Heraldik in der Republik Österreich und ihre Zukunft#
Michael Göbl, Wien
H.G. Ströhl: Heraldischer Atlas
Einleitung#
Die Heraldik hat auf ihrem Weg durch die Geschichte in der Österreichisch-Ungarischen Monarchie ein reiches Erbe hinterlassen. Wissenschaftlich mehr oder weniger unterfüttert, war das Wappenwesen weitgehend von einem zentral, von der kaiserlichen Reichshaupt- und Residenzstadt Wien ausgehenden Gestaltungswillen geprägt worden. Die Vorschriften der Adelsbehörde beim k. k. Ministerium des Innern, wie die Wappen auszusehen hätten, dehnten sich über das gesamte Territorium der k. u. k. Monarchie aus, gleichgültig ob es sich um Länder-, Städte- oder Adelswappen handelte. Die Neugeadelten, die somit zu neuen Wappenträgern wurden, wollten auch immer wieder eigene Ideen in ihren Wappen verwirklichen, die so manches Mal nicht mit den heraldischen Vorschriften harmonierten. Die zuständigen Beamten, die Wappeninspektoren und Wappenzensoren der Hofkanzlei bzw. des nachfolgenden k. k. Ministeriums des Innern, hatten nach und nach einheitliche Bestimmungen für das Wappenwesen entwickelt, die von Vorarlberg bis in die Bukowina und von Böhmen bis nach Bosnien-Herzegowina die gleichen waren. Abgesehen von den politischen Streitereien um ein gemeinsames Staatswappen der Doppelmonarchie ab 1867, war die Wappenkunst eine der wenigen Kulturerscheinungen, die über alle nationalen und religiösen Grenzen hinweg, einheitliche Gestaltungsgrundsätze beanspruchte. Siehe auch: Wappenlexikon der Österreichischen Länder. Obwohl es auch in der Wappenkunst so etwas wie „künstlerische Freiheit“ gibt, ist sie doch begrenzt. Im Laufe der Jahrhunderte hatten sich Länder-, Amts- und Gemeindewappen auf der einen und die Adelswappen auf der anderen Seite herausgebildet. Die seit dem 18./19. Jahrhundert massenweise vorgenommenen Adelsverleihungen formierten eine sog. Zweite Gesellschaft, die zugleich eine Wappenkultur entstehen ließ, die auch das Bürgertum immer mehr in ihren Bann zog. Wenn auch im politischen Sinn das Habsburgerreich ein national zerrissenes Bild nach Außen abgab, im heraldischen Sinn war es geeint und homogen.
Die heraldischen Abzeichen waren im alltäglichen Erscheinungsbild nicht wegzudenken. Nahezu alle Gebäude, Denkmäler, Kutschen, Livreen oder Uniformen trugen entweder die habsburgischen Staatswappen oder die jeweiligen Adelswappen. Es wurde kein staatliches Bauwerk errichtet, auf dem nicht in irgendeiner Weise das kaiserliche Wappen angebracht war - manchmal auch nur in symbolischer Form. Wenn beispielsweise in Wien am Dach der Neuen Hofburg oder des k. u. k. Kriegsministeriums der kaiserliche Doppeladler weitausladend seine Schwingen öffnete, so bedurfte er keines Wappenschildes mehr auf seiner Brust, es war ohnehin klar, was gemeint war. Kein adeliger Bauherr, der um die Jahrhundertwende ein Gebäude errichtete, wollte auf sein Wappen an einer repräsentativen Stelle verzichten, um derart dem Haus seine symbolische Visitenkarte aufzudrücken. Aber auch die bürgerlichen Bauherrn, stets um Nachahmung des aristokratischen Lebensstils bemüht, wollten bei der „heraldischen Punzierung“ ihrer Gebäude nicht beiseite stehen, deshalb tragen vor allem die vor dem Ersten Weltkrieg errichteten Bauwerke nicht selten Wappenkartuschen - zwar ohne Wappen - aber oft mit dem Monogramm ihres Erbauers. So waren also auf diese Weise der öffentliche Raum und die allgemeine Wahrnehmung durchsetzt mit heraldischen Zeichen jeglicher Art.
Wappenreiches Wien. Ein heraldisches Handbuch der inneren Stadt.
