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Österreichische Historiker - Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Band 3
Seite - 557 -
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Taras (von) Borodajkewycz (1902–1984) 557 dinal Innitzer, der scharfe Kritik am österreichischen Ständestaat und hymnisches Lob auf den Nationalsozialismus und Adolf Hitler enthielt, unterzeichnete auch Borodajkwycz137. Anfang April 1938 wurde Borodajkwycz schließlich Mitglied einer von Innitzer ernann- ten kirchlichen Delegation, die zu Verhandlungen mit dem Vatikan nach Rom fliegen sollte, letztendlich aber nicht aufbrach138. Borodajkewycz vertrat auch öffentlich die Idee, dass Nationalsozialismus und Katholizismus zu vereinbaren seien und glaubte, selbst die- sen Weg erfolgreich zu beschreiten139. Anstatt anderer Personen, die während der Herr- schaft des Nationalsozialismus aus der katholischen Kirche austraten, blieb er weiterhin Mitglied und ließ seine zwei Kinder taufen. Vor einem parteilichen Kreisgericht, wo ihm dies zur Last gelegt werden sollte, äußerte er sich 1943 dergestalt, dass er […] sich dies nicht verbieten lasse, weil er eben der Meinung sei, es sei zweckmässig und sinnvoll, solange nichts Besseres da ist, ein Kind taufen zu lassen140. Es war also sein Verhalten vor 1938, das den weltanschaulichen „Fehler“ von Borodaj- kewycz in den Augen der parteilichen Bürokratie neutralisierte. Trotz des Misstrauens der Gestapo gegenüber seiner Person nach dem „Anschluss“ wurde ihm für seine Tä- tigkeit für den Nationalsozialismus im Juli 1939 die Medaille zur Erinnerung an den 13. März 1938 verliehen141. Laut eigener Angabe fungierte Borodajkewycz 1936–1938 als Blockleiter in der illegalen Organisation der NSDAP142 und wurde nach dem „An- schluss“ zum Schulungsleiter der Ortsgruppe Magdalenengrund im 6. Wiener Gemeinde- 137 Im Brief steht auch : Mit mindestens demselben Recht, mit dem die französischen Katholiken sich mit der Regie- rung des Gottesleugners Leon Blum gutstellen dürfen, können wir österreichische Katholiken einen tiefgläubigen Adolf Hitler unterstützen, der durch Taten christlicher Barmherzigkeit mehr Menschen mit Gott versöhnt hat, als in Frankreich mit Streik und Klassenhaß dem Satan in die Hände getrieben werden. Siehe Weinzierl, Prüf- stand (wie Anm. 97) 111–112. 138 Interview Ackerl (wie Anm. 27). 139 Eine parteiliche Beurteilung dieses Anliegens besagt, dass für Borodajkewycz die katholische Kirche dabei eine geringere Rolle spielte. Und es wurde ergänzt : Vor einiger Zeit hat B. vor staatlichen oder städtischen Beam- ten in Salzburg einen Schulungsvortrag gehalten, in dem er Gedanken eines Ausgleiches zwischen Christentum und Nationalsozialismus ausführte. Die Wirkung seiner Worte und Gedanken sollen für ihn, wie er selbst erzählte, ein durchschlagender Erfolg gewesen sein. ÖStA AR, BMI/GA, 217 R, Taras Borodajkewycz, S. 68, Aktenvermerk vom 24.06.1942. 140 ÖStA KA, NL TB, Sig. B1251/127, Urteil des Kreisgerichtes Wien I der NSDAP vom 07.06.1943. 141 ÖStA/HHStA, SB KA HHStA, SR Personalien 2-1-7, Taras Borodajkewycz, Zl. 2203, Verleihung der Ma- daille am 20.07.1939 (Berlin). 142 ÖStA AR, BMI/GA, 217 R, Taras Borodajkewycz, S. 40, Politische Beurteilung des Gaupersonalamts vom 01.12.1942. Nach dieser Quelle wurde er im Jahre 1938 Mitglied von zwei Organisationen der NSDAP : seit 01.08. im Reichsbund der Deutschen Beamten, seit 27.08. in der Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt. Gemäß einer tendenziösen Denkschrift aus dem SS-Personalakt von Wilhelm Höttl war Borodajkewycz vor dem „Anschluss“ sogar Mitglied der Landesleitung der österreichischen NSDAP, was aber aus den Materia- lien des Borodajkewyczschen Gauaktes nicht zu bestätigen ist.
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Österreichische Historiker Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Band 3
Titel
Österreichische Historiker
Untertitel
Lebensläufe und Karrieren 1900–1945
Band
3
Autor
Karel Hruza
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2019
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20801-3
Abmessungen
17.0 x 24.0 cm
Seiten
630
Schlagwörter
Lebensläufe, Werke und gesellschaftliches Wirken österreichischer Historikerinnen und Historiker, Geschichtsforschung
Kategorie
Biographien

Inhaltsverzeichnis

  1. Österreichische Historiker 1900–1945. Einleitung und Kommentar zum dritten Band 9
  2. Oswald Redlich (1858–1944). Historiker über oder zwischen den Parteien ? 29
  3. Ludo Moritz Hartmann (1865–1924). Geschichtsschreibung im Lichte der frühen Sozialdemokratie Österreichs 67
  4. Hermann Wopfner (1876–1963). Der „treueste Sohn Tirols“ 97
  5. Hugo Hassinger (1877–1952). Volkstumsforscher, Raumplaner, Kartograph und Historiker 123
  6. Hans Uebersberger (1877–1962). Eine Gratwanderung : (S)eine Karriere im Fokus privater und öffentlich-beruflicher Spannungen 157
  7. Adolf Helbok (1883–1968). „Ich war ein Stürmer und Dränger“ 185
  8. Camillo Praschniker (1884–1949). Wiedergewinnung aus der Zerstörung 313
  9. Balduin Saria (1893–1974). „Ein deutschsprachiger Sohn der Untersteiermark“ 379
  10. Erna Patzelt (1894–1987) und Lucie Varga (1904–1941). Leben zwischen Kontinuität und Diskontinuität 405
  11. Otto Brunner (1898–1982). „Nicht der Staat, nicht die Kultur sind uns heute Gegenstand der Geschichte sondern Volk und Reich.“ 439
  12. Richard Wolfram (1901–1995). „Wir haben einen Stern, dem wir gefolgt sind“ 479
  13. Taras (von) Borodajkewycz (1902–1984). Zwischen Katholizismus und Nationalsozialismus : Der Versuch, das Unvereinbare zu verbinden 527
  14. Abkürzungsverzeichnis 607
  15. Abbildungsnachweis 610
  16. Personenregister 611
  17. Autorinnen und Autoren 625
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