Seite - 228 - in Österreich und die deutsche Frage 1987–1990 - Vom Honecker-Besuch in Bonn bis zur Einheit
Bild der Seite - 228 -
Text der Seite - 228 -
11.11.1988: Information Gesandter Sucharipa
228
Dok. 30
lichen Methoden eine ausreichende Versorgung der Bevölkerung sicher-
zustellen bzw. nicht total von der wirtschaftlichen Entwicklung in den
westlichen Industriestaaten abgekapselt zu werden. Relativ hohe wirtschaftli-
che Zuwachsraten bis Anfang der 70er Jahre wurden von wirtschaftlicher Sta-
gnation abgelöst. Die Einführung marktwirtschaftlicher Elemente soll hier
Abhilfe schaffen. Die Frage bleibt offen, inwieweit dies ohne tiefgreifendere
gesellschaftspolitische Veränderungen möglich sein wird.
2.2. Fast alle osteuropäischen Staaten stehen (oder standen bis vor kurzem) vor
dem Problem einer zur Aufrechterhaltung der Glaubwürdigkeit notwendig
gewordenen Generationenablöse in der politischen Führungsmannschaft,
wobei es vor allem auf eine „geistige“ Verjüngung ankommt, bei der die er-
höhte Flexibilität und Bereitschaft zu neuen Lösungsansätzen nicht notwen-
digerweise (nur) am Lebensalter gemessen werden kann.
2.3. Das „Phänomen Gorbatschow“ kann auf Dauer keinen der in Betracht kom-
menden Staaten (auch nicht Rumänien) unberührt lassen. In einigen erleich-
tert der sowjetische Reformkurs eigenständige Reformbewegungen (Polen,
Ungarn), in anderen zwingt er zu zumindest zaghaften und (zunächst aufs
Wirtschaftspolitische) beschränkten Reformmaßnahmen (ČSSR, Bulgarien),
in wieder anderen fördert er den Widerspruch zwischen äußerer Stabilität
(= Stagnation) und Druck zum Wandel mit bislang unklarem Ausgang (Ru-
mänien, aber auch DDR). Insgesamt geht es um gesellschaftspolitische Verän-
derungen, die mit den wirtschaftspolitischen Reformmaßnahmen (notwen-
digerweise) einhergehen müssen. Auch in Polen und Ungarn bleibt – ebenso
wie letztlich in der SU selbst – vorderhand offen, ob das Konzept eines „so-
zialistischen Pluralismus“ unter Aufrechterhaltung des Anspruches auf den
Primat der kommunistischen Partei ausreichen wird, um diese Entwicklung
aufzufangen. Hinzu kommen Einflüsse der modernen (zunächst westlichen)
Informations- und Kommunikationsgesellschaft, der sich auch die osteuro-
päischen Staaten immer weniger entziehen können (grenzüberschreitende
Ausstrahlung moderner Medien, Computertechnik, Notwendigkeit wissen-
schaftlicher Zusammenarbeit).
2.4. Letztlich ist auch in einzelnen osteuropäischen Staaten ein rasches An-
wachsen der Minderheiten- und Nationalitätenproblematik unverkennbar.
Akzentuiert wird diese Entwicklung durch die durch Wirtschaftsreform,
gesellschaftspolitische Liberalisierung und „neues Denken“ gewachsenen
Freiräume.
3. Einzeldarstellungen:
[…]2
2 Ausgelassen wurden die Einzeldarstellungen zur Sowjetunion, der ČSSR, Ungarn, Jugoslawien
und Polen.
zurück zum
Buch Österreich und die deutsche Frage 1987–1990 - Vom Honecker-Besuch in Bonn bis zur Einheit"
Österreich und die deutsche Frage 1987–1990
Vom Honecker-Besuch in Bonn bis zur Einheit
- Titel
- Österreich und die deutsche Frage 1987–1990
- Untertitel
- Vom Honecker-Besuch in Bonn bis zur Einheit
- Herausgeber
- Michael Gehler
- Maximilian Graf
- Verlag
- Vandenhoeck & Ruprecht Verlage
- Ort
- Göttingen
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-666-35587-5
- Abmessungen
- 15.5 x 23.2 cm
- Seiten
- 792
- Kategorien
- Geschichte Nach 1918
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung: Österreich und die deutsche Frage 1945–1990 7
- I. Vorbemerkungen 7
- II. Ausgangsbedingungen und Vorgeschichte: Von der „doppelten Staatsgründung“ zur Perpetuierung deutscher Zweistaatlichkeit (1949–1987) 11
- 1. Die Entwicklung bis zum Entscheidungs- und Zäsurjahr 1955 11
- 2. Gescheiterte Vermittlungsversuche (1958–1963) 19
- 3. Die Entwicklung bis zum Grundlagenvertrag 1972 23
- 4. Österreich, die europäische Integration und die Anerkennung der DDR im Zeichen der Entspannung (1961–1972) 28
- 5. Das Verhältnis Österreichs zu den beiden deutschen Staaten bis zum Bonn-Besuch Honeckers (1972–1987) 32
- III. Österreich und die deutsche Frage 1987–1990 38
- 1. Österreich und die scheinbare Stabilität des SED-Regimes 38
- 2. Die Grenzöffnung im Kontext der Langzeitentwicklungen und ihre direkten Folgen 43
- 3. Österreichs Annäherungen an das gemeinschaftliche Europa, die Bundesrepublik und die deutsche Frage 50
- 4. „Mauerfall“ und „Wiedervereinigung“: Die Haltung Österreichs bis Ende 1989 63
- 5. Österreich und die deutsche Frage Anfang 1990 75
- 6. Der Einigungsprozess und seine internationale Durchsetzung aus österreichischer Sicht 86
- 7. Österreichs Abschied von der DDR 92
- 8. Österreich, die deutsche Einheit und der Weg nach Europa – Bilanz und Ausblick 95
- IV. Editorische Vorbemerkungen 99