Vom großen Reich zur kleinen Republik#
Es war von Anfang an klar, dass nach einem verlorenen Krieg und dem Auseinanderbrechen des zweitgrößten Staates in Europa auch die Schuldfrage nicht lange auf sich warten lassen würde. Schon bald waren die vermeintlichen Schuldigen gefunden: die Habsburger und der Adel. Am gleichen Tag als die Nationalversammlung der Republik Österreich sich konstituierte, am 3. April 1919, wurde nicht nur das Gesetz betreffend die Landesverweisung und die Übernahme des Vermögens des Hauses Habsburg-Lothringen, kurz Habsburger-Gesetz genannt, beschlossen, sondern auch das „Gesetz über die Aufhebung des Adels, der weltlichen Ritter- und Damenorden und gewisser Titel und Würden“. Die vom Gesetz vorgesehene Vollzugsanweisung, die am 18. April 1919 in Kraft trat, verschärfte jedoch das Adelsaufhebungsgesetz noch in erheblichem Ausmaß, indem nämlich § 2 (5) sogar das Recht aufhob, „Familienwappen, insbesondere auch der fälschlich „bürgerlich“ genannten Wappen“ zu führen. Nach Auffassung des Staatsamtes für Inneres war die „Führung von Familienwappen ein Adelsrecht, das übrigens auch nicht adeligen Familien als partielle Adelsauszeichnung verliehen wurde“. Gegen jegliche historische und heraldische Erkenntnis meinte dieses Staatsamt, bürgerliche Wappen müsse man als „adelige Wappen nicht adeliger Familien“ bezeichnen . Darüber hinaus stellte die Vollzugsanweisung die Verwendung der Adelstitel und Wappen auch unter eine Strafsanktion. Wer gegen die Bestimmungen verstoßen würde, sollte mit einer Geldstrafe bis zu 20.000 Kronen oder Arrest bis zu sechs Monaten bestraft werden. Zwar wurde schon damals verlangt, dass die Vollzugsanweisung vom Verfassungsgerichtshof überprüft werden sollte, da sie eindeutig über das Adelsaufhebungsgesetz hinausgegangen war, jedoch blieb das Vorhaben stecken, da wichtigere Probleme einer Lösung harrten . In der Tat findet nämlich das in der Vollzugsanweisung verankerte Wappenverbot keine ausreichende Deckung im Adelsaufhebungsgesetz. Da die Vollzugsanweisung auch nicht im Verfassungsrang steht, wären die Bestimmungen daher als verfassungswidrig anzusehen. Es bleibt aber festzustellen, dass eine Bestimmung, solange sie nicht aufgehoben worden ist, von den Behörden angewandt werden muss. Als dann 1920 an Stelle der provisorischen Verfassung die (mit gewissen Abänderungen heute noch immer bzw. schon wieder in Kraft stehende) Bundesverfassung von der Nationalversammlung beschlossen wurde, fanden das Habsburger-Gesetz und auch das Adelsgesetz darin Aufnahme: Beide Gesetze wurden durch Artikel 149 der Verfassung zu Bestandteilen der österreichischen Bundesverfassung erklärt. Das heißt: Ihre Abänderung ist nicht durch ein einfaches Gesetz, sondern wieder nur durch ein Verfassungsgesetz möglich, an dessen Zustandekommen im Nationalrat besondere Anforderungen gestellt werden (mindestens die Hälfte der Abgeordneten muss anwesend sein, mindestens zwei Drittel der anwesenden Mandatare müssen für das Gesetz stimmen).
Daraus ergab sich für das österreichische Wappenwesen, dass künftighin weder Adelswappen noch bürgerliche Wappen, sondern nur noch Amtswappen (Bund, Länder, Gemeinden) geführt bzw. neu geschaffen werden durften. Bis 1923 „verlieh“ sogar das Staatsamt für Inneres und Unterricht Wappen an geistliche Würdenträger, „wobei es sich von der Erwägung leiten ließ, dass es sich hier um Wappen handle, die von der durch die Vollzugsanweisung ausgesprochenen Aufhebung der Berechtigung der Wappenführung nicht betroffen seine, da sie weder Adelswappen noch bürgerliche Wappen, sondern in Wirklichkeit Amtswappen – wie etwa auch die Gemeindewappen – seien“. Diese Praxis ist aber 1923, wenngleich nicht formell abgeschafft, so doch eingestellt worden. Seit dem nehmen die kirchlichen Würdenträger, soweit sie für ihre Amtsgeschäfte eines Wappens (Siegel) bedürfen diese Zeichen selbst an. Hilfestellung für die Gestaltung der Wappen geben gelegentlich die Referenten für Gemeindewappen in den jeweiligen Landesarchiven.
