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Patriotismus lässt sich nicht verordnen#

Österreichs Nationalfeiertag als Geschichte versäumter wie offener Möglichkeiten#

Von

Peter Diem in: "Die Presse" vom 22.10.1978


Wurde das Jahr 1976 als "Jahr der Entstehungsgeschichte Österreichs" begangen (1000-Jahr-Feier der Belehnung Leopolds I. mit der Ottonischen Mark), kann 1978 als "Jahr der Zeitgeschichte" gelten. Am 12. März jährte sich die deutsche Besetzung Österreichs zum vierzigsten Male; am 12. November feiert die Republik den sechzigsten Jahrestag ihres Bestehens. Zwischen diese Daten, aber auch zwischen dem 8. Oktober, an dem die Wiener und die Steirer ihre Landesparlamente wählten, und dem 5. November, an dem zum ersten Mal in der Geschichte der Republik eine Volksabstimmung über einen Gesetzesbeschluss des Nationalrates stattfindet, fällt der Nationalfeiertag 1978, der 26. Oktober. Seit 1966 wird dieses Datum zur Erinnerung an das Bundesverfassungsgesetz über die Neutralität Österreichs vom 26. Oktober 1955 als arbeitsfreier Feiertag begangen. Der zur Zeit als freier Marktforscher tätige langjährige Mitarbeiter im Generalsekretariat der ÖVP analysiert in diesem Artikel Entwicklungstendenzen und Merkwürdigkeiten des Österreich-Bewusstseins.

Die über zehnjährige Geschichte des österreichischen Nationalfeiertages weist eine Tendenz auf, die umgekehrt proportional zur Herausbildung eines eigenständigen österreichischen Nationalbewusstseins ist: Während die jahrzehntelange Diskussion über die Frage, ob Österreich eine Nation sei und wenn ja, eine Nation welcher Art, heute nicht einmal mehr in den Leserbriefspalten geführt wird (möglicherweise provoziert dieser Beitrag einige Nachzügler), weiß das offizielle Österreich immer weniger mit dem Nationalfeiertag anzufangen.

1967 veranstaltete die Regierung Klaus im Salzburger Festspielhaus eine "Feier für die Jugend Österreichs", vom Fernsehen österreichweit ausgestrahlt. Im Jahr darauf fand in Anwesenheit von mehr als 8000 Jugendlichen eine ebenfalls live übertragene "Nationalfeier" in der Wiener Stadthalle statt - im Jahr der Studentenrevolten ein beredtes Zeugnis der demokratischen Reife der östererreichischen Jugend, die über die Parteigrenzen hinweg einen gesellschaftspolitischen und kulturpolitischen Konsens suchte. 1969, im letzten Jahr der ÖVP-Alleinregierung, begann sich das Ritual der folgenden Jahre einzuspielen (Kranznieder-legung, Festsitzung des Ministerrates, Angelobungsfeiern des Bundesheeres); die ersten "Österreichmärsche" wurden durchgeführt, aus denen sich die "Fitnessmarschbewegung" entwickeln sollte, an der 1972 230.000, 1975 450.000 und 1976 rund 300.000 Österreicher teilnahmen.

Unter der SPÖ-Regierung versickerte der geistige Gehalt der Nationalfeiertage zusehends beziehungsweise manifestierte sich in Ankündigungen, die in der Folge oft nicht einmal die Chronikspalten der Zeitungen erreichten. So wurde 1970 die Schaffung einer österreichischen "Denkfabrik" angeregt, 1972 verkündete der Bundeskanzler die Schaffung einer Österreichstiftung, "die das große und umfassende Zentrum alles dessen sein soll, was wir mit dem Namen unseres Landes assoziiert wissen wollen". Das dafür vorgesehene Marchfeldschloss Schlosshof träumt bis heute von seiner Revitalisierung. 1973 wurden einige Reden zur Landesverteidigung gehalten, während 1974 auf einem Symposium des Wissenschaftsministeriums zum Thema "Energie und Zukunft" die überraschende Mitteilung gemacht wurde, dass Österreich über bisher unerschlossene Kohle- und Erdöllager verfüge, die die Energieversorgung auf ein halbes Jahrhundert sicherstellen und so den zweifelhaften Schritt in das Zeitalter der Kernenergie eigentlich überflüssig machen würden.

