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516 Alfred Werner Höck
Im Zuge der Bemühungen für die Erlangung eines Forschungsstipendiums erbat Wolf-
ram auch bei zahlreichen KollegInnen Unterstützungsgutachten, wobei er sich um Inter-
nationalität des Unterstützerkreises bemühte, darunter auch Lily Weiser-Aall, die nun als
Konservatorin am Institut Norsk Etnologisk Granskning des Norsk Folkemuseum Bydoy
in Oslo arbeitete. In ihrem Gutachten vom 19. Juni 1953 begrüßt sie die Möglichkeit der
Neuherausgabe des Werkes, welche im Interesse der ethnologischen Wissenschaft sei. Wolf-
ram sei der letzte, der noch um die alten Tanztraditionen wisse. Mit Verweis auf die bereits
in den 1930er Jahren erschienenen ersten drei Teile des weiterhin nicht abgeschlossenen
Werkes, dürfe man sich von dessen Fertigstellung Anregungen und neue Fragestellungen in
reicher Fülle erwarten. Die ökonomische Förderung des Projektes sei daher vom Stand-
punkt der Volkskunde im allgemeinen wie auch vom Standpunkt der Männerbundforschung
auf das Wärmste [zu] wünschen und befürworten161. Trotz des Stipendiums und den zahlrei-
chen Unterstützern gelangte das Werk nie zur Neuveröffentlichung. Im Jahr 1961 wurde
anlässlich von Wolframs 60. Geburtstag eine kleine Broschüre in Wien veröffentlicht, in
welcher sein langjähriger Freund Höfler in seiner Einleitung Leben und Werk Wolframs
nach wie vor im Geiste der 1930er Jahre würdigte. Zu dessen Werk „Schwerttanz und
Männerbund“ heißt es dazu bibliografisch : „1936 ff., noch nicht abgeschlossen“162.
zukehren. Nur Wolfram, der Jüngste, musste etwas länger auf die angestrebte Wiedererlangung der Venia
legendi warten. Heydrich und Niessen setzten sich für Wolframs Wiedererlangung eines Lehrstuhles ein,
sowohl in der Bundesrepublik als auch in Wien. Beide Wissenschaftler, mit ihrem stark völkisch geprägten
Wissenschaftsverständnis, schätzten Wolframs volkskundliche Arbeiten und Männerbundtheorien und boten
ihm Podien für eine Profilierung zum Wiedereinstieg in den akademischen Bereich, etwa durch Vortragsmög-
lichkeiten. Vor allem Niessen engagierte sich intensiv für die Neuherausgabe von Wolframs „Schwerttanz
und Männerbund“. Siehe SLIVK, NRW, Briefe 26207-N : Niessen an Wolfram, datiert 10.05.[19]52 ; Diese
Bemühungen wurden begleitet von Niessens Vorschlag an den Bundesminister für Flüchtlingsfragen, Hans
Lukaschek, für geplante Volkskunde-Lehrstühle auch Wolfram zu berücksichtigen und führt in seinem Sch-
reiben an den Minister aus : Sein [Wolframs] Werk über den Schwerttanz und Männerbund, das leider durch
den Krieg nicht fertig wurde, gehört zu den bedeutendsten volkskundlichen Leistungen überhaupt. Siehe SLIVK,
NRW, Briefe 26208-N : Abschrift des Schreibens von Niessen an Lukaschek, datiert 10.05.[19]52 ; Dass seine
Bemühungen damit nicht endeten, zeigt ein späteres Schreiben. Darin setzt Niessen Wolfram vom Scheitern
seiner Bemühungen in Kenntnis, ihn als seinen Nachfolger auf die Berufungsliste setzen zu lassen. Das Schei-
tern bedeute, dass meine ganze volkskundliche und religionswissenschaftliche Bemühung vergebens gewesen sei.
SLIVK, NRW, Briefe 26201-N : Niessen an Wolfram, datiert 07.12.[19]61. Zu Niessen und Heydrich siehe
Leo Haupts, Die Universität zu Köln im Übergang vom Nationalsozialismus zur Bundesrepublik (Studien
zur Geschichte der Universität zu Köln 18, Köln 2007) 221 und 320.
161 SLIVK, NRW, Briefe 27509-N : Abschrift des Gutachtens von Weiser-Aall, datiert 19.06.53.
162 Verzeichnis (wie Anm. 96) 13.
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Österreichische Historiker
Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Band 3
- Titel
- Österreichische Historiker
- Untertitel
- Lebensläufe und Karrieren 1900–1945
- Band
- 3
- Autor
- Karel Hruza
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20801-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 630
- Schlagwörter
- Lebensläufe, Werke und gesellschaftliches Wirken österreichischer Historikerinnen und Historiker, Geschichtsforschung
- Kategorie
- Biographien
Inhaltsverzeichnis
- Österreichische Historiker 1900–1945. Einleitung und Kommentar zum dritten Band 9
- Oswald Redlich (1858–1944). Historiker über oder zwischen den Parteien ? 29
- Ludo Moritz Hartmann (1865–1924). Geschichtsschreibung im Lichte der frühen Sozialdemokratie Österreichs 67
- Hermann Wopfner (1876–1963). Der „treueste Sohn Tirols“ 97
- Hugo Hassinger (1877–1952). Volkstumsforscher, Raumplaner, Kartograph und Historiker 123
- Hans Uebersberger (1877–1962). Eine Gratwanderung : (S)eine Karriere im Fokus privater und öffentlich-beruflicher Spannungen 157
- Adolf Helbok (1883–1968). „Ich war ein Stürmer und Dränger“ 185
- Camillo Praschniker (1884–1949). Wiedergewinnung aus der Zerstörung 313
- Balduin Saria (1893–1974). „Ein deutschsprachiger Sohn der Untersteiermark“ 379
- Erna Patzelt (1894–1987) und Lucie Varga (1904–1941). Leben zwischen Kontinuität und Diskontinuität 405
- Otto Brunner (1898–1982). „Nicht der Staat, nicht die Kultur sind uns heute Gegenstand der Geschichte sondern Volk und Reich.“ 439
- Richard Wolfram (1901–1995). „Wir haben einen Stern, dem wir gefolgt sind“ 479
- Taras (von) Borodajkewycz (1902–1984). Zwischen Katholizismus und Nationalsozialismus : Der Versuch, das Unvereinbare zu verbinden 527
- Abkürzungsverzeichnis 607
- Abbildungsnachweis 610
- Personenregister 611
- Autorinnen und Autoren 625