Wir freuen uns über jede Rückmeldung. Ihre Botschaft geht vollkommen anonym nur an das Administrator Team. Danke fürs Mitmachen, das zur Verbesserung des Systems oder der Inhalte beitragen kann. ACHTUNG: Wir können an Sie nur eine Antwort senden, wenn Sie ihre Mail Adresse mitschicken, die wir sonst nicht kennen!

unbekannter Gast
Bild 'Basilisk_small'

Bild 'Riesenrad_small'

Bild 'Altes_Ringelspiel_small'

Bild 'Maria_am_Gestade_Radierung_small'

Bild 'Zentrum_Kakaniopolis_small'

Bild 'Zentrum_Wien_small'

Bild 'Palmenhaus_small'

Bild 'Poetzleinsdorf_small'

Bild 'Moelkerbastei_small'

Bild 'Prater_small'

13 Kakaniopolis

Vorbemerkung

»Kakanien« nannte Robert Musil (1880-1942) jenes seltsame Land, das zwar keinen Namen hatte, aber dafür einen Kaiser und einen König, vereint in einer Person. Kakanien war der Staat, der sich selbst irgendwie nur noch mitmachte. Und darin war Kakanien, »ohne dass die Welt es schon wusste, der fortgeschrittenste Staat ...« (Der Mann ohne Eigenschaften 1930-1943, Erstes Buch, Kap. 8 )

Kurt Regschek hat seine Heimatstadt Wien, die Hauptstadt dieses längst vergangenen und dennoch heimlich weiterlebenden Reiches »Kakaniopolis« genannt.

Keiner hat die Beziehung Kurt Regscheks zu seiner Vaterstadt und ihren künstlerischen Ausdruck besser ausgedrückt als Reinhard Müller-Melis, wenn er schreibt:

»Seit seinen unterhöhlten Dachlandschaften der Inneren Stadt, die sich seinem phantasmagori-schen Sinn vom hoch gelegenen Atelier an der Köllnerhofgasse aus darboten, seit seinen Dimen-sions-Varianten des Stephansdoms, seit Mitte der sechziger Jahre also, gilt Kurt Regschek als der Maler, der >Das Wienerische an der Wiener Schule< ganz besonders augenfällig machte. Wieland Schmied erläuterte das im dritten Kapitel seines zuerst 1964 erschienenen Buches über die Malerei des Phantastischen Realismus<, wo er diesem Aspekt zwei volle Absätze widmet und zum Schluss rühmt: >In dieser programmatischen Dichte haben weder Hausner noch Hutter, weder Fuchs noch Lehmden ihre Beziehung zu Wien formulierte Regscheks Bild >Wien, Innere Stad< könne mit seinen abgründigen Tropfstein-Katakomben in deutlicher Weise >programmatisch für Tendenz und Inhalt der ganzen Wiener Schule stehen<, befand Schmied. Es hat sich mancherlei verändert seither: Wien, wir selber, die Malerei. Wir sehen nicht mehr eine überall vorbestimmte Leere und Verlassenheit, nicht mehr allenthalben die Abgründe, das Grauen, die Verzweiflung. Regschek wurde optimistischer in jenen ausgehenden sechziger Jahren, offener und heiterer. Doch sein Sinn für das Doppelbödige, Gefährdete, Mehrdeutige blieb unvermindert erhalten. Als Mitte der siebziger Jahre in Kunst und Wissenschaft die >Morgendämmerung des Regionalem begann, war Regschek dafür bestens prädisponiert. Bei ihm bedurfte die Wiederentdeckung des Naheliegenden und Benachbarten, des >kleinen Schauplatzes< und der eigenen Herkunft keiner Anstöße von außen. Bei ihm war immer schon dieser Wunsch nach Exaktheit bestimmend gewesen, wenn er seinen Blick auf das scheinbar Vertraute richtete, auf die Beschaffenheit des Gewohnten, dessen präzise Wahrnehmung uns vielleicht abhanden kam ...«


(aus dem Einleitungsessay zur Mappe »Impressionen aus Kakaniopolis - 1983«)

Basilisk
Basilisk (1964), Mischtechnik auf Holz, 56x45, PB

Der Basilisk - ein Symbol für das Abgründige der Wiener Seele?

