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11 Portraits

Vorbemerkung

Portraits sind für jeden Künstler einträgliche Auftragswerke. Im Falle Kurt Regscheks ist das nicht anders. Doch enthalten alle seine Portraits zusätzliche Motive. Einerseits meint der Künstler, eine Hand allein sei langweilig, daher müsse sie immer etwas halten oder tun, andererseits wird meist ein für die porträtierte Person oder ihr Wesen charakteristisches Objekt (»Attribut«) beigefügt. Kurt Reg-schek hat im Laufe seines langen künstlerischen Wirkens auch eine Reihe von ausdrucksstarken Selbstporträts geschaffen.

Illusion in der Wüste
Illusion/Erinnerung in der Wüste (1960), Mischtechnik auf Holz, 22x14, PB

Rufer in der Wüste?
»In dem einen Bild schwebt sein eigener abgeschnittener Kopf mit einem Ausdruck ruhiger Konzentration über Wüstensand. Sieg der Innerlichkeit über das Faktum des Absurden« (Karl Maria Grimme, Österreichische Neue Tageszeitung, 30.Oktober 1962)

Sebstportät mit der Fledermaus
Selbstbildnis mit der Fledermaus (1962), Mischtechnik auf Pergament, 19x16, PB

Metaphysisch

1962 ist Kurt Regschek 39 Jahre alt. Sein Haar ist voll und er trägt einen charakteristischen Backenbart. Die beiden Gesichtshälften sind nicht symmetrisch dargestellt: während die rechte, etwas dunklere, den Eindruck des in sich Ruhens macht, erweckt die linke, in helleres Licht getauchte, den Eindruck des Fragens oder Zweifeins. Kurt Regschek nennt das Bild selbst »metaphysisch«, wozu die Fledermaus als »mystisches Zwischenwesen« gut passt. Ist dieses Tier ja einerseits Säugetier, andererseits flugfähig wie ein Vogel. Fledermäuse werden erst in der Dämmerung aktiv - auch insofern sind sie »Zwischenwesen«. Vielleicht ist auch ihre große Sensibilität - das Navigieren mittels Ultraschallsignalen - etwas, was den Künstler anspricht. Nicht zufällig nimmt der Fledermauskopf auch ein wenig die Züge eines Hundes an (die tropischen Flughunde sind die größten Fledermausarten mit bis zu 170 cm Flügelspannweite). Die taufrische Rose, die zweite Beigabe zu diesem Selbstporträt, bildet mit dem Fledermauskopf ein Dreieck - ein wichtiges Gestaltungsprinzip vieler Bilder. Dadurch entsteht eine mystische Beziehung Pflanze-Tier-Mensch.

Frage an Kurt Regschek:

»Du hast die Verbindungen zwischen zwei Welten gern?«
Antwort:
»Ja, ich fühle mich auch so, als > Wanderer zwischen den Weitem.«

Ich und Du
Ich und Du (1963), Mischtechnik auf Holz, 25x40, PB

Harmonie

Das ursprüngliche Bild »Zauber am Meer« (1960) wurde später geteilt und der obere Teil zum Bild »Ich und Du« überarbeitet. Es zeigt den damals 40-jährigen Kurt Regschek und seine Frau Lisl, vereint durch eine dampfende Teekanne, die ein wenig an Aladins Wunderlampe erinnert. Wie viele Künstler, stellte auch Kurt Regschek gerne Gegenstände des Alltags bildlich dar. Der austretende Teedampf ist ein Symbol für den geistigen Einklang der Eheleute.

Zauber am Meer
Zauber am Meer (1960), Mischtechnik auf Holz, 74x45, PB

Ein »Internationaler« in Vorarlberg

Kurt Regschek über Max Haller:

»Er war ein toller Mann. Er hatte einen Hund gehabt, der war sein Herz. Der Beppo. Wo ein anderer Mensch sein Herz hat, hatte er seinen Hund. Haller war ein guter Freund und auch ein Freund von Ernst Fischer, den habe ich auch gut gekannt. Unabhängig von der Ideologie - das waren hervorragende Leute, ebenso Viktor Matejka, der als Kulturstadtrat mehr für die bildende Kunst getan hat als viele seiner Nachfolger.«

Aus dem obigen Zitat geht klar hervor, warum Kurt Regschek Max Haller so und nicht anders portraitierte. Dabei wird man nicht fehlgehen, wenn man das schwarze Barett, das der engagierte Politiker trägt, mit jenem der alten Spanienkämpfer oder vielleicht sogar mit Kopfbedeckung von Ernesto Che Guevara (1928-1967) in Verbindung bringt.

Portrait Max Haller
Portrait Max Haller (1964), Mischtechnik auf Hartfaser, 82x56, PB


Max Haller

Geboren am 13.10.1895, erhält der Bregenzer Arbeitersohn Max Haller eine Ausbildung zum technischen Zeichner. Mit 19 Jahren wandert er völlig mittellos nach Argentinien aus. Dort ist er als Lehrer, Pflanzer, Bahnarbeiter und Kabelleger tätig. Als guter Sportler wird er Funktionär des argentinischen Leichtathletikverbandes, lernt Spanisch und besucht Vorlesungen an der Universität u.a. bei Ortega y Gasset. So werden ihm Kenntnis und Verbreitung der spanischsprachigen Literatur zum Lebensziel.

