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Perchten#

Das Wort „Percht“ deutet auf den Festtermin Epiphanie am 6. Jänner hin, wobei die Maskengestalt sowohl die leuchtende Personifikation des Festes wie seine Verkehrung ins dunkle Gegenteil bedeuten kann. Im Perchtenbrauch finden sich viele europäische Verwandtschaften, Einflüsse höfischer Tänze, des italienischen Karnevals und Theaters, Volksschauspiels, Kostüme der Handwerker, die sich in der Renaissance in allen großen Städten ähnelten. Katechetische Überlegungen spielen ebenso herein wie Bräuche der sozialen Kontrolle. Man muss mit Ulrike Kammerhofer-Aggermann von einer „Vernetzung vielschichtiger Einflüsse unterschiedlichster Herkunft mit deutlichen Wandlungen“ sprechen, denen eindimensionale oder ideologische Deutungen nicht gerecht werden.

Perchte 1412

In den "Schiachperchten" (hässliche Masken) lassen sich Relikte der Katechese des Mittelalters erkennen. Frau Perchta mit der langen Nase erscheint - gleichgesetzt mit der sündigen Welt - in Codices und Holzschnitten. Ausgehend von der Zweistaatenlehre des hl. Augustinus im 4. Jahrhundert kontrastierten Generationen von Predigern zwei Modelle: die Cupido-Gemeinschaft (Civitas diaboli), wie sie die Maskengestalten vorstellten und die Caritas-Gemeinschaft (Civitas dei), die keine Masken brauche. Zu den hässlichen Masken, denen soziale Kontrollfunktion zukam, zählte "Frau Percht", die schwarz-weiß verhüllte Frau, die am Perchtenvorabend (5. Jänner) im Salzburgischen die Häuser kontrollierte, mit ihren rügenden Varianten wie die Schnabelpercht. 1412 verfasste der Tiroler Hans von Vintler die Lehrdichtung "Blumen der Tugend", die sich mit abergläubischen Vorstellungen im Mittelalter beschäftigt. Zum Holzschnitt einer Person mit Schnabelperchten-Maske schrieb er: "Vnd etlich glaubent an die Frauen, Di do heisset Percht mit der langen Naß"


Schönperchten ließen sich kirchlich als Symbol der Hoffart deuten. Sie treten im Fasching auf. Dazu zählen Tresterer, Stelzentänzer, Glöckler, Schemenläufer oder Tafelperchten. Manche erinnern an die Tiroler Figuren der Schemenläufe, die erstmals 1597 Erwähnung fanden. Das Imster Schemenlaufen steht als einer von nur fünf Bräuchen auf der weltweiten "Repräsentativen Liste des Immateriellen Kulturerbes der Menschheit" der UNESCO. 1837 bildete der Auftritt der Gasteiner Perchten "die" Attaktion beim Besuch des Kaisers. Nationale Strömungen ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts führten zur Pflege. Seit 2011 stehen die Gasteiner Perchten als Immaterielles Kulturerbe auf der nationalen UNESCO-Liste.

Perchten

Zwischen 1664 und 1792 sahen die Salzburger Erzbischöfe in den MaskierungenGelegenheiten für revolutionäre Handlungen, Unruhe und Unsittlichkeit. Verbote und Gerichtsprotokolle zeigen, dass im Rahmen von Perchtenläufen Kritik an Mitbürgern und Obrigkeiten geübt wurde. Im Brauch der Burschen, der Standesgruppe der unverheirateten Männer, trat die Funktion der sozialen Kontrolle hervor. Heimliche Liebschaften, geizige Bäuerinnen und strenge Bauern wurden öffentlich gerügt und Rivalitäten zwischen Burschen und Bauern ausgetragen. Im 18. Jahrhundert waren Perchten oder Hexen mit Besen und Scheren, Harlekin oder Hanswurst, Pater und Teufel, Bettelmann und Bettelweibel zu einem bunten Zug unter dem Namen „Masken“ oder „B/Perchten“ vermischt. Nachdem sich die meisten Gruppen bis zum 19. Jahrhundert aufgelöst hatten, wurden die Verbote aufgehoben. Selten geworden, fanden dann alte Bräuche, Sitten und Trachtenneues Interesse. National-romantischer Zeitgeist interpretierte um die Jahrhundertwende die Perchten und Masken in ihrem Umkreis als germanisch-heidnisch-naturkultisch und ließ sie „uralt“ und mythisch verklärt erscheinen - Hypothesen, die im Nationalsozialismus popularisiert wurden und bis heute wirken. Hingegen geht aus allen, seit dem 16. Jahrhundert erhaltenen, Beschreibungen eindeutig hervor, dass die Beteiligten ihr Tun nie als „kultisch“ verstanden. Die jüngste Erscheinung sind - seit den neunziger Jahren des 20. Jahrhunderts - die Krampusperchten , ein wichtiger Punkt des touristischen Angebots.


Quellen: 

Beitl: Wörterbuch der deutschen Volkskunde. Stuttgart 1974. S. 861 CD-ROM "Im Winter und zur Weihnachtszeit". (Hg. Lucia Luidold, Ulrike Kammerhofer-Aggermann) Salzburger Beiträge zur Volkskunde 13. Salzburg 2002
Ulrike Kammerhofer-Aggermann: Die Gasteiner Perchten
UNESCO

Bilder: 
Schnabelpercht, Holzschnitt aus "Blumen der Tugend", 1412
Krampuspercht (Mürztaler Perchten in Döbling). Wien 2004. Foto: Doris Wolf


Siehe auch:

--> Krampus
--> Krampusperchten
--> Essay Perchten

Perchten in: Verschwundene BräucheDas Buch der untergegangenen RitualeHelga Maria WolfBrandstätter VerlagWien2015jetzt im Buch blättern


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