In der alten Wiener Sage vom Basiliskenhaus in der Schönlaterngasse wird zwar erwogen, dem Untier einen Spiegel vor das Antlitz zu halten, damit es zerplatze. Aber da das als zu gefährlich angesehen wurde, schüttete man den Brunnen, in dem der Basilisk sein Unwesen trieb, mit schweren Steinen zu. Kurt Regschek blieb es vorbehalten, eine malerische Anordnung zu treffen, die den getreu nach der obigen Schilderung gestalteten Drachen auf spektakuläre Weise zerplatzen lässt: Beim Betrachten seines von der Hausfassade abgenommenen und ins Bild gehefteten Ebenbilds zerreißt es das Untier, das bekanntlich eine Kreuzung zwischen Hahn und Kröte war, wenn es auf diesem Bild auch beinahe echte Frauenhände mit gepflegten Nägeln erhalten hat. Das Bedrohliche der Situation und der Zorn, der den Basilisken beim Anblick seiner eigenen Gestalt erfasste, drücken sich durch ein leicht ins Weinrote reichendes, von unten nach oben heller werdendes Rot aus.

Zur Entstehungsgeschichte des Bildes erklärt Lisl Regschek verschmitzt, dass ein großes Stück Bauchfleisch als Modell gedient hatte, das so lange gekocht wurde, bis es spektakulär zerplatzte.


Aus der Sage vom Basiliskenhaus

»... In einer Ecke saß der Bäckergeselle auf einem Stein und hustete und war ganz blau im Gesicht. Er erzählte: »Das war schrecklich! Da unten ist ein scheußliches Tier; es schaut aus wie ein großer Hahn, es hat aber einen langen schuppigen Schwanz, große Füße mit Krallen, glühende Augen und eine feurige Krone auf dem Kopf. Aus dem Maule hat es einen feurigen Dunst ausgehaucht. Ich habe gar keinen Atem bekommen und hab schon gemeint, es ist mein letztes End.«


Riesenrad
Riesenrad (1970), Radierung, 29x19, PB

Kuriose Ansichten aus Kakaniopolis

Diese Graphikmappe mit zehn Radierungen kam im Jahre 1970 heraus und wurde von der Graphischen Sammlung Albertina angekauft. Der Essay hiezu stammt von Wolfram Heike. Er schreibt darin unter anderem:

»KAKANIOPOLIS. Die imperiale Metropole Kaka-niens. Man will es totsagen. Nennt es den Wasserkopf eines Kretins. Unterwachsen ist es von einem katakombengleichen Myzelium: Aus diesem bricht das Leben, wächst die Kunst. Das >Eigentlichste< dieser Kunst aus Wien schreibt Hans Sedlmayr >der unwahrscheinlich glücklichen Ehe der surrealistischen mit der Wiener Sphäre< zu. >in ihr streift der Surrealismus das Kalte und Zerebrale ab, wird wirklich, geheimnisvoll, sogar märchenhaft. Die Realität schwebt ohne festen Boden und doch ist sie untrennbar von der unheimlichen Tiefgründigkeit der Stadt.«

Im Folgenden vier Beispiele aus dieser Mappe, die auch das Tafelbild »Zentrum Wien« (1961) mit berücksichtigen:

Kurt Regschek gelingt es, durch die gekonnte Perspektive seiner Radierung das Besondere einer Fahrt mit dem Riesenrad darzustellen. Während viele Besucher vor ihrem ersten Praterbesuch glauben, einer schnellen Vergnügungsfahrt entgegenzugehen, besteht der Reiz einer Fahrt mit dem Riesenrad in Wirklichkeit im langsamen Emporsteigen über die Dächer der Stadt und im faszinierenden Blick durch das mächtige Eisengestänge. Dieses Gefühl vermittelt die Radierung.

Die technischen Details des Riesenrads lösen sich nach unten hin in blasenartige Gebilde auf, die bei Kurt Regschek oft keine andere Funktion haben, als den Raum zu füllen. Vielleicht drückt die angedeutete phallische Granate links im Bild den Beschuss in den letzten Kriegstagen aus. Der einsam aufsteigende Luftballon genügt als Symbol für die ausgelassene - manchmal aber auch melancholische -Atmosphäre des Wiener Wurstelpraters.