Staatswappen#
Für die junge Republik Österreich war es wichtig, sich möglichst schnell durch neue Symbole zu definieren. Alles was an das Haus Habsburg, die Monarchie und die alte Ordnung erinnerte, sollte eliminiert, jedoch nicht gänzlich etwas Neues geschaffen werden. Bereits am 31. Oktober 1918, noch vor Ausrufung der Republik, hatte sich die provisorische Regierung auf Rot-Weiß-Rot als die neuen Staatsfarben festgelegt. Unter Umgehung der den Habsburgern zugeordneten schwarz-gelben Farben, war man auf die älteren babenbergischen Farben Rot-Weiß-Rot gestoßen. Obwohl diese Farben auch im sog. Genealogischen Wappen, dem Hauswappen der Habsburger, vorkommen, waren sie im Bewusstsein der Bevölkerung nicht so tief verankert, und wurden vor allem nicht so sehr mit Habsburg identifiziert, wie die schwarz-gelben Farben. Beim Staatswappen tat man sich etwas schwerer, da Figuren und deren symbolischer Hintergrund in der Regel schwieriger zu designen und zu kombinieren sind. Ganz so radikal wie in Frankreich nach der Revolution von 1789 wollte man doch nicht vorgehen und das Staatswappen komplett abschaffen. Aus den verschiedensten Entwürfen gelangte man schließlich wieder zum traditionellen, freischwebenden schwarzen Adler (nicht in einem Schild) zurück. Nach Entfernung aller einstigen monarchischen Attribute, sollte er auch nur noch einen Kopf besitzen. Mauerkrone, Hammer und Sichel sollten die drei Stände Bürger, Bauern und Arbeiter, symbolisieren und stellten die Kernaussage des Emblems dar. Die drei staatstragenden Bevölkerungsgruppen sollten sich im Symbol wiederfinden und gewissermaßen im Zeichen der Sozialpartnerschaft für den Gesamtstaates zusammenarbeiten. Stilistisch orientierte sich der Adler an jenem, der gegen Ende der Monarchie von Hugo Gerard Ströhl entworfen worden war.
Obwohl der Entstehungsprozess dieser Attribute nichts mit den gleichzeitig entstandenen kommunistischen Symbolen zu tun hat, trat durch die Ähnlichkeit eine fatale Parallelentwicklung ein, die bis zum heutigen Tag immer wieder Diskussion hervorruft und die Attribute des Adlers Hammer und Sichel in ein Zwielicht stellt. Immer wieder wurden diese Symbole verdächtigt durch kommunistische Einflussnahme auch in das österreichische Staatswappen geraten zu sein.
Als 1934 die Republik durch den autoritären "Bundesstaat Österreich" abgelöst wurde, musste nämlich auch das Wappen eine Änderung erfahren. Das Ziel war mit Hilfe der Österreich-Ideologie ein neues Österreich-Bewusstsein zu schaffen. Mit der Hervorhebung altösterreichischer Traditionen sollte an die Zeit von 1804-1806 angeknüpft werden, als Österreich sowohl Teil des Heiligen Römischen Reiches, als auch eigenständiges Kaisertum war. Für vier Jahre entstand deshalb wieder der Doppeladler, mit Heiligenscheinen und einem Bindenschild auf der Brust, bis dann 1938 nach dem Anschluss an Deutschland in der nunmehrigen "Ostmark" das "Hoheitszeichen des Reichs", der meist nach heraldisch rechts blickende Adler über dem Hakenkreuz im Eichenkranz, die Herrschaft übernahm.
Schon bald nach dem Zusammenbruch der Naziherrschaft und der Wiedererrichtung der Republik Österreich - noch vor der Kapitulation Hitlerdeutschlands - nämlich am 1. Mai 1945, wurde das Gesetz "über Wappen, Farben, Siegel und Embleme der Republik (Wappengesetz)" von der provisorischen Staatsregierung beschlossen. Zur symbolischen Erinnerung an die wiedererrungene Unabhängigkeit wurde der wieder eingeführte Adler aus der 1. Republik durch eine gesprengte Eisenkette an seinen Fängen ergänzt.
