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Österreichische Historiker - Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Band 3
Seite - 589 -
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Seite - 589 - in Österreichische Historiker - Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Band 3

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Taras (von) Borodajkewycz (1902–1984) 589 von 1948 am 18. Januar 1950 lediglich als minderbelastet verzeichnet wurde269. Somit hielt Borodajkewycz, der die Erfassung ehemaliger Nationalsozialisten als eine lächerliche Dummheit abqualifizierte270, die Frage nach seiner NS-Vergangenheit endgültig abge- schlossen. Als er fünf Jahre später in Zusammenhang mit seiner Berufung einen Fragebo- gen ausfüllte, bemerkte er zur Frage nach seinem Verhältnis zur NSDAP : überholte und unwichtige Frage271. Nach der Katastrophe von 1945, wie Borodajkewycz den Zusammenbruch des NS-Re- gimes bezeichnete, wurden die alten Beziehungen und Netzwerke ehemaliger Nationalso- zialisten und Deutschnationaler sowie auch national denkender Katholiken reaktiviert272. Er selbst gehörte seit Anfang der 1950er-Jahre zu den regelmäßigen Teilnehmern des 1951 gegründeten, damals nationalistischen und rechtskonservativen, heute noch existierenden „Ennstaler Kreises“, dessen Grundlage – wie er Klebel stolz mitteilte – das selbstverständ- liche Bekenntnis zum deutschen Volk und die scharfe Frontanstellung gegen die 45er war273. 269 ÖStA AdR, BMI/GA, 217 R, Taras Borodajkewycz, S. 2, Entscheidung der Beschwerdekommission vom 18.01.1950. 270 Borodajkewycz kommentierte die Angelegenheit in einem Brief an Srbik vom 07.10.1947 (ÖStA KA, NL TB, Sig. B1251/88) : Ihre offizielle Einreihung in die Gruppe der Minderbelasteten muss als grosser Erfolg bewer- tet werden, abgesehen von der lächerlichen Dummheit des ganzen Registrierungsrummels. Ich selbst bin z.B. plötz- lich in die Gruppe der Belasteten gereiht worden und zum Mitglied der SS avanciert ; dabei soll ich andererseits überhaupt entregistriert werden ! Ich habe gottlob noch immer genug Humor, um solche Eseleien von der heiteren Seite zu nehmen ; leider kostet ihre Reparierung immer überflüssig viel Zeit. 271 ÖStA AdR, BM Unterricht, PA TB, Fragebogen von 1955. Über die Wichtigkeit der biografischen Vergan- genheit für die Gegenwart hatte Borodajkewycz eine klare Meinung : „Wir wollen aber, daß die Gespenster einer erledigten und unwiederholbaren Vergangenheit endlich einmal gebannt werden ! […] Nicht wo einer vor zwanzig und mehr Jahren stand ist bedeutungsvoll, sondern welche Haltung er heute, in dieser ent- scheidenden Stunde der Weltgeschichte einnimmt. Wenn das ‚Forum‘ sich die Aufgabe stellt, die Front der freien Welt zu spalten und zu schwächen, fällt ihm die Verantwortung zu.“ Siehe Taras v. Borodajkewycz, Hexenjagd auf „Neonazi“, in : Die Neue Ordnung, Heft 5 (1960) 1. Die provokante und selbstgerechte Stelle aus dem Fragebogen wurde von Gernot Heiss im Zusammenhang mit der Verdrängung der NS-Ver- gangenheit an österreichischen Universitäten der 1950er-Jahre zitiert. Vgl. Gernot Heiss, Wendepunkt und Wiederaufbau. Die Arbeit des Senats der Universität Wien in den Jahren nach der Befreiung, in : Zukunft mit Altlasten. Die Universität Wien 1945 bis 1955, hg. v. Dems., Margarete Grandner, Oliver RathkolB (Querschnitte 19, Innsbruck u. a. 2005) 9–37, hier 36. 272 Auch Anton Böhm arbeitete im Otto Müller Verlag, wie Borodajkewycz am 04.12.1946 Srbik mitteilte (ÖStA KA, NL TB, Sig. B1251/88). Ein weiteres Beispiel aus einem Brief vom 28.12.1946 : Vor den Feier- tagen empfing ich den überraschenden Besuch meines alten und treuen Freundes Dr. Erich Führer, der nach einer Odyssee aus der französischen Zone Deutschlands hierher gekommen ist. Er verbrachte zwei lange Abende bei mir, zu dem geplanten dritten ist es nicht mehr gekommen, da er inzwischen wieder von der Wiener Polizei verhaftet wurde. Ich bin sehr traurig darüber und versuche alles Mögliche, aber er war wohl etwas zu sorglos und unvorsich- tig. […] Morgen kommt [Adam] Wandruszka zu mir, dem ich zufällig begegnete. Ich freue mich sehr auf seinen Besuch […]. 273 Du fragst mich, was der […] „Ennstaler Kreis“ ist : eine Runde von 80% ehemaligen Nazis und Nationalen und
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Österreichische Historiker Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Band 3
Titel
Österreichische Historiker
Untertitel
Lebensläufe und Karrieren 1900–1945
Band
3
Autor
Karel Hruza
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2019
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20801-3
Abmessungen
17.0 x 24.0 cm
Seiten
630
Schlagwörter
Lebensläufe, Werke und gesellschaftliches Wirken österreichischer Historikerinnen und Historiker, Geschichtsforschung
Kategorie
Biographien

Inhaltsverzeichnis

  1. Österreichische Historiker 1900–1945. Einleitung und Kommentar zum dritten Band 9
  2. Oswald Redlich (1858–1944). Historiker über oder zwischen den Parteien ? 29
  3. Ludo Moritz Hartmann (1865–1924). Geschichtsschreibung im Lichte der frühen Sozialdemokratie Österreichs 67
  4. Hermann Wopfner (1876–1963). Der „treueste Sohn Tirols“ 97
  5. Hugo Hassinger (1877–1952). Volkstumsforscher, Raumplaner, Kartograph und Historiker 123
  6. Hans Uebersberger (1877–1962). Eine Gratwanderung : (S)eine Karriere im Fokus privater und öffentlich-beruflicher Spannungen 157
  7. Adolf Helbok (1883–1968). „Ich war ein Stürmer und Dränger“ 185
  8. Camillo Praschniker (1884–1949). Wiedergewinnung aus der Zerstörung 313
  9. Balduin Saria (1893–1974). „Ein deutschsprachiger Sohn der Untersteiermark“ 379
  10. Erna Patzelt (1894–1987) und Lucie Varga (1904–1941). Leben zwischen Kontinuität und Diskontinuität 405
  11. Otto Brunner (1898–1982). „Nicht der Staat, nicht die Kultur sind uns heute Gegenstand der Geschichte sondern Volk und Reich.“ 439
  12. Richard Wolfram (1901–1995). „Wir haben einen Stern, dem wir gefolgt sind“ 479
  13. Taras (von) Borodajkewycz (1902–1984). Zwischen Katholizismus und Nationalsozialismus : Der Versuch, das Unvereinbare zu verbinden 527
  14. Abkürzungsverzeichnis 607
  15. Abbildungsnachweis 610
  16. Personenregister 611
  17. Autorinnen und Autoren 625
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