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Österreichische Historiker - Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Band 3
Seite - 534 -
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534 Jiří Němec der modernen kapitalistischen Gesellschaft wie Individualismus, Liberalismus und Ma- terialismus gerichtet und bot die Lösung, mittels einer korporativen und hierarchischen und somit auch antidemokratischen Gliederung der Gesellschaft deren Probleme und Krisen lösen zu wollen. Der von Spann propagierte Ständestaat zählte zu den damals scheinbar in die Zukunft weisenden faschistischen Staatstheorien. Borodajkewycz lernte Spann im zweitem Jahr seines Theologiestudiums kennen, nachdem ihm Freunde und Spannschüler aus dem katholischen Bund Neuland von ihm berichteten hatten27, und er war besonders von dessen Vorlesung über Sozialmetaphysik von der Antike bis zum deut- schen Idealismus begeistert28. Noch 1978 bezeichnete Borodajkewycz Spann als einen „kompromißlose[n] und geistesmächtige[n] Gegner von Liberalismus und Sozialismus“29. Bereits in den 1920er-Jahren sollte Borodajkewycz zum engeren Kreis jener Studenten und jungen Intellektuellen aus verschiedenen nationalistischen und katholischen Ver- bänden und Gruppierungen gehören, die an philosophischen Debatten in der Wohnung Spanns teilnahmen. Noch 50 Jahre später wollte Borodajkewycz diese Begegnungen in einem stark elitären, deutsch-nationalen und konservativ-katholischen Milieu nicht mis- sen […] in der Formung meines geistigen Bildes30. Er erinnerte sich aber auch, dass ihn als 27 ÖStA KA, NL TB, Sig. B1251/8, Kart. 1, Interview von Dr. Isabella Ackerl (Wissenschaftlichen Kommission des Theodor Körner Stiftungsfonds und des Leopold Kunschak Preises zur Erforschung der Geschichte der Ersten Republik) mit Taras Borodajkewycz vom 11.07.1972 (Xerokopie) 19. Borodajkewycz erwähnte als seine Freunde namentlich Anton Böhm, Eugen Kogon und Alfred Missong, die seit der Mitte der 1920er- Jahre in der katholischen, gesamtdeutsch-orientierten Wiener Zeitschrift „Schönere Zukunft“ publizierten. Nur der spätere Chefredakteur der westdeutschen katholisch-konservativen Zeitschrift „Rheinischer Merkur“, Böhm, gehörte zum engeren Freundeskreis von Borodajkewycz. Kogon und Missong sind dagegen nur selten im Nachlass und den Publikationen von Borodajkewycz zu finden. Missong warnte bereits in den 1920er- Jahren unter Pseudonym vor der Gefahr des Nationalsozialismus, siehe Erika Weinzierl, Art. „Missong, Alfred“, in : NDB 17 (1994) 566f. Onlinefassung www.deutsche-biographie.de/pnd107616521.html (Letzter Zugriff 11.11.2014). 28 Interview Ackerl (wie Anm. 27) 19–20 : Ich habe von meinem damaligen Regens die Erlaubnis bekommen, die Vorlesung anzuhören. Der Eindruck ist gewaltig gewesen, den Spann als akademischer Lehrer vermittelt hat. Das war eine seiner schönsten und besten Vorlesungen, deshalb so bedeutend, weil in der Theologie damals eine absolut ablehnende Haltung gegen den deutschen Idealismus eingenommen wurde und ich immer den Eindruck hatte, da stimmt etwas nicht. Nun hat Spann in einer pädagogisch meisterhaften Weise es verstanden, die nicht leichten Gedanken von Kant, Fichte, Schelling und Hegel den interessierten Hörern nahezubringen. Als ich mit meinem Meldungsbuch hinaufkam, um die Testur zu holen, hat mich Spann gefragt, wieso ich also käme. Ich habe das geschildert, gesagt, ich komme von der Scholastik her, sein Schüler […]. Ich bin dann wieder bei ihm gewesen, habe dann auch teilgenommen an Tagungen, die der Spannkreis in Gaming hielt, die so berühmten Gaminger Tagungen. 29 Taras Borodajkewycz, Zum 100. Geburtstag Othmar Spanns, in : Eckartbote 1978, Folge 10, 4 : „Seine [Spanns] begeisternden Vorlesungen erfüllten die damalige deutsche akademische Jugend aller Fakultäten mit hohem Idealismus. Die durch Jahre durchgeführten ‚Gaminger Wochen‘ wurden für viele studentischen Teil- nehmer zum unverlierbaren geistigen Erlebnis.“ 30 Ebd. erinnert sich Borodajkewycz, dass er während der Jahre 1923–1927 Teilnehmer des Spann-Kreises ge- Open Access © 2019 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN KÖLN WEIMAR
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Österreichische Historiker Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Band 3
Titel
Österreichische Historiker
Untertitel
Lebensläufe und Karrieren 1900–1945
Band
3
Autor
Karel Hruza
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2019
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20801-3
Abmessungen
17.0 x 24.0 cm
Seiten
630
Schlagwörter
Lebensläufe, Werke und gesellschaftliches Wirken österreichischer Historikerinnen und Historiker, Geschichtsforschung
Kategorie
Biographien

Inhaltsverzeichnis

  1. Österreichische Historiker 1900–1945. Einleitung und Kommentar zum dritten Band 9
  2. Oswald Redlich (1858–1944). Historiker über oder zwischen den Parteien ? 29
  3. Ludo Moritz Hartmann (1865–1924). Geschichtsschreibung im Lichte der frühen Sozialdemokratie Österreichs 67
  4. Hermann Wopfner (1876–1963). Der „treueste Sohn Tirols“ 97
  5. Hugo Hassinger (1877–1952). Volkstumsforscher, Raumplaner, Kartograph und Historiker 123
  6. Hans Uebersberger (1877–1962). Eine Gratwanderung : (S)eine Karriere im Fokus privater und öffentlich-beruflicher Spannungen 157
  7. Adolf Helbok (1883–1968). „Ich war ein Stürmer und Dränger“ 185
  8. Camillo Praschniker (1884–1949). Wiedergewinnung aus der Zerstörung 313
  9. Balduin Saria (1893–1974). „Ein deutschsprachiger Sohn der Untersteiermark“ 379
  10. Erna Patzelt (1894–1987) und Lucie Varga (1904–1941). Leben zwischen Kontinuität und Diskontinuität 405
  11. Otto Brunner (1898–1982). „Nicht der Staat, nicht die Kultur sind uns heute Gegenstand der Geschichte sondern Volk und Reich.“ 439
  12. Richard Wolfram (1901–1995). „Wir haben einen Stern, dem wir gefolgt sind“ 479
  13. Taras (von) Borodajkewycz (1902–1984). Zwischen Katholizismus und Nationalsozialismus : Der Versuch, das Unvereinbare zu verbinden 527
  14. Abkürzungsverzeichnis 607
  15. Abbildungsnachweis 610
  16. Personenregister 611
  17. Autorinnen und Autoren 625
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