Altes Ringelspiel
Altes Ringelspiel (1970), Radierung, 19x23, PB
Der Begriff Ringelspiel leitet sich von einer Alt-Wiener Vergnügung ab: auf kunstvoll gestalteten Hutschpferden in luftigen Höhen zu schwingen und dabei mit langen Stangen in Ringe zu stechen. Seit Beginn des 19. Jahrhunderts gab es im Prater verschiedene Formen des Karussells. Das Vorbild für das auf dieser Radierung dargestellte Exemplar stand an der Aiszeile im 17. Wiener Gemeindebezirk. Im »Böhmischen Prater« am Laaerberg gibt es heute noch eine ähnliche Konstruktion - ein komfortables Holzhaus um das eigentliche Karussell, da sich bei geöffneten Türen mit seinen »lackierten Hutschpferden« gemütlich dreht. »Das Leben ist ein Ringelspiel« - dieses Wort muss dem Künstler durch den Kopf gegangen sein, als er das fröhliche Treiben auf dem Karussell dadurch mit dem Ende des Daseins verknüpfte, dass er es auf dem Finger des Sensenmannes rotieren ließ: der Tod gleichzeitig als Achse und Pol des Ringelspiels des Lebens.

Maria am Gestade
Maria am Gestade (1970), Radierung, 28x20, PB
Die Radierung »Maria am Gestade« besteht aus drei Hauptelementen: dem sich über einem breiten Treppenaufgang erhebenden gotischen Gotteshaus (1137 erstmals erwähnt) mit seinem charakteristischen Turmhelm aus feinem Maßwerk, einer von Flammen beherrschten Mittelzone und einem angedeuteten Frauentorso über der Treppe im unteren Teil des Bildes. Es entsteht der Eindruck, als risse sich das steinerne Bauwerk brennend von der Erde los, um in den Himmel zu entschweben - vielleicht eine Anspielung auf das katholische Dogma der leiblichen Aufnahme Marias in den Himmel (verkündet am 1. November 1950). Eher scheint auch in diesem Bild der bei Kurt Regschek häufige Gedanke »das ewig Weibliche zieht uns hinan« wiederzukehren - hier bezogen auf Maria, die Mittlerin zwischen irdischem und himmlischem Dasein. Andererseits lässt der offenbar als letztes über die Stiegen komponierte Frauentorso den Gedanken an eine mittelalterliche Hexenverbrennung offen.

Zentrum von Kakaniopolis
Zentrum von Kakaniopolis (1970), Radierung, 25x19, PB
Hiezu befragt meint der Künstler in seiner schalkhaften Art:

»Das ist aber nicht belegt. Ich kann das auch geträumt haben. Es kann mir auch während dem Arbeiten passiert sein, dass mir auf den Stiegen ein Akt erschien - vielleicht aber kam es mir auch als ein guter Platz vor, um Hexen zu verbrennen«.

Faktum ist: in Wien fand nur eine einzige Hexenverbrennung statt, und zwar im Jahre 1583. Elisabeth Plainacherin wurde von ihrer Enkelin angeklagt, am Tod ihrer Mutter und einiger Geschwister schuld zu sein.

Kurt Regschek wohnte wie erwähnt von 1954 bis 1967 in einem Dachatelier in der Köllnerhofgas-se. Von dort aus hatte er einen freien Blick auf den nur 200 Meter entfernten Stephansdom - für einen Künstler mit einem besonderen Sensorium für Architektur, Spiritualität und gesellschaftliche Entwicklung offenbar eine ständige geistige Herausforderung. Oft, so meinte Kurt Regschek, hatte er das Gefühl, dass unter all den Dächern, auf die er herabblickte, gar keine Menschen mehr lebten. In der urbanisierten Massengesellschaft war es zur Isolierung des einzelnen Menschen gekommen:

»Niemand kümmert sich um niemanden und keiner geht keinen etwas an.«

Zentrum Wien
Zentrum Wien (1961), Mischtechnik auf Holz, 67x43, Österreichische Galerie des 20. Jahrhunderts im Belvedere

