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586 Jiří Němec
dem Schriftwechsel mit Srbik aus den Jahren 1946–1951 geht hervor, dass Borodajkewycz,
der sich als treuer Herold Ihrer [Srbiks] grossen wissenschaftlichen Gedanken verstand256 und
nach dessen Tod per Testament dessen wissenschaftlichen Nachlass übernahm, seinem von
ihm verehrten Meister riet, wie vor 1945 verfasste Texte geändert werden sollten, damit
die damalige Zensur nicht eingriff : Ich bin allerdings der Meinung, dass der Aufsatz [über
Prinz Eugen] doch in einigen Wendungen modifiziert werden müsste, wenn er die Klippen der
Zensur glücklich passieren und dem Geheul der Zionswächter257 nicht zu viel Angriffsflächen
bieten will. Gestützt auf Ihre offene, mich sosehr in Ihr Vertrauen ziehende Aufforderung habe
ich mir erlaubt, einige solcher mir nötig scheinenden Änderungen oder Abschwächungen in
dem Fahnenexemplar durch eckige Klammern oder Unterstreichungen anzudeuten. Sie betref-
fen nirgends sachliche Einheiten, sondern wollen nur eine Summierung der heute verpönten
Wörter „deutsch“ und „Reich“ vermeiden. Da der Aufsatz vom „politischen Denken“ Eugens
erzählen will, wird man diese Bezeichnung vielleicht mehrfach auch dort verwenden können,
wo in der vorliegenden Fassung das Wort „Reich“ gesetzt ist258. Borodajkewycz hatte in sei-
nem Arbeitsprogramm sowohl den zweiten als auch den dritten, bisher nicht erschienenen
Band der Metternich-Biografie Srbiks. Aber am Beginn der 1950er-Jahre entschloss sich
Müller, die wissenschaftliche Abteilung seines Verlags zu schließen und Borodajkewycz
wurde 1952 gekündigt. Trotzdem gelang es ihm, beide Bände im Münchener Bruckmann
Verlag, wo Srbiks Bücher bereits früher erschienen waren, herauszugeben259. Das vollzog
Borodajkewycz unter anderem neben seiner neuen Tätigkeit als privater Buchhalter beim
Verlag und Druckerei Holzhausen Nachfolger260.
Verlag folgende Publikationen : Aus Österreichs Vergangenheit. Von Prinz Eugen zu Franz Josef (Salzburg
1949) ; in Zusammenarbeit mit dem Münchener Verlag F. Bruckmann erschien Geist und Geschichte vom
deutschen Humanismus bis zur Gegenwart 1–2 (Salzburg 1950/1951) ; Wallensteins Ende. Ursachen, Verlauf
und Folgen der Katastrophe (Salzburg 1952).
256 ÖStA KA, NL TB, Sig. B1251/88, Schreiben Borodajkewycz’ an Srbik vom 08.04.1949.
257 Borodajkewycz hat dieses pejorative Wort in einem Schreiben an Höttl auch auf dogmatisch-linientreue Na-
tionalsozialisten, nämlich SD-Kreise an der Prager Universität, angewandt : Wir haben uns in Prag [mit den
Studenten] wirklich geliebt und ich hatte immer einen der bestbesuchten Hörsäle, was meine Missliebigkeit bei
den Zionswächtern noch erhöhte. Ebd. Sig. 1521/187, Schreiben vom 20.08.1947.
258 Ebd., Schreiben Borodajkewycz’ an Srbik vom 01.02.1947. Es handelte sich über Srbiks ältere Essays, die im
Buch Aus Österreichs Vergangenheit versammelt wurden.
259 Heinrich SrBik, Metternich. Der Staatsmann und der Mensch 3. Quellenveröffentlichungen und Literatur.
Eine Auswahlübersicht von 1925–1952. Mit einem Vorwort von Taras Borodajkewycz (München 1954).
260 ÖStA KA, NL TB, Sig. B1251/73, Schreiben Borodajkewycz’ an Sedlmayr vom 16.06.1953 : Ich bin seit An-
fang Mai Hals über Kopf in die Metternicharbeit vergraben, habe zum guten Teil ihretwegen mein Buchhalterda-
sein bei Holzhausen liquidiert. Die Arbeit ist, abgesehen von der Beschaffung der neu hinzugekommenen Literatur,
mühevoll und zeitraubend, da das Manuskript besonders schlecht, zum Teil unleserlich war, der Satz infolgedessen
von Fehlern wimmelt und vieles nochmals aus der Literatur rekonstruiert werden muss. Mit der grösseren Hälfte
bin ich wieder durch. Zur Last der Arbeit eines Buchhalters siehe Ebd, den Brief von 21.02.1953.
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Österreichische Historiker
Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Band 3
- Titel
- Österreichische Historiker
- Untertitel
- Lebensläufe und Karrieren 1900–1945
- Band
- 3
- Autor
- Karel Hruza
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20801-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 630
- Schlagwörter
- Lebensläufe, Werke und gesellschaftliches Wirken österreichischer Historikerinnen und Historiker, Geschichtsforschung
- Kategorie
- Biographien
Inhaltsverzeichnis
- Österreichische Historiker 1900–1945. Einleitung und Kommentar zum dritten Band 9
- Oswald Redlich (1858–1944). Historiker über oder zwischen den Parteien ? 29
- Ludo Moritz Hartmann (1865–1924). Geschichtsschreibung im Lichte der frühen Sozialdemokratie Österreichs 67
- Hermann Wopfner (1876–1963). Der „treueste Sohn Tirols“ 97
- Hugo Hassinger (1877–1952). Volkstumsforscher, Raumplaner, Kartograph und Historiker 123
- Hans Uebersberger (1877–1962). Eine Gratwanderung : (S)eine Karriere im Fokus privater und öffentlich-beruflicher Spannungen 157
- Adolf Helbok (1883–1968). „Ich war ein Stürmer und Dränger“ 185
- Camillo Praschniker (1884–1949). Wiedergewinnung aus der Zerstörung 313
- Balduin Saria (1893–1974). „Ein deutschsprachiger Sohn der Untersteiermark“ 379
- Erna Patzelt (1894–1987) und Lucie Varga (1904–1941). Leben zwischen Kontinuität und Diskontinuität 405
- Otto Brunner (1898–1982). „Nicht der Staat, nicht die Kultur sind uns heute Gegenstand der Geschichte sondern Volk und Reich.“ 439
- Richard Wolfram (1901–1995). „Wir haben einen Stern, dem wir gefolgt sind“ 479
- Taras (von) Borodajkewycz (1902–1984). Zwischen Katholizismus und Nationalsozialismus : Der Versuch, das Unvereinbare zu verbinden 527
- Abkürzungsverzeichnis 607
- Abbildungsnachweis 610
- Personenregister 611
- Autorinnen und Autoren 625