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Österreichische Historiker - Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Band 3
Seite - 531 -
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Taras (von) Borodajkewycz (1902–1984) 531 Weltkriegs als Verkehrsminister in der Regierung von Symon Petljura in der unabhängi- gen Ukraine engagiert haben. Nach dem raschen Sieg der Bolschewiken in der Ukraine kehrte er nach Österreich zurück. Diese Darstellung könnte fragwürdig sein, aber gemäß tschechoslowakischen Dokumenten war Wlodimir von Borodajkewycz seit Anfang 1920 für fast zwei Jahre an der „ukrainischen Botschaft in Wien“ tätig. Am 22. Oktober 1922 ist er wieder als Eisenbahnbeamter dokumentiert, und zwar als technischer Beamter im Direktorium der Tschechoslowakischen Staatsbahnen in Prag. Seit 1923 arbeitete er inner- halb dieses Direktoriums in der Materialbeschaffungs- und Übernahmeabteilung in Brünn (Brno). Auf diesem Posten blieb er bis zu seiner Entlassung 1939, möglicherweise wollte er in einem geplanten Verkehrsministerium der autonomen Karpathoukraine arbeiten16. Taras Borodajkewycz wuchs bei seiner Mutter sowie im Umfeld seines Onkels Robert in einem von Künstlern frequentierten Milieu auf17. Regelmäßigen Kontakt zu seinem Va- ter gab es nicht. Nach Beendigung der Volkschule im niederösterreichischen Gumpolds- kirchen besuchte er das Kaiser Franz Josef Real- und Obergymnasium in Baden bei Wien und erwies sich als exzellenter Schüler. Während seiner Zeit am Gymnasium entstanden zwischen den Eltern neue Spannungen über die nationale Zugehörigkeit der Söhne. Nach Meinung des Vaters sollte Taras nach der 4. Schulklasse als ukrainischer Zögling an die Theresianische Akademie in Wien (wo die verschiedenen Sprachen der Habsburgischen Monarchie im Unterricht berücksichtigt wurden) wechseln und sich dort auf die Matura vorbereiten. Borodajkewycz erzählte später seiner Frau, dass es tagelange Zukunftsdebatten mit dem Vater gab. Die Mutter überließ schließlich dem Jungen die Entscheidung über seine Zukunft, und dieser – nach dem ukrainischen Nationaldichter Taras Schewtschenko benannt – entschied sich angeblich bewusst für Goethe und Mozart und nicht für Dosto- jewsky und Tscheikowsky18. Ohne mögliche andere soziale Motive für diese Entscheidung in Betracht zu ziehen, wie etwa den Verlust der Freunde an der alten Schule, Angst vor der neuen Schule, Furcht, die ukrainische Sprache nicht genügend zu beherrschen usw., dürfte sich dieser Konflikt um seine Zukunft in Borodajkewycz’ Gedächtnis womöglich als Ego-Ereignis erster Ordnung eingeprägt haben. Seine nationale Identität sollte näm- lich in seinem Leben und in seinem ganzen Denken eine wesentliche Rolle spielen, weil 16 NA, PMR, Sig. 29, Nr. 4018/1938, Kart. 1112, Inž. Vladimír Borodajkewicz. Zur Tätigkeit in Brünn siehe Adressbücher von Gross-Brünn, Jge. 1923, 1925, 1927 und 1934. 17 Die Trennung der Eltern muss schwierig verlaufen sein und mündete in eine Aversion der Söhne gegen den Vater, was von der Mutter noch unterstützt wurde. Anstelle des fehlenden Vaters beeinflusste den jungen Taras in geistiger Hinsicht sein Onkel Robert, ein akademischer Maler, der in einem Mode-Verlag arbeitete und zum Umkreis des Malers Koloman Moser gehörte. Eine Urgroßmutter von Borodajkewycz war Schauspielerin. Siehe ebd. 18 ÖStA KA, NL TB, Sig. B1251/9, Lebensdarstellung von Kriemhilde Borodajkewycz (ohne Titel, Fragment, ohne Datum).
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Österreichische Historiker Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Band 3
Titel
Österreichische Historiker
Untertitel
Lebensläufe und Karrieren 1900–1945
Band
3
Autor
Karel Hruza
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2019
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20801-3
Abmessungen
17.0 x 24.0 cm
Seiten
630
Schlagwörter
Lebensläufe, Werke und gesellschaftliches Wirken österreichischer Historikerinnen und Historiker, Geschichtsforschung
Kategorie
Biographien

Inhaltsverzeichnis

  1. Österreichische Historiker 1900–1945. Einleitung und Kommentar zum dritten Band 9
  2. Oswald Redlich (1858–1944). Historiker über oder zwischen den Parteien ? 29
  3. Ludo Moritz Hartmann (1865–1924). Geschichtsschreibung im Lichte der frühen Sozialdemokratie Österreichs 67
  4. Hermann Wopfner (1876–1963). Der „treueste Sohn Tirols“ 97
  5. Hugo Hassinger (1877–1952). Volkstumsforscher, Raumplaner, Kartograph und Historiker 123
  6. Hans Uebersberger (1877–1962). Eine Gratwanderung : (S)eine Karriere im Fokus privater und öffentlich-beruflicher Spannungen 157
  7. Adolf Helbok (1883–1968). „Ich war ein Stürmer und Dränger“ 185
  8. Camillo Praschniker (1884–1949). Wiedergewinnung aus der Zerstörung 313
  9. Balduin Saria (1893–1974). „Ein deutschsprachiger Sohn der Untersteiermark“ 379
  10. Erna Patzelt (1894–1987) und Lucie Varga (1904–1941). Leben zwischen Kontinuität und Diskontinuität 405
  11. Otto Brunner (1898–1982). „Nicht der Staat, nicht die Kultur sind uns heute Gegenstand der Geschichte sondern Volk und Reich.“ 439
  12. Richard Wolfram (1901–1995). „Wir haben einen Stern, dem wir gefolgt sind“ 479
  13. Taras (von) Borodajkewycz (1902–1984). Zwischen Katholizismus und Nationalsozialismus : Der Versuch, das Unvereinbare zu verbinden 527
  14. Abkürzungsverzeichnis 607
  15. Abbildungsnachweis 610
  16. Personenregister 611
  17. Autorinnen und Autoren 625
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