Salzburger Festspiele#
In Anlehnung an die von der Stiftung Mozarteum Ende des 19. Jahrhunderts formulierte Idee, in Salzburg regelmäßig Mozart-Festspiele zu veranstalten, wurde 1917 auf Initiative von Friedrich Gehmacher und Heinrich Damisch der Verein "Salzburger Festspielhaus-Gemeinde" gegründet, um die Mittel für den Bau eines Festspielhauses aufzubringen. Im selben Jahr verfasste der Regisseur und Theaterleiter Max Reinhardt eine "Denkschrift zur Errichtung eines Festspielhauses in Hellbrunn".
Nach den Aufführungen von Hugo von Hofmannsthals "Jedermann" auf dem Domplatz 1920, in denen Reinhardt erstmals seine Idee von Freilichtfestspielen in Salzburg verwirklichte, etablierten sich die Salzburger Festspiele durch die Mitwirkung des Bühnenbildners Alfred Roller, des Komponisten Richard Strauss und des Dirigenten Franz Schalk trotz der unsicheren wirtschaftlichen Lage und zunächst ohne Unterstützung durch öffentliche Mittel in den 1920er Jahren rasch auch international.
Die Nutzung der Felsenreitschule als Spielstätte (1926) und der Bau eines Festspielhauses (1925-27, Adaption der 1607 erbauten Hofstallungen) ermöglichten eine Ausweitung des Spielplans.
In den 1930er Jahren wurde das musikalische Repertoire erweitert: 1933 wurde erstmals eine Oper von Richard Wagner ("Tristan und Isolde") aufgeführt, 1935 eine von Giuseppe Verdi ("Falstaff"). Neben künstlerischen und gesellschaftlichen Ereignissen stand nach der nationalsozialistisch Machtergreifung in Deutschland die kulturpolitische Bedeutung der weltweit beachteten Salzburger Festspiele im Vordergrund, bei denen auch viele unter dem Nationalsozialismus verfolgte Künstler mitwirkten.
Zwischen 1938 und 1944 spielten die Salzburger Festspiele eine untergeordnete Rolle in der nationalsozialistischen Kulturpolitik. Ab 1938 war es jüdischen Künstlern verboten, in Salzburg mitzuwirken, Hugo von Hofmannsthals Jedermann verschwand vom Spielplan, ebenso wie viele andere Werke jüdischer Künstlerkollegen.
Ein Großteil der bis dahin prägenden Persönlichkeiten ging ins Exil (Max Reinhardt, Bruno Walter, die Regisseure Lothar Wallerstein und Margarethe Wallmann), andere blieben ihnen freiwillig fern (Hans Thimig, Erich Kleiber, Arturo Toscanini). Dennoch gelang es den Organisatoren, mit Künstlern wie Clemens Krauss, Wilhelm Furtwängler und den Wiener Philharmonikern die Tradition der Salzburger Festspiele programmatisch weitgehend fortzusetzen.
Nach 1945 wurden die Salzburger Festspiele, unterstützt von den US-Besatzungstruppen, abermals Aushängeschild der weltoffenen kulturellen Identität Österreichs. Unter dem Einfluss des Nachkriegsdirektoriums, dem auch der Komponist Gottfried von Einem und der Regisseur Oscar Fritz Schuh angehörten, gewannen die Salzburger Festspiele eine Eigenständigkeit, die einerseits an die Vorkriegstradition anknüpfte (Wiederaufnahme des "Jedermann") und andererseits zeitgenössische Ausdrucksformen einbezog: zwischen 1947 und 1961 gab es fast jeden Sommer eine Oper des 20. Jahrhunderts, darunter zahlreiche Uraufführungen oder deutschsprachige Erstaufführungen.
Das Schauspiel stand auch nach 1945 hinter der Musik zurück, obwohl die Aufführungen des "Jedermann" auf dem Domplatz (unter anderem mit Filmstars wie Curd Jürgens, Maximilian Schell, Klaus Maria Brandauer, Helmuth Lohner, Peter Simonischek und Nicholas Ofczarek in der Titelrolle) nach wie vor zu den bestbesuchten Veranstaltungen zählten bzw. zählen.