Somit war der österreichischen Bevölkerung ihr fünftes Staatssymbol innerhalb von weniger als 30 Jahren vorgesetzt worden. Die Gestaltung von Ordens- und Ehrenzeichen durchlief eine ähnliche Entwicklung, ebenso wie auch die Wahl der jeweiligen Nationalhymnen. Die Identifikation mit den Nationalsymbolen, ihre Verankerung in der Bevölkerung, konnte sich daher in diesen unbeständigen Zeiten nicht wirklich entwickeln und festigen; am dauerhaftesten waren noch die Nationalfarben Rot-Weiß-Rot.
Auf der Suche nach einem nationalen Symbol: Das Staatswappen Österreichs 1934-1938
Gemeindewappen#
Nach dem Zusammenbruch der Monarchie und dem Wegfall des Kaisers, musste der Verleihungsvorgang der Gemeindewappen zunächst einmal auf eine neue Rechtsgrundlage gestellt werden. Da Österreich eine föderale Verfassung erhalten hatte, war es notwendig geworden die Kompetenzverteilung zwischen Gesamtstaat und den Ländern erst einmal auszuhandeln. Die allgemeine politische Stimmung war jedoch nicht sehr positiv den Wappen gegenüber eingestellt, da sie als Relikt einer versunkenen feudalen Welt angesehen wurden. Inzwischen war es 1919 zu einem Gesetz zur Aufhebung des Adels, seiner Titel und Würden gekommen, das praktisch zu einem Verbot der „Privatheraldik“ führte und dadurch die Gemeindewappen als alleinig angewandte Heraldik übrig blieben, abgesehen vom Staatswappen. In dieser revolutionären Stimmung verloren sowohl das Landeswappen von Niederösterreich, als auch das Wiener Stadtwappen ihre monarchischen Attribute.
Es dauert aber dann doch bis 1925, als in einer Verfassungsnovelle die Gemeindeangelegenheiten an die Bundesländer übertragen wurden. In Zukunft sollte der jeweilige Landtag die Erhebung einer Ortsgemeinde zu einem Markt oder zu einer Stadt und die Berechtigung zur Führung von Wappen durch Gemeinden beschließen. Inhaltliche und formale Bestimmungen zur Wappengestaltung waren ebenso wenig vorgesehen, wie eine Flaggenverleihung.
Als 1938 der Nationalsozialismus auch Österreich in seinen Machtbereich eingliederte, sollten auch die Gemeindewappen ideologisch gleichgeschaltet werden, wobei nicht nur religiöse Symbole ein Dorn im Auge waren, sondern auch zu österreichisch angehauchte Gemeindewappen. Der Generaldirektor der Staatsarchive in Berlin gab an das Reichsarchiv in Wien die Richtlinie aus, dass die in den Siegeln dargestellten Heiligen oder sonstige ausgesprochene kirchliche Embleme (z.B. Bischofsmützen, Bischofsstäbe), in den neuen Gemeindewappen zu unterbleiben haben. Er stützte sich dabei auf einen Erlass aus 1938 der schon in Hitlerdeutschland zu einer Überprüfung der Gemeindewappen geführt hatte, damit „besonders krasse Unzuträglichkeiten (etwa hebräische Schriftzeichen, Gottesaugen im Dreieck u.ä.)“ abgeändert werden sollten. Lediglich die Anwendung des Deutsch-Ordenskreuzes für Ostpreußen sollte davon ausgenommen sein.
In der sogenannten Ostmark, in den Alpen- und Donaugauen, wie sie auch umschrieben wurden, waren besonders Tirol und Vorarlberg davon betroffen: Die Orte Reutte, Schwaz und Dornbirn verloren ihren rot-weiß-roten Bindenschild und im Fall Imst musste überhaupt ein gänzlich neues Wappen kreiert werden. Imst hatte 1889 anlässlich seiner Stadterhebung auch ein Wappen erhalten, das schon seit Jahrhunderten als Gemeindesiegel geführt worden war. Der vom Bindenschild und Kreuz gespaltene Schild erregte daher in doppelter Hinsicht das Missfallen des neuen Regimes und erhielt stattdessen einen schwarzen Löwen (Staufischer Löwe) verpasst.