Das 1961 entstandene Gemälde wurde in Mischtechnik ausgeführt. Es wird von Regscheks beliebtester »Warnfarbe«, dem Braunorange mit unmerklichem Einschlag von Violett beherrscht. Vor der naturalistischen Silhouette des Doms mit seinem schon damals teilweise eingerüsteten Südturm und dem stilvollen Haus Lugeck Nr. 4 ruht ein Irrgarten von Dächern auf steinernen stalagmitenartigen Säulen in menschenleeren Räumen. Hier wie in anderen Bildern imaginiert Regschek eine Materie, die einer Verschmelzung von Fels- und Eisformen gleicht. Diese »Felsen« tragen aber auch Züge uralten, abgestorbenen Holzes mit Elementen von Mumien und Salzsäulen. Alles in allem symbolisieren sie eine endzeitliche Totenstarre - Elemente einer Erde, von der alles Leben gewichen zu sein scheint. Am linken Bildrand erkennt man Gebilde, die zu solchen Formen erstarrte Menschen sein könnten - unfähig zur Kommunikation, verloren unter dem eigenen Dach. Auf dem Mittagshimmel türmen sich dunkeldrohende Wolken über der Stadt.

Bei der Radierung treten diese Merkmale vielleicht noch stärker hervor.

Das Bild gilt als eines der Schlüsselwerke des Malers Kurt Regschek - aber auch der Wiener Schule insgesamt - denn es stellt die beiden Seiten seiner Heimatstadt Wien dar: an der Oberfläche die unversehrte Fassade der Kaiserstadt, darunter aber ihre nicht weniger wirkliche, grausame Seele:

»Oben das Wien der Ansichtskarten, des Heurigen und der Walzerseligkeit, des Fremdenverkehrs und des fraglosen Alltags. Aber darunter die Leere und das Grauen, der Abgrund von Tropfsteinhöhlen und Katakomben. Die Dächer dieses Wiens sind die Fassaden eines Potemkinschen Dorfes, sie verbergen das drohende Unterbewusstsein dieser grüblerischen selbstanalytischen Stadt...« (Wieland Schmied, Die Wiener Malerschule, in: Die Furche, 47/1964)

Das Bild »Zentrum Wien« befindet sich im Besitz der Österreichischen Galerie im Belvedere. Es beeindruckte den Wiener Mediziner und Psychotherapeuten Viktor Frankl damals so sehr, dass er den Maler kennen lernen wollte und ihn in seinem Atelier besuchte. Dort fielen die für Kurt Regschek so bezeichnenden Worte, als der berühmte Professor meinte, »für einen Künstler sind Sie aber ganz normal!«

Palmenhaus
Palmenhaus (1982), Farbradierung, 24x35, PB
Franziskanerplatz
Franziskanerplatz (1982), Farbradierung, 32x22, PB

Impressionen aus Kakaniopolis

Das zweite große auf Wien bezogene Mappenwerk mit zehn Farbradierungen erschien im Jahre 1983 -auch diese Arbeit befindet sich in der Graphischen Sammlung Albertina. Den Essay hiezu verfasste Reinhard Müller-Mehlis, den wir oben zitierten.

Aus dieser Mappe drei Beispiele der Farbradierungen:

Das Palmenhaus im Schlosspark von Schönbrunn wurde 1882 von der Eisenkonstruktions-Werkstätte Ignaz Gridl nach einem Konzept von Hofsekretär F. Segenschmid erbaut. Es verfügt über Doppelglaswände und ist mit einer Länge von 110 m, einer Breite von 28 m und einer Höhe von 30 m eines der größten Glashäuser Europas. Zwischen 1976 und 1990 zur Gänze renoviert, ist die Eisen-Glas-Konstruktion wieder ein Schmuckstück Schönbrunns. Die Radierung hebt die harmonischen Formen dieser bemerkenswerten Schöpfung moderner Ingenieurkunst hervor.

Der Platz vor der Franziskanerkirche entstand erst 1624 durch Demolierung eines vor dem Kircheneingang stehenden Stiftungshauses. In der Mitte des Platzes steht seit 1798 der Moses-Brunnen. Die Statue des Propheten, der aus dem Felsen Wasser schlägt, ist das bedeutendste Werk des zeit seines Lebens vielbeschäftigten Wiener Bildhauers Johann Martin Fischer (1740-1820). Kurt Regschek hat dieses Altstadtambiente mehrmals mit reizvollen Schatten dargestellt.