1920 Rückkehr nach Vorarlberg, in der Folge freier Journalist, Sprachlehrer und selbständiger Bauleiter. Wegen »kommunistischer Umtriebe« zweimal verhaftet, kann er seine wohl auf die in Südamerika erlebte Not und Ungerechtigkeit zurückgehende politische Einstellung ab Kriegsende frei bekennen. Von Juni bis Dezember 1945 ist er Vizebürgermeister von Bregenz, bis 1947 Stadtrat, bis 1965 KPÖ-Gemeinderat. Seit 1945 Landesleiter der KPÖ Vorarlberg, 1948-1969 Mitglied des ZK der KPÖ. Kulturberichterstattung in der »Volksstimme« bis 1970. 1954 und 1956 Begegnungen mit Pablo Picasso. 1971 Verfasser der ersten umfangreichen Monografie über den Vorarlberger Maler Rudolf Wacker. Übersetzung von mehreren Werken des spanischen Dichters Garcia Lorca. Haller starb am 19.7.1971. In den Jahren 1992 und 1993 Ausstellung »Max Haller. Ein Internationaler - Literatur, Kunst, Politik« in Bregenz und Wien.


Kateznmadonna
Katzenmadonna (1964), Mischtechnik auf Leinen auf Hartfaser, 62x40, PB

Geliebte Frau mit Katze

Wie erwähnt, spielten Katzen im Leben des Künstlers eine große Rolle. Bei diesem Porträt von Lisl Regschek beachte man die liebevolle Verwandlung zweier realer Katzen in geflügelte »Pussy-Putten«, die mit einem von ihnen gehaltenen Tuch die Gestaltung eines räumlichen Hintergrundes übernehmen. Leider existiert von diesem Werk keine Farbabbildung - sie würde zeigen, dass die Farbwahl der »Madonna« den Usancen der Renaissance entspricht: dunkelblaue Kleidung vor dunkelrotem Vorhang.

Deer
Deer (1983), Kohle, 42x30, PB

Indianische Stammesweisheit?

Eine der Hauptthesen des als Schamane auftretenden Amerikaners besagt, dass Männer in sich nicht nur das Bild ihrer selbst als kleiner Bub tragen, sondern auch Elemente der Frau und des kleinen Mädchens. Das männliche Prinzip gleiche der Sonne (außenorientiert), das weibliche der Erde (innenorientiert) . Beide sollen nicht miteinander konkurrieren, sondern einander in ihrer Gegensätzlichkeit ergänzen, um jenes Gleichgewicht zu schaffen, dass unserer Zivilisation fehlt. Dabei spiele die Sexualität eine große Rolle. In ihre Geheimnisse sei er von seiner indianischen Großmutter »Spotted Faum« eingeweiht worden.

Kurt und Lisl Regschek hatten den Esoteriker durch die Vermittlung von Arnold Keyserling kennengelernt. Auch er wurde von Kurt porträtiert.

Ganzheitliches Denken

Arnold Keyserling wurde 1922 als Sohn des Philosophen und Schriftstellers Hermann Graf Keyserling geboren. Er war über drei Jahrzehnte lang Lektor für Religionsphilosophie am Institut für Kunstwissenschaften, Kunstpädagogik und Kunstvermittlung der Universität für angewandte Kunst Wien.

Portrait Arnold Keyserling
Portrait Arnold Keyserling (1985), Kohle, 45x35, PB
Seine persönlichen Lehrer waren der russische Esoteriker Georg Iwanowitsch Gurdjieff (1872-1949) und der österreichische Musiker Joseph Matthias Hauer (1883-1959), der noch vor Schönberg ein System der Zwölftonmusik entwickelt hatte. Keyserlings Forschung richtete sich auf die systematische Ordnung von Zahl und Sprache (Linguistik), Sinnesdaten - Tonwelt, Farbwelt, Materie -, auf den Zusammenhang von Mensch und Mikrokosmos, der seinen Ausdruck im »Rad«, dem Urbild des ganzheitlichen Denkens fand. Prof. Keyserling und seine Frau Wilhelmine waren mit Kurt und Lisl Regschek eng befreundet. Der Religionsphilosoph war bis zu letzt einer der wichtigsten Mentoren des Malers.

Selbstprotrait Regschek
Selbstportrait (1989), Acryl Gouache, 48x35, PB

Ein unkonventioneller Denker...

Kurt Regschek war 66 Jahre alt, als er dieses eher strenge Selbstportrait malte. Es zeigt ihn in Jeanskleidung, die er bis an sein Lebensende gerne trug. Zu dieser Zeit machte er viele Reisen durch Deutschland (Allgäu, Eifel) und stellte dort auch mehrmals aus.

...immer voll interessanter Einfalle

Die Auftraggeberin dieses Porträts ist Apothekerin in Jünkerath bei Stadtkyll in der Eifel.

