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Österreichische Historiker - Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Band 3
Seite - 562 -
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562 Jiří Němec SS-Hauptsturmführer Chlan stellte auch fest, dass gerade aus diesen Gründen die Ge- stapo zwei Hausdurchsuchungen bei Borodajkewycz vorgenommen hatte. Es habe sich gezeigt, dass Borodajkewycz mit Gegnern des Nationalsozialismus in Korrespondenz stand, in der abträgliche Bemerkungen und Zerrbilder über die nationalsozialistische Idee enthalten waren. Chlan zweifelte zudem an der SD-Mitarbeit Borodajkewycz’ : Erstens über den Zeitpunkt der Zusammenarbeit, weil sein Name in einigen internen Doku- menten des Wiener Nachrichtendienstes der SS, die von Höttl herrührten (sic), noch 1937 unbekannt gewesen sein soll163, und zweitens bewertete Chlan die Berichte von der Reise Borodajkewycz’ nach Rom zur Papstwahl als falsch und irreführend, denn dem Be- richterstatter sei es nicht gelungen, in Erfahrung zu bringen, welcher Kardinal zum Papst gewählt werden würde164. Um Borodajkewycz wirklich inakzeptabel zu machen, wurde dieser am Ende des Berichts von Chlan noch als jüdischer Mischling II. Grades, angeblich nach seinem Großvater, dem volljüdischem Schauspieler Loewe, denunziert165. Auf Grund dieser Auskünfte wurde Borodajkewycz im Wiener SD als politisch unver- lässliche Person eingestuft166. In seinem Gauakt finden sich seit Anfang 1943 vorwiegend negative Beurteilungen, die vor allem im Zusammenhang mit seiner Berufung an die Universität in Prag entstanden. Die Argumentationen erinnern – teilweise buchstäblich – an die Argumentation aus der Beurteilung Chlans. Der stellvertretende Wiener Gaulei- ter, Karl Scharizer, schloss eine negative politische Beurteilung Borodajkewycz’ wie folgt : [Dass] es sich bei [ihm] wohl um einen der bemerkenswertesten Vertreter der katholisch-na- tionalen Zwischenschicht handelt […]. Bei dem gesamten Vorleben, der weltanschaulichen Aktivität und konfessionellen Bindung des Genannten tritt die vorübergehende Tätigkeit für die NSDAP doch erheblich in den Hintergrund167. 163 Ebd.: […] erscheint zumindest die Tätigkeit im Nachrichtendienst der SS […] als äußerst fraglich. Umsomehr als im Frühjahr 1937 SS-Hauptsturmführer Dr. Höttl den damaligen stellvertretenden Leiter des Wiener ND der SS, Marel, beauftragte, über die Verlässlichkeit und die Tätigkeit des bis dahin unbekannten (!) Dr. B. Erkundigungen einzuziehen (nach angeblich 3 jähriger Tätigkeit). 164 Ebd.: Die ganze Zwecklosigkeit dieser Reise hat sich erst nach erfolgter Papstwahl im vollen Umfange herausgestellt. Soweit noch erinnerlich ist, waren sämtliche Berichte darauf abgestimmt, daß Kardinal Schuster aus Mailand die besten Aussichten hätte, der künftige Papst zu werden. Ferner war immer davon die Rede, Kardinal Schuster wäre deutscher Abstammung und sei dem Nationalsozialismus sehr zugetan. In dieser und ähnlicher Tonart wurde von den „Erfolgen“ des B. bis zur entscheidenden Kardinalabstimmung gesprochen. Die Wahl des Kardinals Pacelli zum Papst hat in jeder Beziehung die Berichterstattung des B. Lügen gestraft. Diesem Text schloss sich noch ein Satz an, der zwar gestrichen wurde, aber gut lesbar ist : B., der sich anfänglich rühmte, alle Einzelheiten kraft seines wissenschaftlichen Ansehens in Rom zu erfahren, hat offenbar wissentlich falsch berichtet und damit das RSHA in Bezug auf die Papstwahl irregeführt. 165 Ebd. 166 Nach einem mir nicht bekannten Vernehmungsprotokoll vom 24.02.1942 im Personalakt Wilhelm Höttl, Münchener Institut für Zeitgeschichte, zitiert nach Behal, Kontinuitäten (wie Anm. 112) 196. 167 ÖStA AR, BMI/GA, 217 R, Taras Borodajkewycz, S. 46, Scharizer an Partei-Kanzlei in München vom Open Access © 2019 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN KÖLN WEIMAR
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Österreichische Historiker Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Band 3
Titel
Österreichische Historiker
Untertitel
Lebensläufe und Karrieren 1900–1945
Band
3
Autor
Karel Hruza
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2019
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20801-3
Abmessungen
17.0 x 24.0 cm
Seiten
630
Schlagwörter
Lebensläufe, Werke und gesellschaftliches Wirken österreichischer Historikerinnen und Historiker, Geschichtsforschung
Kategorie
Biographien

Inhaltsverzeichnis

  1. Österreichische Historiker 1900–1945. Einleitung und Kommentar zum dritten Band 9
  2. Oswald Redlich (1858–1944). Historiker über oder zwischen den Parteien ? 29
  3. Ludo Moritz Hartmann (1865–1924). Geschichtsschreibung im Lichte der frühen Sozialdemokratie Österreichs 67
  4. Hermann Wopfner (1876–1963). Der „treueste Sohn Tirols“ 97
  5. Hugo Hassinger (1877–1952). Volkstumsforscher, Raumplaner, Kartograph und Historiker 123
  6. Hans Uebersberger (1877–1962). Eine Gratwanderung : (S)eine Karriere im Fokus privater und öffentlich-beruflicher Spannungen 157
  7. Adolf Helbok (1883–1968). „Ich war ein Stürmer und Dränger“ 185
  8. Camillo Praschniker (1884–1949). Wiedergewinnung aus der Zerstörung 313
  9. Balduin Saria (1893–1974). „Ein deutschsprachiger Sohn der Untersteiermark“ 379
  10. Erna Patzelt (1894–1987) und Lucie Varga (1904–1941). Leben zwischen Kontinuität und Diskontinuität 405
  11. Otto Brunner (1898–1982). „Nicht der Staat, nicht die Kultur sind uns heute Gegenstand der Geschichte sondern Volk und Reich.“ 439
  12. Richard Wolfram (1901–1995). „Wir haben einen Stern, dem wir gefolgt sind“ 479
  13. Taras (von) Borodajkewycz (1902–1984). Zwischen Katholizismus und Nationalsozialismus : Der Versuch, das Unvereinbare zu verbinden 527
  14. Abkürzungsverzeichnis 607
  15. Abbildungsnachweis 610
  16. Personenregister 611
  17. Autorinnen und Autoren 625
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