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18.5.1988: Delegationsgespräch Mock – Fischer Dok. 21
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dung über die Teilnahme bzw. den Teilnehmer am Internationalen Treffen für
Kernwaffenfreie Zonen, zu dem die DDR von 20.–22. Juni 1988 eingeladen habe,
noch während Fischers Aufenthalt in Wien bekanntzugeben.
Er erhoffe sich eine Entsendung, die dem ausgezeichneten Stand der Beziehun-
gen entspreche und könne seinerseits einen konstruktiven und sachlichen Verlauf
der Veranstaltung versprechen. (Der Herr Bundesminister hat inzwischen ent-
schieden, dass Österreich bei ggstdl. Treffen durch den Herrn Generalsekretär
vertreten sein wird).14
Der Herr Bundesminister hielt zum Thema Abrüstung fest, dass Österreich je-
derzeit bereit sei, größere Vorhaben in diesem Bereich zu unterstützen, wobei es
jedoch kein „diplomatischer Adabei“ sein wolle.
Abkommen müßten kontrollierbar und verifizierbar sein, um ihre Wirkung in
der Praxis auch tatsächlich entfalten zu können. In diesem Sinne habe die Stock-
holmer Konferenz15 einen entscheidenden Durchbruch gebracht, da die Groß-
mächte dort instrumentale Fragen der Verifikation geregelt hätten.
Trotz der neugewonnenen Dynamik müsse man sich jedoch bewußt sein, dass
nach wie vor zahlreiche Probleme der Lösung harrten.
Bezüglich des Bereichs chemische Waffen sei auf die Expertise österreichi-
scher Experten hinzuweisen, die jederzeit zur Verfügung gestellt werden könnten.
Die IAEO16 habe aufgrund ihrer Kontrolltätigkeit im Zusammenhang mit dem
„Non-Proliferation-Treaty“17 praktische Erfahrung, die bei der allfälligen späte-
ren Errichtung von Kontrollagenturen von großem Wert sein könnte.
Schließlich hoffe er, dass auch die Abrüstungsgespräche über konventionelle
Waffen neuerlich in Gang kämen und die Frage der Kurzstreckenraketen befrie-
digend gelöst werden könne.
1. Stellvertreter des Bundesministers für Auswärtige Angelegenheiten) sind weiterhin alle
Möglichkeiten zu nutzen, um eine repräsentative Teilnahme von Parlamentariern und gesell-
schaftlichen Kräften Österreichs am ‚Internationalen Treffen für kernwaffenfreie Zonen‘ zu
sichern.“ Bericht über den offiziellen Besuch des Ministers für Auswärtige Angelegenheiten
der DDR, Genossen O. Fischer, vom 17. bis 20. Mai 1988 in der Republik Österreich, Bericht-
erstatter H. Krolikowski, in: Arbeitsprotokoll der Sitzung des Politbüros des Zentralkomitees
vom 31. Mai 1988 (Protokoll Nr. 22/88), SAPMO-BArch, DY 30/J IV 2/2A/3127, Bl. 193–201,
hier Bl. 202.
14 Schließlich nahm der Stellvertreter des Generalsekretärs Botschafter Dietrich Bukowski teil.
Siehe Dok. 24.
15 Die Stockholmer Konferenz über vertrauensbildende Maßnahmen und Abrüstung in Europa
fand zwischen dem 17. Januar 1984 und dem 19. September 1986 statt. Siehe dazu bereits
Dok. 1, Anm. 42.
16 IAEO = Internationale Atomenergie-Organisation.
17 Der Treaty on the Non-Proliferation of Nuclear Weapons (Atomwaffensperrvertrag) ist ein
internationaler Vertrag, der auf die Nichtweiterverbreitung von Atomwaffen und Abrüstung
abzielt. Zudem behandelt er die friedliche Nutzung von Atomenergie. Er wurde am 1. Juli 1968
von den USA, der Sowjetunion und Großbritannien unterzeichnet und trat am 5. März 1970
in Kraft. Seither sind insgesamt 191 Staaten dem Vertrag beigetreten.
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Österreich und die deutsche Frage 1987–1990
Vom Honecker-Besuch in Bonn bis zur Einheit
- Titel
- Österreich und die deutsche Frage 1987–1990
- Untertitel
- Vom Honecker-Besuch in Bonn bis zur Einheit
- Herausgeber
- Michael Gehler
- Maximilian Graf
- Verlag
- Vandenhoeck & Ruprecht Verlage
- Ort
- Göttingen
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-666-35587-5
- Abmessungen
- 15.5 x 23.2 cm
- Seiten
- 792
- Kategorien
- Geschichte Nach 1918
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung: Österreich und die deutsche Frage 1945–1990 7
- I. Vorbemerkungen 7
- II. Ausgangsbedingungen und Vorgeschichte: Von der „doppelten Staatsgründung“ zur Perpetuierung deutscher Zweistaatlichkeit (1949–1987) 11
- 1. Die Entwicklung bis zum Entscheidungs- und Zäsurjahr 1955 11
- 2. Gescheiterte Vermittlungsversuche (1958–1963) 19
- 3. Die Entwicklung bis zum Grundlagenvertrag 1972 23
- 4. Österreich, die europäische Integration und die Anerkennung der DDR im Zeichen der Entspannung (1961–1972) 28
- 5. Das Verhältnis Österreichs zu den beiden deutschen Staaten bis zum Bonn-Besuch Honeckers (1972–1987) 32
- III. Österreich und die deutsche Frage 1987–1990 38
- 1. Österreich und die scheinbare Stabilität des SED-Regimes 38
- 2. Die Grenzöffnung im Kontext der Langzeitentwicklungen und ihre direkten Folgen 43
- 3. Österreichs Annäherungen an das gemeinschaftliche Europa, die Bundesrepublik und die deutsche Frage 50
- 4. „Mauerfall“ und „Wiedervereinigung“: Die Haltung Österreichs bis Ende 1989 63
- 5. Österreich und die deutsche Frage Anfang 1990 75
- 6. Der Einigungsprozess und seine internationale Durchsetzung aus österreichischer Sicht 86
- 7. Österreichs Abschied von der DDR 92
- 8. Österreich, die deutsche Einheit und der Weg nach Europa – Bilanz und Ausblick 95
- IV. Editorische Vorbemerkungen 99