Kurt Regschek:

»Dort ist so ein Wasserfall. Ich habe gesagt, setze dich, dort hinein, denn dort in die Grotte gehörst du hin. Und sie hat gefragt, wieso weißt du das? Ich bin so gern dort. - Ich habe das nicht gewusst. Daher habe ich Regina als Nymphe gemalt.«

Regina Lenz
Portrait Regina Lenz (1992), Öl/Mischtechnik auf Hartfaser, 63x51, PB

Wahrscheinlich hatte der Künstler das satte Grün der Pflanzen und das Grünblau des Wassers der Grotte vor seinem geistigen Auge, als er das lange, rotblonde Haar der Auftraggeberin sah - oder war es tatsächlich esoterischer Gleichklang? Wie dem auch sei, es entstand ein Bild in der »harmonischen Gegensätzlichkeit« der beiden Farben Rot (braun) und Grün(blau), die ja auch in der Mode gerne kombiniert werden.

Der eine berühmte Freund...

Kurt Regschek:

Gottfried von Einem
Portrait Gottfired von Einem (1993), Öl auf Holz, 70x50, PB

»Wenn Gottfried zu uns kam, hatten wir während der Sitzungen immer gute Gespräche bei einem Gläschen Wein. Einmal fragte ich ihn, was soll ich dir für ein Accessoire geben. Die Hand ist so wichtig wie das Gesicht, sie muss eine Funktion haben. Was für ein Instrument soll ich dir in die Hand geben? Eine Geige? Bist du wahnsinnig - ich kann doch Musik nicht leiden. Ich frage: Wieso? Du machst doch Musik? Darauf von Einem: Für mich ist Musik die Beschäftigung des Kopfes mit Notenpapier und Bleistift. Und dann ist es aus. Ich höre sie auch nicht, nicht einmal meine eigene. Also gut, nehmen wir eine Pflanze, welche würdest du denken? Ohne nachzudenken, sagte er, die Distel. Das war es dann.«

Der Komponist Gottfried von Einem (1918-1996) wuchs in Deutschland und England auf. Er begann als Assistent der Bayreuther Festspiele, wurde 1944 Hauskomponist der Dresdner Staatsoper und wirkte ab 1946 in Österreich. 1963-73 war er Professor an der Wiener Musikakademie. In zweiter Ehe verheiratet mit der Schriftstellerin Lotte Ingrisch schuf der schon zu Lebzeiten international anerkannte Künstler zahlreiche eigenwillige Werke - für manche zu modern, für manche zu konservativ.

Opern: Dantons Tod, 1947; Der Prozess, 1953; Der Zerrissene, 1964; Der Besuch der alten Dame, 1971; Kabale und Liebe, 1976; Jesu Hochzeit, 1980; Ballette, Kammermusik, Film- und Bühnenmusik.

Muliar

...und der andere

Der Künstler stellt seinen Freund, den bekannten Charakterdarsteller Fritz Muliar (geb. 1919), in der Rolle des alten Mannes im Pflegeheim dar, den dieser am Wiener Akademietheater gespielt hat. Berührend die verwelkten Schneeglöckchen, die offenbar einer der wenigen Besucher mitgebracht hat.

Kurt Regschek:

»Es eines der grandiosesten Theaterstücke, das in neuerer Zeit geschrieben wurde. Der Insasse eines Alterheimes sinniert vor sich hin. Die Kinder haben in der Zwischenzeit längst seine Wohnung verkauft und den Hund abgetan und er fragt immer nach dem Hund und der Wohnung. Ich habe den Muliar in dem Stück gesehen und war tief gerührt. Es geht einem durch Mark und Bein - eine griechische Tragödie. Ich hatte Muliar gefragt, ob ich ein Portrait von ihm als >Knierim< malen solle. Er sagte nein, >Sibirien< muss es sein. Zufälligerweise war Muliars Hund, die Stasi, damals gerade gestorben. Das war also sein Hund, der da mitpor-traitiert wurde.«

Protrait Fritz Muliar
Portrait Fritz Muliar in Sibirien (1993), Öl auf Karton auf Holz, 49x69, PB

»Sibirien« (uraufgeführt 1989 in Telfs in Tirol) ist das wahrscheinlich erfolgreichste Stück von Felix Mitterer. Der Inhalt, so Mitterer,

»ist eigentlich in einem Satz erzählt: ein alter Mann in einem Pflegeheim, seiner Menschenwürde beraubt, zum entwürdigten Sterben verurteilt. Und er empfindet das schlimmer als seine Kriegsgefangenschaft in Sibirien, aus der er ja zurückgekehrt ist. Und er weiß, aus diesem Pflegeheim wird er nicht mehr zurückkehren. Und er kämpft um zumindest einen würdigen Tod. Und das schafft er auch«.
Das Stück ist eine einzige Abrechnung mit der realen Welt in Form eines Monologs. Es erinnert an Molieres »Misanthrop« und an die Tiraden Thomas Bernhards, vorgetragen von einem alten Mann, der es satt hat, wie ein Kind behandelt zu werden.

© Bild und Texte Peter Diem und Anton Wladar