Mit Fitneßmärschen in die Zukunft ?#

Neben den Fitness.Veranstaltungen waren es die Symposien des Wissenschaftsministeriums, die als einzige nennenswerte Aktivität der Bundesregierung die kommenden Nationalfeiertage gestalten sollten. So wurde 1975 erneut ein Symposium über "Rohstoffe und Zukunft" veranstaltet, über dessen Ergebnisse aber nichts mehr bekannt wurde. 1976 erbrachte das Oktobersymposium wieder die Ankündigung einer neuen Institution, nämlich der Schaffung eines "Zentrums für arbeitswissenschaftliche Forschung". In diesem Jahr setzte auch die Aktivität des Unterrichtsministeriums ein, die Schulen durch eine bereits vor den Semesterferien ausgegebene Themenstellung zu einer sinnvollen Gestaltung des Nationalfeiertages anzuregen, was freilich ein mühevolles Beginnen war. Immerhin wurde unter dem Motto "1000 Jahre Österreich" der Wehrgraben von Steyr vom Gerümpel gereinigt. 1977 hieß das Motto "Massenmedien und politische Bildung", eine Aktion, die schon breiteres Echo auslöste und an der sich als einzige Zeitung auch die "Presse" aktiv beteiligte. Ins öffentliche Bewusstsein rückten 1977 aber weniger die eifrigen Schülerzeitungsredakteure, die mit ihren Kassettenrecordern Passanten nach ihrer Einstellung zu den Medien befragten, sondern vielmehr die Kundgebungen von Ärzten und Atomgegnern, die ausgerechnet den Nationalfeiertag wählten, um statt für nationalen Konsens für zweifelhafte Minderheiteninteressen zu demonstrieren.

Diese kurze Chronik der Nationalfeiertage zeigt deutlich die immer stärker werdende Unterschätzung der Möglichkeiten, auf nationale Konsensbildung hinzuwirken, das Österreichbewusstsein zu heben und einen dafür geeigneten Anlass wie den 26. Oktober dafür zu nützen. Sicher lässt sich argumentieren, dass Patriotismus nicht verordnet werden kann, sondern organisch wachsen muss. Ebenso muss aber das Bild gelten, dass gerade eine zarte Pflanze des öfteren gegossen werden muss, soll sie sich kraftvoll entwickeln. Hier wird deshalb nicht für einen "Hurrapatriotismus" plädiert, der im Ernstfall ohnedies nichts fruchtet und mit dem Generationen von Österreichern schon schlimme Erfahrungen gemacht haben, sondern für gezielte Maßnahmen zur Weckung eines neuen, weltoffenen Österreichertums. Wobei handfeste wirtschaftspolitische Vorteile, wie etwa eine stärkere Bereitschaft, österreichische Qualitätserzeugnisse ausländischen Produkten vorzuziehen und so Arbeitsplätze zu sichern und das Handelsbilanzdefizit abzubauen, gar nicht schamhaft verschwiegen werden sollen.

Gehen wir zunächst einmal von den Vorbereitungen aus, die für die Begehung des kommenden Nationalfeiertages, des 26. Oktober 1978, getroffen wurden und werden.