Pötzleinsdorf
Pötzleinsdorf (1982), Farbradierung, 22x32, PB
In Pötzleinsdorf, einem ehemaligen Vorort Wiens -hier die alte Pfarrkirche »St. Ägydius« (ältester Bau 1638) - befand sich der Wohnsitz des Künstlers.

Mölkereibastei
Mölkereibastei (1983), Gouache, 38x48, PB

Gouachen aus dem Buch »Der Goldene Apfel«

Der 1983 erschienene Bildband enthält Gouachen von Kurt Regschek und Photographien von Thomas David. In seinem Textbeitrag meinte György Sebestyen (1930-1990) unter anderem:

»Den meisten Wienern ist die eigenartige Größe ihrer Stadt heute nicht mehr bewusst. Aus dem Bewusstsein ist ein Gefühl geworden. Es ist stark, aber verschwommen. Der Maler Kurt Regschek und der Fotograf Thomas David, bedeutende Künstler beide, haben den Versuch unternommen, das Bild Wien als eine Abbildung des Goldenen Apfels festzuhalten.«

In den Häusern auf der 1540 bis 1560 erbauten Mölkerbastei (nach dem Grundeigentümer, dem Stift Melk, benannt) haben Ludwig van Beethoven und Adalbert Stifter gewohnt. Die Gouache zeigt einen Teil der alten Stadtmauer und das sogenannte Drei-mäderlhaus (1803) mit der spätjosephinischen, im Zopfstil dekorierten Giebelfassade. Durch die starken Hell-Dunkel-Gegensätze erweckt Kurt Regschek einen etwas geheimnisvollen Eindruck, der mit der Realität nicht übereinstimmt.

Prater
Prater (1983), Gouache, 29x33, PB
Im Gegensatz zum »Alten Ringelspiel« (vgl. Seite 165) ist diese Praterdarstellung zwar ernst, aber nicht endzeitorientiert. Die Vielfalt der Vergnügungseinrichtungen des Wiener Wurstelpraters wird neben dem Riesenrad durch drei prototypische Angebote dargestellt: durch das »Töpferlkarussel«, durch ein Autodrom und durch eine Go-Kart-Bahn.

Belvedere
Belvedere (1983), Gouache, 38x48, PB
Das Obere Belvedere wurde von Johann Lukas von Hildebrandt (1668-1745) in den Jahren 1720 bis 1723 für Prinz Eugen von Savoyen (1663-1736) erbaut. Kurt Regschek zeigt das Barockschloss, in dem 1955 der österreichische Staatsvertrag unterzeichnet wurde, in einer eher seltenen Seitenansicht von Westen mit den für ihn typischen erdigen Bodenformen.

Das Vienna International Center (»UNO City«)

Das an den Donaupark grenzende Vienna International Center ist in Wien auch unter dem Namen UNO-City bekannt. Die eigenwillig geschwungenen Bürotürme (nach Plänen des verstorbenen Kärntner Architekten Johann Staber) entstanden zwischen 1973 und 1976. Sie gehören der Republik und stehen auf einem Grund, der von der Gemeinde Wien zur Verfügung gestellt wurde. Die gesamte Anlage wurde jedoch auf 99 Jahre zu einem symbolischen Pachtzins von jährlich 1 Schilling an die Vereinten Nationen vermietet, die hier mehrere ihrer Organisationen unterbrachten: u.a. die internationale Atomenergie-Organisation (IAEO) und die Organisation der Vereinten Nationen für Industrielle Entwicklung (UNIDO).

Bau der Uno City
Bau der Uno City (1975), Farbradierung, 24x34, PB
Die Bürotürme des VIC sind 54-120 m hoch. Am Architekturschmuck und an der künstlerischen Ausgestaltung der Innenräume arbeiteten 27 der namhaftesten österreichischen Künstler. Man sieht auf der UNO Plaza den Bronzeguss »Polis« von Joannis Avramidis, im Innern u.a. Bilder von Wolfgang Hollegha, Karl Korab, Peter Pongratz, Friedensreich Hundertwasser und Kurt Regschek (1979 Öl auf Leinwand 150 x 270 cm, genauer Standort: A1/RS3).

1975 schuf Kurt Regschek die Mappe: »UNO-City Wien«.