Eine der ersten Maßnahmen der österreichischen Bundes- bzw. Landsbehörden nach dem Zweiten Weltkrieg war es, die von den Nationalsozialisten verfügten Wappenänderungen zu widerrufen und den Städten ihre alten Wappen zurückzugeben. Danach konnte man sich dem neu erwachten Interesse an den Gemeindewappen widmen. Auch bei den kleineren Gemeinden stieg das Verlangen sich ein Symbol der Gemeinsamkeit und der Autonomie zuzulegen. Vielleicht gerade deshalb zeigten viele Gemeindesiegel bald ein Sammelsurium teilweise kurioser landschaftlicher oder allegorisch-symbolischer Motive. Die Regelung der Wappenverleihungen, die in der Zeit vor 1938 noch nicht gänzlich zum Abschluss gekommen waren, begann nach 1950 wieder Stoff für Diskussionen zu bieten. Wie die Erfahrung zeigte, verlagerte sich das Verfahren der Gemeinden zu einem Wappen zu kommen immer mehr zu den Landesarchiven. Dort konnte im engen Kontakt mit den Gemeinden deren Wünsche am besten auf die Anforderungen der Heraldik abgestimmt werden. Diese Erfahrung floss alsbald auch in die Gemeindeordnungen der einzelnen Bundesländer ein und wurde zum Grundsatz für alle zukünftigen Wappenverleihungen.
Nachdem der rechtliche Weg somit geregelt war, mussten auch noch die Gestaltungsgrundsätze der Gemeindewappen vereinheitlicht werden, um keinen allzu großen Wildwuchs emporsprießen zu lassen. Eine 1968 in Salzburg zusammengetretene Expertenkonferenz der Landesarchivare arbeitete ein Zehn-Punkte-Programm aus, um eine österreichweit einheitliche Vorgangsweise bei der Wappengestaltung zu erreichen:
1. Der Entwurf des Gemeindewappens soll die Geschichte der Gemeinde sowie deren wirtschaftliche und verwaltungsmäßige Stellung innerhalb des Bundeslandes zum Inhalt haben.
2. Das Gemeindewappen soll den Grundsätzen der Heraldik entsprechend gestaltet werden: a) einfach, klar und gut verkleinerungsfähig, mit möglichst wenigen Schildteilungen, b) nach den heraldischen Farbenregeln.
3. Für den Inhalt des Gemeindewappens können ganz oder teilweise herangezogen werden: a) der Name des Ortes (redendes Wappen), b) überlieferte Siegelbilder der Gemeinde, soweit sie Punkt 2 entsprechen, c) Kirchen- und Pfarrsiegel, möglichst auf die Symbole beschränkt, d) Wappen von Grundherrschaften und Familien, unter Wahrung etwa bestehender Rechte, e) Zunftzeichen und Symbole des Wirtschaftslebens, f) geographische Lage.
4. Für die Gestaltung des Gemeindewappens sind nicht zulässig: a) das Bundeswappen und die Länderwappen, b) Landschaftsdarstellungen und Ortssilhouetten, c) Buchstaben, Monogramme und Ziffern.
In Österreich sind für die 99 bestehenden Bezirke keine Wappen vorgesehen. Es gibt auch keine republikweit einheitliche Regelung hinsichtlich der Gemeindeflaggen. Die Fahnenverleihungen sind in den jeweiligen Bundesländern unterschiedlich geregelt. Salzburg und Steiermark kennen keine Gemeindefahne, weshalb dort die Anbringung des Gemeindewappens auf der Landesfahne gebräuchlich wurde. Hingegen gibt es in Kärnten, Tirol, Nieder- und Oberösterreich auch eigene Verleihungen von Gemeindefahnen, die mit den Wappen mitverliehen werden und in die Wappenurkunden eingemalt sind.