Während sich die Protokollabteilung des Bundeskanzleramtes nur als "am Rande befasst" erklärt, erhält man beim Bundespressedienst bereitwillig Auskunft darüber, dass - wie seit nunmehr 13 Jahren - eine Festsitzung der Bundesregierung und eine Kranzniederlegung am Heldendenkmal ("dem Andenken der ruhmreichen kaiserlichen Armee 1618 bis 1918") stattfinden werden. Im übrigen sei daran gedacht, das Schwergewicht auf den 12. November zu legen, an dem ebenfalls Festsitzungen stattfinden werden. Diesem Anlass werden überdies eine Broschüre und ein Film gewidmet sein, der insbesondere den österreichischen Botschaften im Ausland zur Verfügung gestellt werden wird. Vielleicht kommt dieser Film auch einmal ins Fernsehen? Beim Kundendienst des ORF weiß man noch nichts Genaues: FS 1 wird am 26. Oktober im Hauptabendprogramm zunächst ein Fernsehspiel und dann eine politische Dokumentation senden; in FS 2 ist ein "Musical-Querschnitt aus dem Theater an der Wien" vorgesehen. Das Wissenschaftsministerium wird wieder eine Enquete im Palais Strudlhof veranstalten, die heuer den Titel "Wissenschaftliche Forschung und gesellschaftliche Zukunft" trägt und in eine Podiumsdiskussion mit den Professoren Bruckmann, Matzner und Leser münden wird.

Am Bemühtesten zeigte man sich im Unterrichtsministerium, das seine Schüleraktion heuer unter die Devise "Schüler forschen: Zeitgeschichte" gestellt hat. Mit einem ansprechenden Poster wurde ein Erlass hinausgegeben, "offene Schulstunden" über zeitgeschichtliche Themen abzuhalten, Sondernummern von Schülerzeitungen herauszubringen, Ausstellungen zusammen mit den Heimatmuseen zu veranstalten und so insbesondere die Zeitgeschichte des Schulortes zu beleuchten. Für die interessantesten Projekte wurde ein Zuschuss von 2000 Schilling ausgeschrieben, für die besten Abschlussberichte gibt es Wienaufenthalte auf Einladung des Ministeriums sowie "Intensivseminare" zur Zeitgschichte.

In Anlehnung an die Diktion des "Grundsatzerlasses zur politischen Bildung in den Schulen" vom 11. April 1978 (der mittlerweile aus nicht ganz einsichtigen Gründen parteipolitischen Staub aufgewirbelt hat), heißt es in der Ausschreibung abschließend: "Die Berücksichtigung neuester wissenschaftlicher Erkenntnisse, eine sachlich-kritische Stellungnahme zu gesellschaftlichen Entwicklungen und das Vermeiden von ideologischer Einseitigkeit sind wichtige Kennzeichen des zeitgeschichtlichen Unterrichts. Für die Schule sollte dabei unbestritten sein, dass die Behandlung zeitgeschichtlicher Fragen - trotz mancher disparater Meinungen in der Öffentlichkeit - eine wichtige Aufgabe darstellt."

Lustlosigkeit beim Fahnenschmuck#

BMI Herrengasse
Korrekte Beflaggung - Foto: P. Diem
So richtig es ist, dass zureichende Unterrichtsmaterialien im Fach "Politische Bildung" in keiner Weise vorhanden sind, so wenig kann man bei objektiver Beurteilung im Text der beiden Erlässe Parteilichkeit oder sachliche Mängel feststellen. Würden sich nur Schüler, Lehrer und Eltern mehr um ihre Verwirklichung kümmern, wäre der "Erziehung zu einem demokratisch fundierten Österreichbewusstsein" (Grundsatzerlass) sicher ein guter Dienst geleistet.

