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Österreich und die deutsche Frage 1987–1990 - Vom Honecker-Besuch in Bonn bis zur Einheit
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Seite - 67 - in Österreich und die deutsche Frage 1987–1990 - Vom Honecker-Besuch in Bonn bis zur Einheit

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67 Einleitung: Österreich und die deutsche Frage 1945–1990 Honecker entmachtet worden. Stoph trat aber am 8. November mit dem gesamten Politbüro zurück und legte auch seine Funktion als Ministerpräsident nieder, wo- raufhin die Reise nicht mehr stattfand. Sein Nachfolger Hans Modrow hatte alle Hände voll zu tun, um eine neue Regierung zu bilden und die Situation im Lande unter Kontrolle zu halten. Daher war er vermutlich froh, dass Vranitzky auf seine Einladung hin255 rasch in die DDR reiste. Am 24. November  – also nur zwei Wo- chen nach dem „Mauerfall“  – war es so weit. Außenminister Mock wurde über den kurzfristig anberaumten Arbeitsbesuch, im Rahmen dessen das „Rahmen- abkommen über wirtschaftliche Kooperation“ unterzeichnet werden sollte, „cour- toisiehalber“ sofort informiert.256 Für Modrow selbst hatte der Besuch Vranitzkys jedenfalls sogar Priorität vor einer von Egon Krenz erbetenen Besprechung der DDR-Politik gegenüber der Bundesrepublik und West-Berlin mit dem sowjetischen Diplomaten und vormaligen Botschafter der UdSSR in Bonn Valentin Falin.257 Der bisherigen Entwicklung der österreichisch-ostdeutschen Beziehungen nach zu urteilen, könnte man Vranitzkys Besuch als rein wirtschaftlich motiviert bezeich- nen, was auch der Eindruck vieler zeitgenössischer Beobachter war.258 Der Besuch des ersten westlichen Regierungschefs bei der Regierung Modrow kann allerdings allein aufgrund seiner Außenwirkung nicht auf dieses Motiv reduziert werden. Bezogen auf die deutsche Einigung ließ Vranitzky in einem ausführlichen Zeitzeugengespräch wissen, er sei davon überzeugt gewesen, dass es in Österreich „keine nennenswerte Anti-Stimmung zum größer gewordenen Deutschland gab, weil wir im Großen und Ganzen gewöhnt daran waren, mit der DDR zu koope- rieren“. Wie von der Forschung bereits nachgewiesen werden konnte,259 verhielt sich Vranitzky gegenüber der Frage der deutschen Einigung distanziert und zö- gerlich. Gegenüber Neues Deutschland betonte er, dass Österreich die „traditionell 255 Eva Nowotny an Botschafter Wunderbaldinger, Wien, 21. November 1989, in: Folder „HBK in Berlin 24.11.1989“, Kreisky-Archiv, Depositum Franz Vranitzky, AP, Karton „Staatsbesuche 1991, 1988“. 256 Handschriftliche Notiz: „Bitte courtoisiehalber Büro Mock ü[ber] DDR-Reise informieren. Noch Vormittag.“, in: Folder „HBK in Berlin 24.11.1989“, Kreisky-Archiv, Depositum Franz Vranitzky, AP, Karton „Staatsbesuche 1991, 1988“. 257 Krenz notierte: „Ich habe Modrow eingeladen, an der Begegnung teilzunehmen. Der Regie- rungschef soll in diesen wichtigen Kontakt, den ich wahrnehme einbezogen werden. Er hat jedoch Gespräche mit dem österreichischen Bundeskanzler Vranitzky. Deshalb kommt er erst einige Stunden später in diese Runde.“ Egon Krenz, Herbst ’89, 3. Auflage, Berlin 1999, S. 310. Die bisher umfassendste Rekonstruktion zur DDR-Außenpolitik 1989/90 erwähnt den Besuch Vranitzkys nicht. Siehe: Die Außenpolitik der DDR. 258 So hier ungenannt bleibende ranghohe österreichische Diplomaten im privaten Gespräch und auch der Journalist Ewald König in einem Statement sowie im Gespräch mit dem Autor im Rahmen der Konferenz „Vor 25 Jahren: Der Kreml und der Fall des Eisernen Vorhangs“, die von 23. bis 25. Oktober 2014 an der Diplomatischen Akademie in Wien stattfand. Siehe auch: Ewald König, Kohls Einheit unter drei. Weitere deutsch-deutsche Notizen eines Wiener Korrespondenten, Halle / Saale 2014; idem, Menschen Mauern Mythen. Deutsch-deutsche Notizen eines Wiener Korrespondenten, Halle / Saale 2014. 259 Siehe zuletzt auch Brait, „Österreich hat weder gegen die deutsche Wiedervereinigung agi- tiert, noch haben wir sie besonders begrüßt“; Graf, Österreich und die DDR, S. 588–593.
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Österreich und die deutsche Frage 1987–1990 Vom Honecker-Besuch in Bonn bis zur Einheit
Titel
Österreich und die deutsche Frage 1987–1990
Untertitel
Vom Honecker-Besuch in Bonn bis zur Einheit
Herausgeber
Michael Gehler
Maximilian Graf
Verlag
Vandenhoeck & Ruprecht Verlage
Ort
Göttingen
Datum
2018
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-ND 4.0
ISBN
978-3-666-35587-5
Abmessungen
15.5 x 23.2 cm
Seiten
792
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Einleitung: Österreich und die deutsche Frage 1945–1990 7
  2. I. Vorbemerkungen 7
  3. II. Ausgangsbedingungen und Vorgeschichte: Von der „doppelten Staatsgründung“ zur Perpetuierung deutscher Zweistaatlichkeit (1949–1987) 11
    1. 1. Die Entwicklung bis zum Entscheidungs- und Zäsurjahr 1955 11
    2. 2. Gescheiterte Vermittlungsversuche (1958–1963) 19
    3. 3. Die Entwicklung bis zum Grundlagenvertrag 1972 23
    4. 4. Österreich, die europäische Integration und die Anerkennung der DDR im Zeichen der Entspannung (1961–1972) 28
    5. 5. Das Verhältnis Österreichs zu den beiden deutschen Staaten bis zum Bonn-Besuch Honeckers (1972–1987) 32
  4. III. Österreich und die deutsche Frage 1987–1990 38
    1. 1. Österreich und die scheinbare Stabilität des SED-Regimes 38
    2. 2. Die Grenzöffnung im Kontext der Langzeitentwicklungen und ihre direkten Folgen 43
    3. 3. Österreichs Annäherungen an das gemeinschaftliche Europa, die Bundesrepublik und die deutsche Frage 50
    4. 4. „Mauerfall“ und „Wiedervereinigung“: Die Haltung Österreichs bis Ende 1989 63
    5. 5. Österreich und die deutsche Frage Anfang 1990 75
    6. 6. Der Einigungsprozess und seine internationale Durchsetzung aus österreichischer Sicht 86
    7. 7. Österreichs Abschied von der DDR 92
    8. 8. Österreich, die deutsche Einheit und der Weg nach Europa – Bilanz und Ausblick 95
  5. IV. Editorische Vorbemerkungen 99
    1. Verzeichnis der Dokumente 103
    2. Dokumente 111
    3. Abkürzungsverzeichnis 723
    4. Literaturverzeichnis 731
    5. Personenregister 735
    6. Sachregister 773
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