In Vorarlberg waren bereits 1970 alle Gemeinden mit einem Wappen ausgestattet, Salzburg folgte 1984, Tirol 1995, Oberösterreich 1996, Kärnten 2006 und demnächst auch das Burgenland. Wien stellt ohnehin ein Sonderfall dar, da die 23 Bezirke eigene Bezirkswappen besitzen, die zwar nicht eigens verliehen wurden, jedoch faktisch geführt werden. Die Länder Niederösterreich und Steiermark, wo nur noch wenige Gemeindewappen ausständig sind, werden in den nächsten Jahren auch Vollständigkeit erreicht haben. Das bedeutet, dass die österreichische Kommunalheraldik in nicht allzu ferner Zukunft ihren vorläufigen Abschluss erreicht haben wird.
Von der Monarchie zur Republik. Die Gemeindewappen in der Republik Österreich.
Die Geschichte und die Bedeutung der Wiener Bezirkswappen
Aktuelle Situation und Ausblick#
Nach diesen rechtlichen und historischen Entwicklungen auf dem Gebiete der österreichischen Heraldik stellt sich die Frage, wie es um das Wappenwesen im Allgemeinen heute bestellt ist. Fünfundneunzig Jahre nach dem Ende der Monarchie kann man einen deutlichen Konsolidierungsprozess hinsichtlich des österreichischen Nationalbewusstseins feststellen. Repräsentativumfragen zum Bundeswappen lassen darauf schließen, dass sich nicht nur das Nationalbewusstsein, sondern in jüngster Zeit auch die grundsätzliche Einstellung zu den österreichischen Staatssymbolen gefestigt hat. Die Akzeptanz der Landes- und Gemeindewappen als Symbole der Gemeinschaft und Autonomie war ohnehin nie infrage gestellt. Viele Gemeinden erkennen heute im Sinne eines neuen Heimatbewusstseins immer mehr die soziale und integrative Funktion eines Wappens. Die einzigen neugestalteten Wappen Österreichs stellen deshalb die Gemeindewappen und die Amtswappen der geistlichen Würdenträger dar. Die Erstellung und Gestaltung des einer Gemeinde zu verleihenden Wappens erfolgt durch das jeweilige Landesarchiv, als fachlich-wissenschaftlich zuständige Abteilung der Landesregierung, in Zusammenarbeit mit der Gemeinde; d. h. das Landesarchiv wird dadurch zu einem Quasi-Heroldsamt. Die Mitarbeiter der Landesarchive werden auch gerne als Konsulenten für neue Wappen der Geistlichen Würdenträger (Bischöfe, Äbte etc.) herangezogen, die sich anlässlich ihrer Weihe auch ein persönliches Wappen zulegen. Eine der letzten Bischofsweihen fand in Österreich am 25. Sept. 2010 statt. Ägidius Zsifkovics wurde am 25. Sept. 2010 zum Bischof von Eisenstadt geweiht und nahm ein neues Wappen an. Zuvor war das Steiermärkische Landesarchiv zwar kontaktiert worden, wegen heraldischer Beratung und Erstellung eines Gutachtens, die finale Entscheidung war jedoch vom Bischof selbst getroffen worden. Wenn einmal eines nicht allzu fernen Tages alle Gemeinden mit Wappen ausgestattet sein werden, so bleiben wohl nur die persönlichen Wappen der höheren Geistlichkeit als einziger heraldischer Zuwachs übrig.
Die private Wappenführung wurde in der Vollzugsanweisung zum Adelsgesetz von 1919 sogar kriminalisiert, indem es die Führung der adeligen Titel und Wappen unter Strafe stellte: 20.000 Kronen oder Arrest bis zu sechs Monaten, wären bei Zuwiderhandelns fällig geworden. Bis zum heutigen Tag ist jedoch nicht so sehr die Wappenführung, sondern die Namensführung ins Zentrum der juristischen Auseinandersetzungen gerückt worden. Der hohe Adel, die Aristokratie mit großem Grundbesitz und bekannten historischen Namen, wie beispielsweise die Auersperg, Esterhazy, Liechtenstein oder Schwarzenberg, war von diesem Gesetz ohnehin nicht besonders berührt, da diese Namen keine weitere Bestimmung durch einen Adelstitel brauchten, um einen gewissen Klang zu erzeugen. Bezeichnend ist in diesem Zusammenhang die ironische Reaktion des Grafen Adalbert Sternberg, der auf seine Visitenkarte drucken ließ: „Geadelt von Karl dem Großen, entadelt von Karl Renner.“ Die Auswirkungen dieser gesetzlichen Bestimmungen betrafen daher in erster Linie das adelige Namensrecht, und zwar vor allem die Namen der sog. Zweiten Gesellschaft, also des neuen Adels, der nunmehr seiner Adelstitel (Standesbezeichnung, Adelszeichen, Ehrenwort, Prädikat) verlustig ging. In schöner Regelmäßigkeit werden seitdem Standesämter, Innenministerium und die Höchstgerichte damit beschäftigt, juristisch festzustellen, ob ein Doppelname zulässig ist oder nicht. Gemeint ist damit, dass das frühere Adelsprädikat immer wieder mit dem bisherigen Familiennamen durch einen Bindestrich kombiniert wird. Alle möglichen Überlegungen wurden angestellt, um in den Besitz eines Doppelnamens zu kommen: wirtschaftliche (Mautner-Markhof) oder künstlerische Gründe (Herbert von Karajan), oder die Heirat mit Ausländern, die einen Adelsnamen führen, oder einfach, dass wegen der Häufigkeit eines Familiennamens und dessen besserer Unterscheidung noch ein weiterer Name hinzugefügt werden soll (Weis-Ostborn, früher Weis Ritter von Ostborn).