Die Beflaggung der Städte und Dörfer Österreichs wird wie in den Vorjahren auch heuer wieder von jenmer Lustlosigkeit geprägt sein, die unser Land so deutlich von Nationen mit ausgeprägtem Selbstbewusstsein (wie die Schweiz und Schweden) unterscheidet: In einer bunten Vielfalt von Formaten (statt des klassischen Flaggenschnitts 2:3 ) werden müde Portiere die öffentlichen Gebäude mit Fahnen versehen, die sich infolge ihrer oft skurrilen Befestigungen im Herbstwind alsbald in unkenntliche Stoffknäuel verwickeln werden. Die Wiener Gemeindebauten werden trutzig die Farben der Stadt und wohl auch einige Parteisymbole anlegen, während in Niederösterreich und anderen Bundesländern die Landesfarben aushängen werden - eine Praxis, die etwa in den doch sehr föderalistischen USA undenkbar wäre. Dazu Fahnenfabrikant Paul Löb: "Im Jahr 1955 habe ich allein an private Kunden rotweißrotes Fahnentuch in einer Gesamtlänge von 56 Kilometer verkauft. Heute geht die mangelnde Bereitschaft, die Häuser zu beflaggen, hauptsächlich auf den Umstand zurück, dass die Fahnen nicht auf Betriebskosten angeschafft werden dürfen, daher meist keine ordentliche Fahne vorhanden ist und die Portiere sich auch nicht verpflichtet fühlen, das Haus am Nationalfeiertag zu schmücken."

Sicher hängt es nicht allein daran. Tief drinnen in manchen Österreichern sitzt noch immer das Trauma, vielleicht wieder einmal einer Fahne folgen zu müssen, die nicht die ihre ist. Und die Jugend? Sie hat durch die jahrzehntelange Abstinenz der Schulen von krampfloser und objektiver staatsbürgerlicher und politischer Bildung wenig mitbekommen und auch aus den Massenmedien zuwenig Motivation erhalten. Beiden Institutionen selbst fehlte es an Impulsen von seiten der Regierenden, die inhaltlichen und formalen Fragen staatsbürgerlicher Erziehung aus Furcht vor parteipolitischer Übervorteilung durch den politischen Gegner immer wieder aus dem Weg gingen und bis heute gehen. So kommt es dazu, dass Österreich seit 1945 ein formal verfassungswidriges Bundeswappen besitzt (die gesprengten Eisenketten wurden nur einfachgesetzlich hinzugefügt), dass Landeshymnen intoniert werden, wo die Bundeshymne am Platz wäre (die überdies meist zu hoch gespielt wird, von der Kenntnis des Textes ganz zu schweigen) und dass sich gelegentlich gar die Kaiserhymne in Veranstaltungen einschleicht.

--> Als ich die Lehrerin meines Sohnes 1990 in der Volksschule fragte, was sie denn zum Nationalfeiertag plane, antwortete sie ohne Zögern: "Natürlich nichts - Sie wollen doch nicht, dass ich die Kinder zu Chauvinisten erziehe!"

Nur bei großen Sportveranstaltungen scheinen sich die Dinge umzukehren: Da ist auf einmal Begeisterung da, da wird mitgesungen, da geht ein Hauch von Ergriffenheit und eine Welle der Einigkeit durch die Ränge. Handelt es sich hier um einen gesunden Patriotismus oder um die sublimierte Lust, "für das Vaterland in den Krieg zu gehen"? Der sportliche Patriotismus ist nicht unproblematisch, soll aber auch nicht verteufelt werden. Worauf es in Wirklichkeit ankommt, ist mehr Einfallsreichtum und mehr Aufmerksamkeit auf dem Gebiet der staatsbürgerlichen Erziehung - und dies nicht nur am Nationalfeiertag.

Hierzu einige Anregungen:

"Am 10. Oktober 1967 wurde das Bundesgesetz über die Errichtung einer österreichischen Nationalstiftung im Ministerrat verabschiedet. Wenn auch die Gesetzwerdung noch einige Zeit in Anspruch nehmen wird, scheint es doch an der Zeit, ein detailliertes Arbeitsprogramm zu erstellen …"

