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Österreich und die deutsche Frage 1987–1990 - Vom Honecker-Besuch in Bonn bis zur Einheit
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14.–16.6.1988: Informationen für Bundeskanzler Vranitzky Dok. 22 201 den des Evangelischen Kirchenbundes, Bischof Leich13  – neuerlich zu einer Ver- haftungsaktion gegen oppositionelle Gruppen und ausreisewillige Bürger. Auch im Zusammenhang mit den Kundgebungen zum 1. Mai erfolgten Festnahmen regimekritischer Personen. Die uneinheitliche Haltung der DDR-Führung hat  – wieder einmal  – Anlaß für Spekulationen geboten, wonach die Machtposition Erich Honeckers erschüttert oder zumindest geschwächt sein könnte. Jedenfalls kann man davon ausgehen, daß starke Kräfte innerhalb des Polit- büros der SED sich weiterhin für die Durchsetzung eines harten Kurses gegen- über kritischen Bürgern einsetzen werden, sodaß die Haltung der DDR-Behör- den gegenüber Kirche, oppositionellen Gruppen und Bürgern auch in Zukunft unberechenbar bleibt. Allerdings dürften generell sowohl Kirche als auch Staat auch in Hinkunft an einer Fortsetzung der konstruktiven Beziehungen zuein- ander interessiert sein. Der seit dem Jahr 1978 in Folge eines Gesprächs zwi- schen Erich Honecker und der evangelischen Kirchenleitung entwickelte „modus vivendi“14 wird nach wie vor von beiden Seiten als im Großen und Ganzen vor- teilhaft angesehen. Umweltschutz und Umweltzerstörung beschäftigen in zunehmenden Maß auch die Bevölkerung der DDR. Die Versicherung der DDR-Behörden, alles zu unternehmen, um dem Schädigungsprozeß Einhalt zu gebieten, stößt bei den Menschen auf wenig Glauben. Im wirtschaftlichen Bereich konnte trotz grundsätzlich weiterhin positiver Entwicklung das für 1987 vorgesehene Wachstum des Nationaleinkommens um 4,4 % nicht erreicht werden (ca. 4 %). Die von der DDR-Führung praktizierte „Ein- heit von Wirtschafts- und Sozialpolitik“ bietet heute aufgrund der geringer wer- denden Zuwachsraten tendenziell weniger Spielraum für Maßnahmen zur Ver- besserung des Lebensstandards. Trotz der erwähnten „Krisenfaktoren“ und einer offensichtlichen Unzufrie- denheit weite[r] Kreise der Bevölkerung kann man davon ausgehen, daß die DDR ihre Stabilität auch 1988 beibehalten wird. Sowohl das stark entwickelte Realitäts- bewusstsein der DDR-Bürger als auch der im Vergleich zu anderen RGW-Ländern hohe Lebensstandard dürfte dem förderlich sein. Die grundsätzlich prekäre Situa- tion der DDR, die sich aus ihrer Position an der Systemgrenze ergibt, bleibt freilich bestehen. Dabei wird nun immer offensichtlicher, daß sowohl die Gorbatschow- 13 Werner Leich, Landesbischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Thüringen (1978–1992), Vorsitzender der Konferenz der evangelischen Kirchenleitung in der DDR (1986–1990), siehe Personenregister mit Funktionsangaben. 14 Am 6. März 1978 fand ein Treffen zwischen dem Vorstand des Kirchenbundes und General- sekretär Honecker statt. Im Zuge des Treffens wurden einige Grundlagen im Hinblick auf das weitere Verhältnis zwischen Kirche und Staat vereinbart, jedoch kein Vertrag unterzeichnet. Die Regelungen betrafen unter anderem die Altersversorgung der Pfarrer, die Pachtzahlungen für von landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften genutztes Land der Kirche, die Sendezeit von kirchlichen Sendungen in Radio und Fernsehen und Erleichterungen bei kon- fessionellen Kindergärten. Vgl. Wolle, Die heile Welt der Diktatur, S. 253–254.
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Österreich und die deutsche Frage 1987–1990 Vom Honecker-Besuch in Bonn bis zur Einheit
Titel
Österreich und die deutsche Frage 1987–1990
Untertitel
Vom Honecker-Besuch in Bonn bis zur Einheit
Herausgeber
Michael Gehler
Maximilian Graf
Verlag
Vandenhoeck & Ruprecht Verlage
Ort
Göttingen
Datum
2018
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-ND 4.0
ISBN
978-3-666-35587-5
Abmessungen
15.5 x 23.2 cm
Seiten
792
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Einleitung: Österreich und die deutsche Frage 1945–1990 7
  2. I. Vorbemerkungen 7
  3. II. Ausgangsbedingungen und Vorgeschichte: Von der „doppelten Staatsgründung“ zur Perpetuierung deutscher Zweistaatlichkeit (1949–1987) 11
    1. 1. Die Entwicklung bis zum Entscheidungs- und Zäsurjahr 1955 11
    2. 2. Gescheiterte Vermittlungsversuche (1958–1963) 19
    3. 3. Die Entwicklung bis zum Grundlagenvertrag 1972 23
    4. 4. Österreich, die europäische Integration und die Anerkennung der DDR im Zeichen der Entspannung (1961–1972) 28
    5. 5. Das Verhältnis Österreichs zu den beiden deutschen Staaten bis zum Bonn-Besuch Honeckers (1972–1987) 32
  4. III. Österreich und die deutsche Frage 1987–1990 38
    1. 1. Österreich und die scheinbare Stabilität des SED-Regimes 38
    2. 2. Die Grenzöffnung im Kontext der Langzeitentwicklungen und ihre direkten Folgen 43
    3. 3. Österreichs Annäherungen an das gemeinschaftliche Europa, die Bundesrepublik und die deutsche Frage 50
    4. 4. „Mauerfall“ und „Wiedervereinigung“: Die Haltung Österreichs bis Ende 1989 63
    5. 5. Österreich und die deutsche Frage Anfang 1990 75
    6. 6. Der Einigungsprozess und seine internationale Durchsetzung aus österreichischer Sicht 86
    7. 7. Österreichs Abschied von der DDR 92
    8. 8. Österreich, die deutsche Einheit und der Weg nach Europa – Bilanz und Ausblick 95
  5. IV. Editorische Vorbemerkungen 99
    1. Verzeichnis der Dokumente 103
    2. Dokumente 111
    3. Abkürzungsverzeichnis 723
    4. Literaturverzeichnis 731
    5. Personenregister 735
    6. Sachregister 773
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