Dass die Führung von Adelstitel kein totes Recht ist zeigt ein in den letzten Jahren durchgeführtes Verwaltungsstrafverfahren gegen „vier Damen der Wiener Gesellschaft“. Anlässlich der EU-Volksabstimmung in Österreich 1994 hatten sich mehrere Damen, um die „Initiative Frauen für Europa“ zu unterstützen, bereit erklärt, mit ihren vollen Namen in einer pro-EU-Einschaltung in Tageszeitungen zu erscheinen. In der Zeitungsanzeige waren die Namen „Gritine von Mautner-Markhof, Gräfin Gabriele Schallenberg, Lotte Tobisch von Labotyn und Gräfin Dr. Eva Walderdorff“ zu lesen. Dies fiel einem Revierinspektor der Bundespolizeidirektion Wien auf und er erstattete Anzeige. Nach einem längeren Verfahren zwischen dem Magistratischen Bezirksamt und der Bundespolizeidirektion wurde die Strafe mit jeweils öS 1000,-- oder 24 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe festgesetzt. Nach dem Einspruch der Betroffenen, dass im „Adelsaufhebungsgesetz eine Schillinggeldstrafe als Sanktion nicht angeordnet“ wird und dass es sich um kein „Führen einer Adelsbezeichnung“ gehandelt hatte, da ja jemand anderer sie so bezeichnet hatte, wurde das Verfahren eingestellt.
Dieser Fall zeigt, dass es offensichtlich bei der Anwendung der einzelnen Bestimmungen durch die vollziehenden Behörden immer wieder zu Schwierigkeiten der Interpretation kommt, die zu kuriosen Entscheidungen führen können. Kürzlich war sogar einem Zeitungsartikel zu entnehmen, dass ein Mitglied des Unabhängigen Verwaltungssenats auf Grund eines anhängigen Verfahrens die Strafbestimmung von 20.000 Kronen wie folgt berechnet hatte: Das Bundesgesetz zur Einführung des Schillings vom 20. Dez. 1924 legte fest, dass 10.000 Kronen den Wert von 1 Schilling besitzen. Rechnet man die zwei Schilling wieder auf Euro um (gesetzlicher Kurs: ein Euro = 13,7603 Schilling), so erhält man einen Betrag von 0,145 Euro. Wer also seinen Adelstitel führt, muss daher heute mit einer Geldstrafe von 14,5 Cent rechnen.
In gewisser vergleichbarer Weise kommt es auch vor, dass ein ausländisches Staatsoberhaupt ein persönliches Wappen führt, das vom Nachfolger dann wieder geändert wird: der Papst. Für alle Länder mit denen der Vatikan diplomatisch verkehrt gibt es daher bei jedem neuen Papstantritt auch einen Änderungsbedarf für dessen Wappen und Siegel. Die Republik Österreich bedient sich dabei des Patentamtes bei dem das Markenregister geführt wird. Dort wurde zuletzt das Wappen und Siegel des Papstes Benedikt XVI. eingetragen und liegt für jedermann zur Einsicht auf. Das Markenregister des Patentamtes ist generell die Registrierungsstelle für alle Embleme, die ausländische Staaten an die Republik Österreich melden. Auch private Wappen könnten dort zwar nicht als Wappen, sondern als Bildmarke angemeldet werden, wobei im Zuge einer Ähnlichkeitsprüfung der Wappencharakter in den Hintergrund tritt und für eine Beurteilung die Bildelemente entscheidend sind (z.B. Sonne mit lachendem Gesicht). Im Falle einer Anmeldung wären die Anmeldegebühren (ca. 360 Euro), sowie alle 10 Jahre die Erneuerungsgebühr (500 Euro) zu bezahlen. Ob dies als Ersatz für einstige Wappenverleihungen angesehen werden könnte, ist freilich schwer zu beurteilen.