Mit diesen Worten begann eine Aussendung des Bundeskanzleramtes vom 25. Oktober 1967. Obwohl schon umfangreiche Vorarbeiten geleistet waren, blieb dieses Vorhaben bis auf den heutigen Tag im Dschungel politischer Überlegungen und bürokratischer Rücksichten verschollen. Wahrend etwa die BRD mit dem offiziösen Verein "Inter Nationes" seit Jahren die Auslandskulturabeit durchführt, die Schweiz mit der öffentlichen Stiftung "Pro Helvetia" die "schweizerische Kulturwahrung und Kulturförderung sowie die Pflege der kulturellen Beziehungen mit dem Ausland" besorgt und Schweden mit dem "Svenska Institutet" (jährlich dotiert mit etwa 15 Millionen Schwedenkronen) die gesamten kulturellen Auslandsbeziehungen abwickelt, kommt die selbsternannte "kulturelle Großmacht" Österreich ohne eine vergleichbare Einrichtung aus.

Ist es ein Wunder, dass auf diese Weise das Image unseres Landes nach außen und auch das Bewusstsein nach innen von Klischeevorstellungen zwischen Hofreitschule und Heurigen, Jodeln und Schuhplattln, Franz Klammer und Niki Lauda besetzt ist? Wären nicht die Bemühungen eines Verlags Fritz Molden um die allgemeinen und eines Residenz-Verlagss um die literarischen Austriaca - in welchem Buch-Lager wäre Österreich? Welche eigenständigen Produktionen des ORF mit Ausnahme möglicherweise der Alpensaga können sich international wirklich sehen lassen? Welches Informationsmaterial bekommt man auf österreichischen Botschaften im Ausland? Wo versteht man noch Feste zu feiern, außer vielleicht auf der Schallaburg? Wer repräsentiert Österreich in der internationalen Publizistik - etwa ein Herr Bernhard oder ein Herr Hacker?

Nationalstiftung oder gar ein Lexikon?#

Erster von sechs Bänden
Die Nationalenzyklopädie
In den meisten Fällen, und nicht zuletzt auf dem Schulbuchsektor, fehlt es an einer wirklich überparteilichen, entsprechend dotierten "Österreich-Agentur", die den spiritus rector im kulturellen Raum darstellt, ohne die Irrwege eines "Reichspropagandaministeriums" zu beschreiten oder in den Amtswegen bürokratischer Kulturadministration zu versanden. So groß die Überwindung auch sein mag, öffentliche und halböffentliche Mittel in den immateriellen Sektor zu investieren, so wichtig wäre die Schaffung einer österreichischen Nationalstiftung für die langfristige Festigung des Österreichbewusstseins und die Hebung des Ansehens unseres Landes in der Welt.

"Der Zweck des vorliegenden Buches ist dreyfach. - Erstens soll es im Einklang mit seinem Titel als ein Central-Lexicon der Individualität des österreichischen Kaiserthums, ein universelles vaterländisches Hand-, Geschäfts-, Haus- und Lesebuch für alle Stände bilden. - Zweytens beabsichtigt es, die Total-Kenntnis des Vaterlandes zu popularisieren, und dadurch zur Förderung der Civilisation mitzuwirken. - Drittens soll es beytragen, dem Auslande eine hellere Ansicht des österreichischen Staates aufzuschließen."

Mit diesen Sätzen beginnt das Schlusswort der sechsbändigen, im Herbst 1836 vollendeten "Oesterreichischen National-Encyclopädie", zunächst anonym und überdies gänzlich auf eigene Kosten herausgegeben von J. J, H. Czikann und F. Gräffer. Sie enthielt die "wissenswürdigsten Eigenthümlichkeiten des österreichischen Kaiserthums ... vorzüglich der neueren und neuesten Zeit - im Geiste der Unbefangenheit bearbeitet".

Bis zum Jahre 1966 das erste und einzige Österreichlexikon, kann dieses umfassende Werk von jedem Interessierten im Katalogzimmer der Universitätsbibliothek im Regal 16/a frei zur Hand genommen werden. Von den Öffnungszeiten des k. u. k. Briefpostamtes in der Wiener Wollzeile bis zu Philippipe Welsers Rezeptbuch enthält es nicht nur alles Wissenswerte aus Geographie, Geschichte, Wirtschaft und Kultur, son-dern auch ungezählte Biographien und statistische Daten.

