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Österreichische Historiker - Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Band 3
Seite - 553 -
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Taras (von) Borodajkewycz (1902–1984) 553 bereits seit dem Jahr 1933 illegales Mitglied der NSDAP114. Mit ihrem betonten Katho- lizismus bildeten sie einen eigenartigen konservativeren Flügel des Nationalsozialismus, zentriert auf die Idee eines mitteleuropäischen gesamtdeutschen Reiches mit Österreichs Geschichtssendung in Südost- und Osteuropa. Als Hitler am 13. März 1938 vor den ju- belnden Massen auf dem Wiener Heldenplatz den „Eintritt“ Österreichs in das Deutsche Reich verkündete, nahmen einige von ihnen an der Veranstaltung teil. Borodajkewycz erinnerte sich noch an der Wende der 1950er und 1960er-Jahren öffentlich vor Studenten daran : Es soll angeblich eine der größten Massendemonstrationen gewesen sein, die er erlebt hatte115. Auch wenn sie später mit der Art und Weise, wie die Eingliederung Öster- reichs, das seinen alten historischen Namen und seine Bedeutung verlor („Individualität“ und „Verfassung“ nach Worten von Glaise-Horstenau116), in den nationalsozialistischen Staat erfolgte, wenig zufrieden waren, verloren sie nie ihre feste Überzeugung von der Richtigkeit ihres politischen Weges. Der Anschluß von 1938 entsprach diesen meinen Vor- stellungen durchaus nicht, erklärte Böhm in den 1950er-Jahren, aber ich habe es trotzdem nicht als Verrat an meiner eigenen Idee aufgefaßt, mich zur Mitwirkung bereitzufinden. Denn ich glaubte, daß vor allem einmal der „Sprung über den Abgrund“ gewagt werden müsse und daß man nicht die nächste, sondern die fernere Zukunft ins Auge fassen müsse ; im Verlauf der Jahre und Jahrzehnte werde es, so meinte ich damals, möglich sein, das Verhältnis zwischen Österreich und Deutschland der Ordnung, die ich für die richtige hielt, näherzubringen. Die NSDAP erschien mir sozusagen als Werkzeug einer geschichtlichen Notwendigkeit, aber die von ihr geschaffenen Tatsachen hielt ich durch Evolution für korrigierbar117. Im Zuge des deutsch-österreichischen Abkommens vom Juli 1936 wurden National- sozialisten, die nach dem Juli-Putsch 1934 verhaftet worden waren, amnestiert und die österreichische Regierung um zwei Vertrauensmänner der „nationalen“ Opposition erwei- tert (Glaise-Horstenau und Guido Schmidt) ; der neue Regierungskurs hieß „Deutscher Weg“. Schuschnigg sah im „neuen Österreich“ freilich weiterhin den „besseren deutschen Staat“. Da die Führung der österreichischen Nationalsozialisten nicht über großes Ver- trauen seitens ihrer reichsdeutschen Mutterpartei verfügte, ergriff das katholisch-nationale Lager die Initiative. Kontakte zur Wiener Gesandtschaft des Deutschen Reiches und zu Franz von Papen, dem Architekten der Politik einer deutsch-österreichischen Versöhnung, 114 Behal, Kontinuitäten (wie Anm. 112) 189–192. 115 Eine andere Massenversammlung im Leben Borodajkewycz’ war die Papstwahl 1939 in Rom. 116 General im Zwielicht 3 (wie Anm. 99) 43. 117 ÖStA /AVA, NL Friedrich Funder, E1781/14, Schreiben Böhms an Funder vom 12.02.1954. Vergleiche, wie ähnlich Otto Müller Borodajkewycz’ Einstellung zum Nationalsozialismus in seiner von mir bereits zitierten Erklärung vom Juli 1946 charakterisierte (ÖStA KA, NL TB, Sig. B1251/4) : Er war aus ideeller Überzeugung Nationalsozialist, lehnte aber die politische Entwicklung und Verpreussung Österreichs nicht nur ab, sondern setzte ihr als Mensch und Wissenschaftler Widerstand entgegen.
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Österreichische Historiker Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Band 3
Titel
Österreichische Historiker
Untertitel
Lebensläufe und Karrieren 1900–1945
Band
3
Autor
Karel Hruza
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2019
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20801-3
Abmessungen
17.0 x 24.0 cm
Seiten
630
Schlagwörter
Lebensläufe, Werke und gesellschaftliches Wirken österreichischer Historikerinnen und Historiker, Geschichtsforschung
Kategorie
Biographien

Inhaltsverzeichnis

  1. Österreichische Historiker 1900–1945. Einleitung und Kommentar zum dritten Band 9
  2. Oswald Redlich (1858–1944). Historiker über oder zwischen den Parteien ? 29
  3. Ludo Moritz Hartmann (1865–1924). Geschichtsschreibung im Lichte der frühen Sozialdemokratie Österreichs 67
  4. Hermann Wopfner (1876–1963). Der „treueste Sohn Tirols“ 97
  5. Hugo Hassinger (1877–1952). Volkstumsforscher, Raumplaner, Kartograph und Historiker 123
  6. Hans Uebersberger (1877–1962). Eine Gratwanderung : (S)eine Karriere im Fokus privater und öffentlich-beruflicher Spannungen 157
  7. Adolf Helbok (1883–1968). „Ich war ein Stürmer und Dränger“ 185
  8. Camillo Praschniker (1884–1949). Wiedergewinnung aus der Zerstörung 313
  9. Balduin Saria (1893–1974). „Ein deutschsprachiger Sohn der Untersteiermark“ 379
  10. Erna Patzelt (1894–1987) und Lucie Varga (1904–1941). Leben zwischen Kontinuität und Diskontinuität 405
  11. Otto Brunner (1898–1982). „Nicht der Staat, nicht die Kultur sind uns heute Gegenstand der Geschichte sondern Volk und Reich.“ 439
  12. Richard Wolfram (1901–1995). „Wir haben einen Stern, dem wir gefolgt sind“ 479
  13. Taras (von) Borodajkewycz (1902–1984). Zwischen Katholizismus und Nationalsozialismus : Der Versuch, das Unvereinbare zu verbinden 527
  14. Abkürzungsverzeichnis 607
  15. Abbildungsnachweis 610
  16. Personenregister 611
  17. Autorinnen und Autoren 625
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