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Österreich und die deutsche Frage 1987–1990 - Vom Honecker-Besuch in Bonn bis zur Einheit
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24.1.1989: Bericht Botschafter Wunderbaldinger 246 Dok. 35 Substanz sind sie wohl  – mit Ausnahme der Auflösung eines Fliegergeschwa- ders  – nicht als sensationell anzusehen. Unmittelbar nach Beendigung des Wie- ner Folgetreffens verspricht sich die DDR von dieser Ankündigung jedoch eine Öffentlichkeitwirksamkeit und kurz nach der Absage von BK Kohl, die Truppen- stärke der Bundeswehr zu reduzieren,4 auch einen gewissen Druck auf (die Öf- fentlichkeit der) BRD und die NATO im Allgemeinen. Im Block selbst und gegenüber dem Westen zeigt die DDR, dass sie als erste nach der Sowjetunion solche Reduzierungsmaßnahmen ergreift und dass sie außen- politisch und in Fragen der Abrüstung ihre  – eigenständigen  – Entscheidungen im Gleichklang mit der Sowjetunion trifft. Der wirtschaftliche Effekt dieser Re- duzierung für die DDR ist nach einem Wirtschaftswachstum von nur 3 Prozent gegenüber einem prognostizierten Wachstum von 4 Prozent nicht außer Acht zu lassen. Die Wirksamkeit der Ankündigung auf die Öffentlichkeit der DDR dürfte jedoch eher beschränkt sein. Zu viel und zu einseitig wurde in den letzten Jahren über den (äußeren) Dialog gesprochen und dabei der innere Dialog bewusst ver- nachlässigt und unterdrückt. Weite Kreise der Bevölkerung wünschten sich wohl eher mehr Mitbestimmung und Mitsprache im gesellschaftlichen Leben der DDR. Weite Kreise der Bevölkerung sind nach wie vor betroffen von der scharfen Reaktion Erich Honeckers auf das „kraftvolle Auftreten von Herrn Genscher und Herrn Shultz“ gegen die Berliner Mauer beim Wiener Folgetreffen.5 Die Wieder- 4 Ende Dezember 1988 und Anfang 1989 kam es in der CDU / CSU-FDP Koalition zu einer Diskussion über die Wehrpflicht. Die FDP forderte eine Reduktion des Wehrdienstes auf 15 Monate, die CDU / CSU unter Führung Helmut Kohls trat für 18 Monate ein. Im Zuge die- ser Diskussion muss die erwähnte Aussage von Kohl gefallen sein. Im April 1989 revidierte die CDU / CSU ihre Haltung und die Wehrdienstzeit wurde auf 15 Monate festgesetzt. 1990 erfolgte bereits die Reduzierung auf 12 Monate. Siehe dazu Dok. 159, Anm. 7. 5 Nachdem der westdeutsche Außenminister Hans-Dietrich Genscher und sein amerikanischer Amtskollege George P.  Shultz den Abschluss des Wiener KSZE-Folgetreffens zu Kritik an der Berliner Mauer genutzt hatten, sah sich Honecker genötigt, auf der Tagung des Thomas- Müntzer-Komitees zum KSZE-Komplex Stellung zu nehmen: „Den Beitrag, den die DDR zum Erfolg dieses Treffens leistete, können auch jene nicht schmälern, die durch extremis- tische Ausfälle gegen die DDR auf der Wiener Abschlußtagung den Versuch unternahmen, ihre eigene Verantwortungslosigkeit gegenüber ihrem Volk, ihren Bürgern zu verschleiern. […] Mit dem Bau des antifaschistischen Schutzwalls im Jahre 1961 wurde die Lage in Europa stabilisiert, der Frieden gerettet. Die heute in einigen Medien der BRD und Westberlins über ‚Wien und die Mauer‘ erschienenen Meldungen zeugen nicht nur von Kurzsichtigkeit, sondern enthüllen auch eine ganze Portion Heuchelei, mit der in Bonn und in Berlin (West) Politik gemacht wird. Die Herren von der Springerpresse und jene, die assistieren, scheinen zu ver- gessen, daß es eine ständige Aufgabe der Regierung eines jeden Staates sein sollte, seine Bürger vor Ausplünderungen zu schützen. […] Soviel sei aber jetzt schon gesagt: die Mauer wird un- geachtet des ‚kraftvollen Auftretens‘ von Herrn Genscher und Herrn Shultz so lange bleiben, wie die Bedingungen nicht geändert werden, die zu ihrer Errichtung geführt haben. Sie wird in 50 und auch in 100 Jahren noch bestehen bleiben, wenn die dazu vorhandenen Gründe noch nicht beseitigt sind.“ Für den vollen Wortlaut seiner Rede siehe: Schlußbemerkungen Erich Honeckers auf der Tagung des Thomas-Müntzer-Komitees, in: Neues Deutschland, 20. Jänner, S. 6.
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Österreich und die deutsche Frage 1987–1990 Vom Honecker-Besuch in Bonn bis zur Einheit
Titel
Österreich und die deutsche Frage 1987–1990
Untertitel
Vom Honecker-Besuch in Bonn bis zur Einheit
Herausgeber
Michael Gehler
Maximilian Graf
Verlag
Vandenhoeck & Ruprecht Verlage
Ort
Göttingen
Datum
2018
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-ND 4.0
ISBN
978-3-666-35587-5
Abmessungen
15.5 x 23.2 cm
Seiten
792
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Einleitung: Österreich und die deutsche Frage 1945–1990 7
  2. I. Vorbemerkungen 7
  3. II. Ausgangsbedingungen und Vorgeschichte: Von der „doppelten Staatsgründung“ zur Perpetuierung deutscher Zweistaatlichkeit (1949–1987) 11
    1. 1. Die Entwicklung bis zum Entscheidungs- und Zäsurjahr 1955 11
    2. 2. Gescheiterte Vermittlungsversuche (1958–1963) 19
    3. 3. Die Entwicklung bis zum Grundlagenvertrag 1972 23
    4. 4. Österreich, die europäische Integration und die Anerkennung der DDR im Zeichen der Entspannung (1961–1972) 28
    5. 5. Das Verhältnis Österreichs zu den beiden deutschen Staaten bis zum Bonn-Besuch Honeckers (1972–1987) 32
  4. III. Österreich und die deutsche Frage 1987–1990 38
    1. 1. Österreich und die scheinbare Stabilität des SED-Regimes 38
    2. 2. Die Grenzöffnung im Kontext der Langzeitentwicklungen und ihre direkten Folgen 43
    3. 3. Österreichs Annäherungen an das gemeinschaftliche Europa, die Bundesrepublik und die deutsche Frage 50
    4. 4. „Mauerfall“ und „Wiedervereinigung“: Die Haltung Österreichs bis Ende 1989 63
    5. 5. Österreich und die deutsche Frage Anfang 1990 75
    6. 6. Der Einigungsprozess und seine internationale Durchsetzung aus österreichischer Sicht 86
    7. 7. Österreichs Abschied von der DDR 92
    8. 8. Österreich, die deutsche Einheit und der Weg nach Europa – Bilanz und Ausblick 95
  5. IV. Editorische Vorbemerkungen 99
    1. Verzeichnis der Dokumente 103
    2. Dokumente 111
    3. Abkürzungsverzeichnis 723
    4. Literaturverzeichnis 731
    5. Personenregister 735
    6. Sachregister 773
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