--> Mittlerweile im Volltext lesbar im Austria-Forum

Das vor zwölf Jahren erschienene zweibändige Österreich-Lexikon von R. Bamberger und F. Maier-Bruck (Bundesverlag/Verlag für Jugend und Volk) war demgegenüber ein Kleinprojekt, obwohl es jahrelanger Vorarbeiten bedurfte. Heute ist es in vielen Artikeln überholt beziehungsweise ergänzungsbedürftig. Wäre es nicht an der Zeit, mit Hilfe eines öffentlichen Zuschusses (Jubiläumsfonds der Nationalbank?) in Zusammenarbeit einiger Verlage und aller interessierten Österreicher durch ein qualifiziertes Redaktionskomitee ein repräsentatives Sammelwerk über alles über Österreich Wissenswerte herauszugeben? Könnte damit nicht der Grundstock für gezielte staatsbürgerliche und staatspolitische Bildungsarbeit gelegt werden? Das wäre ein Projekt, über welches man am Nationalfeiertag diskutieren sollte!

--> Das Austria-Forum sieht sich als Verwirklichung dieser Forderung!

Krampfloses Österreich-Bewusstsein#

"Aber alle bitte ich inständig, die rotweißrote Fahne hochzuhalten und unser schönes Österreich als einen Hort der Freiheit zu bewahren"

Mit dieser schlichten und zu Herzen gehenden Aufforderung wandte sich der am 8. Jänner 1964 heimgegangene Staatsvertragskanzler Julius Raab in seinem Testament an seine Landsleute. Freilich meinte er damit nicht ein Volk von fahnenschwenkenden Österreichern, sondern eine selbstbewusste und wehrhafte Demokratie westlicher Prägung. Und dennoch darf auch daraus ein kleines Element legitimer Wirksamkeit von alle Österreicher verbindenden Symbolen abgeleitet werden: Wappen, Flagge und Bundeshymne bedürfen verfassungsrechtlich einwandfreier Verankerung, am besten in einem alle drei Symbole und ihre Verwendung genau beschreibenden Verfassungsgesetz. Immerhin ist der am 25. Februar 1947 durch einfachen Ministerratsbeschluss eingeführte Text unserer Bundeshymne der siebente seit 1797, ist die Form der "Dienstflagge" (rotweißrot mit Wappen; Flagge der Strompolizei usw.) im Wappengesetz 1945 nicht genau beschrieben, besteht keine Regelung über das gemeinsame Zeigen von Bundes- und Landesfarben. Ohne die Bedeutung dieser Dinge zu überschätzen, dürfte es doch ein weiterer Schritt zur nationalen Selbstfindung sein, wenn auch diese Symbole, die in anderen Staaten in der Verfassung stehen, einmal den ihnen gebührenden Rang erhielten.

--> Siehe die weitere Entwicklung des Bundeswappens!

Diese Anregungen sind nicht die einzigen, die aus Anlass des Nationalfeiertages gegeben werden könnten. Es sei nur an den Vorschlag von Erhard Busek erinnert, der am Nationalfeiertag 1976 anregte, die ehemalige Polizeidirektion am Wiener Parkring als "Haus der Bundesländer" zu widmen. Eine solche Institution wäre geeignet, "gewisse Frontstellungen zwischen Wien und anderen Bundesländern endgültig abzubauen". Einziehen werden in das Ringstraßenpalais die Sozialwissenschafter des Ford-Instituts und ihre Computer. Übers Jahr werden sie errechnen, um wieviel Promille die Arbeitslosigkeit in Österreich gesunken ist. Meine Frage war, um wieviel in den letzten Jahren die Herzlosigkeit in Österreich gestiegen ist.


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