Neben Aufführungen der dramatischen Hauptwerke der Weltliteratur und österreichischer Schriftsteller fanden auch Uraufführungen von Stücken von Thomas Bernhard und Peter Handke statt.
In den 1960er Jahren bildete die zeitgenössische Musik vor allem bei den internationalen Ballettgastspielen einen wesentlichen Bestandteil. Nach dem Tod Wilhelm Furtwänglers, der als Dirigent von Weltruf in den Nachkriegsjahren ständiger Gast der Salzburger Festspiele war, wurde der gebürtige Salzburger Herbert von Karajan zunächst künstlerischer Leiter (1956-60).
Von 1964 bis 1988 gehörte er dem Direktorium der Salzburger Festspiele an, nahm nachhaltigen Einfluss auf den Opern- und Konzertspielplan, auf den Neubau des Großen Festspielhauses (eröffnet 1960), auf die Auswahl von Dirigenten, Sängern, Regisseuren und Bühnenbildnern und prägte über 30 Jahre lang den Stil der Salzburger Festspiele: einem internationalen Publikum wurden repräsentative Aufführungen auf höchstem musikalischen Niveau mit den für den jeweiligen Part besten Künstlern geboten.
In Ergänzung zu den Salzburger Festspielen begründete Karajan 1967 die Salzburger Osterfestspiele als privat geführtes Festival, das ursprünglich im Zeichen Richard Wagners stand und später eng mit den Salzburger Festspielen kooperierte.
Nach Karajans Tod 1989 folgten Gérard Mortier (1991−2001), Peter Ruzicka (2001−2006), Jürgen Flimm (2006-2010), Markus Hinterhäuser (2010−2011) als Intendanten; ab 2011 wird Alexander Pereira künstlerischer Leiter des Gesamtprogramms.
1950 wurde per Gesetz ein Festspielfonds geschaffen; die Abgangsdeckung übernahmen zu 40% der Bund und zu je 20% Stadt und Land Salzburg sowie der Fremdenverkehrsförderungsfonds des Landes Salzburg.
Die Salzburger Festspiele gelten als eines der größten Musik- und Theaterfestivals der Welt.
(2008 gab es 190 Veranstaltungen [2003: 188; 1977: 85] mit 224.000 Besuchern [2003: 243.820; 1977: 147.000]; 49 Millionen Euro betrug das Budget, davon wurden 74 % durch Kartenverkäufe, Sponsorengelder und Einnahmen aus Rundfunkrechten eingenommen).
Weiterführendes#
- Wiener Zeitung: 100 Jahre Salzburger Festspiele: Das große Wahnsinnstheater (Essay)
- 100 Jahre Salzburger Festspiele (Briefmarke)
- Salzburger Festspiele, Theater: 30-50er Jahre (Video Album)
- 50 Jahre Salzburger Festspiele , Sonderpostmarke(Briefmarken)
- 75 Jahre Salzburger Festspiele , Sonderpostmarke (Briefmarken)
- 90 Jahre Salzburger Festspiele , Sonderpostmarke (Briefmarken)
- Salzburger Festspiele (Historische Bilder)
- Historische Bilder zu Salzburger Festspiele (IMAGNO)
Literatur#
- J. Kaut, Die Salzburger Festspiele 1920-81, 1982
- S. Gallup, A History of the Salzburg Festival, 1987
- M. P. Steinberg, The Meaning of the Salzburg Festival. Austria as Theatre and Ideology 1890-1938, 1990
- E. Fuhrich und G. Prossnitz, Die Salzburger Festspiele. Ihre Geschichte in Daten, Zeitzeugnissen und Bildern, Band 1: 1920-45, 1990; Band 3: Verzeichnis der Werke und Künstler 1920-90, 1991
- M. P. Steinberg, Ursprung und Ideologie der Salzburger Festspiele 1890-1938, 2000
- M. Lasinger (Red.), Salzburger Festspiele 1992-2001, 2 Bde., 2001
Redaktion: I. Schinnerl