Die Mappe enthält sieben Radierungen in je drei Variationen (21 Stück) in einer Auflage von 99 Exemplaren. Die Mappe wurde von der graphischen Sammlung Albertina und dem historischen Museum der Stadt Wien angekauft.

Auf die Frage: »Wie sind Sie auf diesen Stoff gekommen - er ist für Sie doch ungewöhnlich«? antwortete Kurt Regschek:

Bau der Uno City
Bau der UNO City (1975), Farbradierung, 24x34, PB

»Ganz einfach! Ich fahr' da jeden Tag vorbei. Und da hat mich dieses gigantische Nebeneinander von imposanten Baustellen einfach zu faszinieren begonnen. Ein halbes Jahr hab' ich dann hier zwischen Beton und Stahl verbracht. Das Ergebnis sehen Sie.«

»War es allein die Technik, waren es allein ihre Formen, die Sie so animiert haben?«

»Neben den Formen war es vor allem die Tatsache, dass Großbaustellen wie diese ja täglich ihr Gesicht ändern - unwiederbringlich. Der Morgen ist anders als das Heute und schließlich wird das fertige Bauwerk nichts mehr von dem ahnen lassen, was jetzt noch dem Blick frei preisgegeben ist. Also hielt ich es fest.«

Rückblickend meinte der Künstler 2004:

»Die UNO-City ist nie wieder so schön gewesen, wie damals, als sie gebaut wurde; die Kräne, das hat mich alles wahnsinnig fasziniert. Mich hat es begeistert, dass ich da dabei bin und etwas dokumentieren kann, was noch nicht fertig ist.«

In den Begleittexten zur Mappe schrieben u.a.

Bau der Uno City
Bau der UNO City (1975), Farbradierung, 24x34, PB
Johann Staber - Architekt der UNO-City:

»Im Zentrum der Stadt Wien, am Donaustrom gelegen, nimmt die UNO-City Gestalt an. Umgeben von Grünbereichen erheben sich phantastische Gebilde aus Stahlbeton, abgesetzt vom Terrain, frei durchschwingend, eine neue Silhouette anzeigend. Kurt Regscheks Farbradierungen zeigen wesentliche Stationen mit dem Blick eines phantastischen Realisten. Die Entstehung der Form im Raum, die Gestaltwerdung in der Zeit und nach der Struktur, eine schöpferische Interpretation in meisterhafter Form.«

Gerhard Puschmann - Vorstandsmitglied der IAKW:

»Kurt Regschek hat mit seinen 7 Radierungen in je 3 Variationen den geglückten Versuch unternommen, die wesentlichsten Aspekte des dreidimensionalen Kunstwerkes des Architekten Dipl. Ing. Johann Staber in graphischer Form zu erfassen und gleichzeitig das Werden eines derartigen Großprojektes von den Fundamenten bis zur Gesamtansicht zu zeigen. Seine Radierungen unterstreichen und verdeutlichen die erklärte Absicht des Architekten, den ungeheuren Baumassen eine gewisse Leichtigkeit und schwebende Eleganz zu geben und sie als fertiges Bauwerk in die ehemalige Aulandschaft der Donau einzugliedern ...«



Vorstellung
Vorstellung der Graphiken anlässlich der Eröffnung der UNO-City (1979), Robert Waissenberger, Franz Weiss, Johann Staber, Gerhard Puschmann, Kurt Regschek

Robert Waissenberger
»In der ihm eigenen Weise bewältigt Regschek die Aufgabe der Darstellung des Großbauwerkes der UNO-City in Wien. Noch wächst, noch verändert sich das Bauwerk von Tag zu Tag. Aber nicht nur der Baukörper, sondern, entsprechend zu jeder Stunde, wenn das Licht wechselt und die Stimmung der Landschaft eine andere wird, verwandelt sich seine Erscheinung in eigenartiger Weise. Das war für Regschek der Anlass, in verschiedenen Phasen gleichsam seine Graphiken vor dem Beschauer auszubreiten. Jedes der Blätter erscheint durch eine andere Farbe charakterisiert und symbolisiert so auch besonders und eigenwillig das wechselhafte Wesen des Dargestellten«


© Bild und Texte Peter Diem und Anton Wladar