1944 in Traismauer und richtete seine Aufmerksamkeit zunehmend auf die Si-
cherstellung und Evakuierung unseres unersetzlichen Handschriften- und Photomaterials. Ein
Teil ist in einem unterirdischen Panzergewölbe in Wien geborgen. Doch ich beginne jetzt mit
dem Abtransport nach Salzburg, da man mit der Möglichkeit des Heranrückens der Ostfront
in die Nähe von Wien rechnen muß150. Spät erhielt er noch, gleichsam als Abgesang des
„Ahnenerbe“, am 30. Januar 1945 das Kriegsverdienstkreuz 2. Klasse durch Himmler in
Anerkennung seines Einsatzes für die Ihnen gestellten Aufgaben151. Das Kriegsende erlebte
Wolfram schließlich in Niederösterreich, von wo er sich alsbald nach Salzburg zurückzog.
12.. der wiederaufstieg des „unpolitischen“ volkskundlers
Unmittelbar nach Kriegsende verlegte Wolfram seinen Lebensmittelpunkt in das von
amerikanischen Truppen besetzte Salzburg. Inzwischen war er als deutlich NS-Belasteter
von seiner Professur an der Universität Wien enthoben worden, und es erfolgte auf Grund
§14 des Verbotsgesetzes vom 6. Juni 1945 die Entlassung152. Seine finanziell zunächst
noch bedrängte Situation wollte ihm sein Freund Ernst Burgstaller153 verbessern helfen,
der ihm Unterstützung durch die „Nazi-Hilfe“ anbot154. Sobald es die Bedingungen er-
laubten, ging Wolfram daran, sein altes Netzwerk von Volkstumsfreunden und Kollegen
zu reaktivieren. Für seine „Wiederbetätigung“ in der Volkskunde fand er in Salzburg güns-
tige Verhältnisse vor. So wurde er bereits 1948, trotz seiner NS-Belastung, zum 2. Vor-
standsmitglied des Salzburger „Heimatwerkes“ gewählt und nahm 1951 als offizieller Ver-
149 Siehe Kater, Ahnenerbe (wie Anm. 94) 185–186.
150 Halbjahresbericht 14.10.1944 (wie Anm. 148).
151 BAB, NS 21 : Sievers an Wolfram, datiert 16.02.1945 ; Diese Auszeichnung die laut Stiftungsverordnung
faktisch für Verdienste im rückwärtigen Frontgebiet, der Etappe oder in der Heimat verliehen wurde und die
nicht mit Kampfhandlungen im Zusammenhang standen, konnte an alle Dienstgrade der Wehrmacht und
SS, aber auch an Zivilisten vergeben werden.
152 Siehe Bockhorn, Angelegenheit (wie Anm. 5) 224.
153 Ernst Burgstaller, Volkskundler, Studium an der Universität Wien unter anderem bei Oswald Menghin und
Arthur Haberlandt, Habilitation an der Universität Heidelberg 1944, 1964 an der Universität Graz, ab 1968
an der Universität Linz, Mitbegründer des Österreichischen Volkskundeatlas. Forschungsschwerpunkt Fels-
bilder.
154 Siehe SLIVK, NRW, Briefe 23862-N : Burgstaller an Wolfram, datiert 10.11.1948.
Österreichische Historiker
Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Band 3
- Titel
- Österreichische Historiker
- Untertitel
- Lebensläufe und Karrieren 1900–1945
- Band
- 3
- Autor
- Karel Hruza
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20801-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 630
- Schlagwörter
- Lebensläufe, Werke und gesellschaftliches Wirken österreichischer Historikerinnen und Historiker, Geschichtsforschung
- Kategorie
- Biographien
Inhaltsverzeichnis
- Österreichische Historiker 1900–1945. Einleitung und Kommentar zum dritten Band 9
- Oswald Redlich (1858–1944). Historiker über oder zwischen den Parteien ? 29
- Ludo Moritz Hartmann (1865–1924). Geschichtsschreibung im Lichte der frühen Sozialdemokratie Österreichs 67
- Hermann Wopfner (1876–1963). Der „treueste Sohn Tirols“ 97
- Hugo Hassinger (1877–1952). Volkstumsforscher, Raumplaner, Kartograph und Historiker 123
- Hans Uebersberger (1877–1962). Eine Gratwanderung : (S)eine Karriere im Fokus privater und öffentlich-beruflicher Spannungen 157
- Adolf Helbok (1883–1968). „Ich war ein Stürmer und Dränger“ 185
- Camillo Praschniker (1884–1949). Wiedergewinnung aus der Zerstörung 313
- Balduin Saria (1893–1974). „Ein deutschsprachiger Sohn der Untersteiermark“ 379
- Erna Patzelt (1894–1987) und Lucie Varga (1904–1941). Leben zwischen Kontinuität und Diskontinuität 405
- Otto Brunner (1898–1982). „Nicht der Staat, nicht die Kultur sind uns heute Gegenstand der Geschichte sondern Volk und Reich.“ 439
- Richard Wolfram (1901–1995). „Wir haben einen Stern, dem wir gefolgt sind“ 479
- Taras (von) Borodajkewycz (1902–1984). Zwischen Katholizismus und Nationalsozialismus : Der Versuch, das Unvereinbare zu verbinden 527
- Abkürzungsverzeichnis 607
- Abbildungsnachweis 610
- Personenregister 611
- Autorinnen und Autoren 625