Wappen waren nie Zeichen einer Massenbewegung, sondern immer nur Zeichen einer gesellschaftlichen Elite. Eine bürgerliche Wappenkultur, wie sie beispielsweise in der Schweiz gang und gäbe war und bis auf den heutigen Tag ist, konnte sich in Österreich kaum entwickeln. In dem Augenblick als das monarchische Staatsgebilde zerbrach, gerieten auch die Wappen, die im Wesentlichen als Erscheinungen einer hierarchisch gegliederten Gesellschaft und als Teil adeliger Privilegien angesehen wurden, ins Abseits. Mit dem Wegfall des Kaisers als „Quell aller Gnaden“ begann auch der Glanz der Wappen als Familiensymbol immer mehr zu verblassen. Wenn gegen Ende der Ersten Republik vielleicht Tendenzen zu einer gewissen Lockerung in den Adelsbestimmungen bemerkbar wurden, so kamen sie nach dem Anschluss an Deutschland wieder zum erliegen. Schon gleich im Mai 1938 wurde in einem Erlass des Reichs- und Preußischen Ministers des Innern darauf hingewiesen, dass das Adelsaufhebungsgesetz von 1919 weiterhin in Geltung sei. Damit war es anders als den Deutschen des „Altreiches“, den Angehörigen der „Ostmark“ verboten, adelige Titel als Teil des bürgerlichen Namens zu führen. Nach dem Zweiten Weltkrieg und der Wiederherstellung der Verfassung der 1. Republik Österreich, setzte sich die Entwöhnung von der Welt des Adels und der Wappen weiter fort.
Obwohl immer wieder dubiose Wappenfirmen (ähnlich den Wappenfabriken im 19. Jahrhundert) auftreten, um ihren potentiellen Kunden zu suggerieren, deren Vorfahren hätten ein Wappen gehabt und sie sollten sich daher auch eines zulegen, haben diese Aktivitäten kaum Auswirkung auf das heraldische Bewusstsein der Bevölkerung. Sie sind kein Impulsgeber für die nachhaltige Verwendung bzw. Wiederverwendung von Familienwappen. Die Firmen verschwinden so schnell wieder, wie sie aufgetaucht waren und haben auch kein Interesse an wirklicher Heraldik. Die Wappenkunst erstarrt deshalb in ihren historischen Dimensionen immer mehr und abgesehen von der wissenschaftlichen oder denkmalpflegerischen Beschäftigung, scheint die Heraldik zu einer reinen Liebhaberei geworden zu sein. Jedoch kann man die Heraldik im heutigen Österreich noch nicht als endgültige Verlustgeschichte bezeichnen. Die sozialen, ökonomischen und politischen Wandlungsprozesse bergen auch neue Chancen in sich. Die Gesellschaft und ihre tatsächlichen oder vermeintlichen Bedürfnisse und Moden sind in ständigem Fluss und es ist eine Bereitschaft bemerkbar, Botschaften auszusenden, die zunehmend bildliche Formen annehmen. Man denke nur an die Logomanie der Werbewirtschaft, an die vielen Logogramme und Piktogramme, oder an die Corporate Identities in ihren verschiedenen Ausprägungen. Dazu kommen die Fremdenverkehrsnostalgie oder die immer wieder auftauchenden Trends der Rückbesinnung auf Traditionen und Werte. Vielleicht entsteht eines Tages auf diese Weise auch wieder ein Interesse sich ein eigenes Wappen zu gestalten und der dadurch entstehende gesellschaftliche Druck gibt der Politik einen Anstoß antiquierte rechtliche Beschränkungen zu novellieren.